Die Börse macht Druck

Es war nicht die beste Zeit für PKP Cargo: Im August 2014 fiel die Aktie des polnischen Güterverkehrs-Riesen auf einen neuen Tiefststand. Die Umsätze gingen bergab und für das Gesamtjahr wurde ein Nettoverlust von fünf Prozent vorhergesehen. Geglückter Börsengang Dabei ist 2013 die schrittweise Privatisierung durchaus geglückt. Die PKP-Gruppe brachte die Hälfte der Eigentumsanteile von PKP Cargo an die Warschauer Börse, im Jahr darauf folgte ein weiteres Sechstel. Der Ausgabekurs der Aktie lag bei 68 Zloty, (16,087 Euro; Kurs: 1:0,235), gleich am ersten Handelstag sprang das Papier auf über 80 Zloty (18,92 Euro) - wo es sich bis heute hält (derzeit 84 Zloty/19,86 Euro). Abgesehen von jenem Sommer im letzten Jahr, als die Anleger weiche Knie bekamen. Im Bericht, der die Tumulte auslöste, warnten die Analysten des Hauses DI Investors, der Marktanteil von PKP Cargo in Polen von derzeit etwa 57 Prozent werde weiter sinken. Und das, obwohl der Schienengüterverkehrsmarkt sowieso schon schrumpfe. Ein möglicher Grund dafür: Während in der EU Güterzüge mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von gut 50 Stundenkilometern fahren, sind es in Polen weniger als 25. Bis das Land in diesem Bereich den Anschluss an Europa gefunden hat, kann es noch ein paar Jahre dauern - floss doch bisher von den EU-Infrastrukturgeldern das meiste ins Straßennetz. Jetzt gerät die Schiene stärker in den Fokus. Von dieser Kehrtwende erhofft man sich bei PKP Cargo positive Effekte: "Laut Regierungsplänen sollen bereits 2015 500 Millionen Zloty (118,23 Millionen Euro) in Investitionen fließen. Für PKP Cargo bedeutet dies eine weitere Verringerung der Betriebskosten", sagt PKP-Cargo-Sprecher Miroslaw Kuk. Mit einer besseren Infrastruktur und einer höheren Geschwindigkeit sei man in der Lage, bedeutend mehr Arbeit bei geringeren Kosten zu erledigen. "Dadurch werden Mitarbeiter und auch Züge entlastet, die dann neue Aufträge annehmen können, zum Beispiel im Ausland", so seine Hoffnung. Der seit Ende 2013 amtierende Vorstandsvorsitzende Adam Purwin, ein Finanzexperte mit 15 Jahren Berufserfahrung im Bankenwesen, konnte für 2014 einen Aufwärtstrend vermelden. Er bescherte PKP Cargo einen bescheidenen Nettogewinn von 59 Millionen (Mio.) Zloty (13,95 Mio. Euro). Auch die neuesten Daten für Januar bis Mai des laufenden Jahres sehen nicht schlecht aus, denn der Marktanteil stieg wieder. Diesen positiven Trend konnte PKP Cargo mit zahlreichen Neuigkeiten untermauern: - Die Übernahme von AWT, der Nummer zwei auf dem tschechischen Bahngüter-Markt für 430 Mio. Zloty (100,68 Mio. Euro) mit dem mittelfristigen Ziel, Marktführer in Tschechien zu werden. Dazu will man gleich noch ein Unternehmen erwerben: Unipetrol Doprava, die Nummer drei des Landes. - Das Joint Venture mit dem chinesischen Zhengzhou International Hub, das PKP Cargo zum führenden Transporteur von Gütern zwischen dem Reich der Mitte und Europa machen soll. - Die strategische Allianz mit dem nationalen Gütertransporteur Kroatiens, HZ Cargo, mit dem Ziel, "unsere Strecken zu verlängern und unsere Güter so weit wie möglich zu transportieren", wie Konzernchef Purwin verlautbarte. Doch nicht alle lassen sich von den internationalen Ambitionen mitreißen. Der Marktexperte Jakub Majewski, Vorsitzender der Stiftung "Pro Kolej", zweifelt im Gespräch mit der VerkehrsRundschau an der Strategie von PKP Cargo: "Man kann viel kommunizieren, aber letzten Endes geht es darum, was die Anteilseigner davon haben", sagt Majewski, der zuletzt zwei Jahre lang Vizedirektor der staatlichen Behörde für den Bahntransport war. Seiner Ansicht hat PKP Cargo für AWT etwas zu tief in die Tasche gegriffen. Zudem hat er beobachtet, wie das Unternehmen in letzter Zeit offenbar um jeden Preis öffentliche Ausschreibungen für sich entscheiden will, etwa für Kohletransporte - mit Angeboten oft um 20 oder gar 30 Prozent günstiger als früher. Majewski: "Ich habe bei all dem Lob über die Expansionsstrategie nicht gehört, wie PKP Cargo das erreichen will, was am Ende wirklich zählt: ein hochprofitables Geschäft mit merklichen Nettogewinnen und nicht bloß gewaltige Umsätze." Der Aussage, dass die Gewinnmargen durch sehr preisgünstige Angebote bei Ausschreibungen mittelfristig zu niedrig sein könnten, widerspricht PKP-Cargo-Sprecher Kuk: "Wir wollen, dass die Kunden zu uns kommen als "one stop shop", also einem Ort, wo komplexe Logistik-Dienstleistungen bestellt werden können. Genau das passiert gerade. Diesen Kurs beizubehalten, gibt der PKP Cargo nicht nur die Aussicht, die Nummer eins zu bleiben, sondern sogar die Chance, die Marktposition weiter zu verstärken." Dazu gehört womöglich auch, dass erst Ende letzten Jahres ein Programm ins Leben gerufen wurde, mit dessen Hilfe Mitarbeiter, die freiwillig ihre Plätze räumen, entschädigt werden sollen. Bis zu 1300 Angestellte könnten auf diese Weise PKP Cargo verlassen. Analysten bewerten dies als notwendige Verschlankung und Effizienzsteigerung. In acht EU-Ländern unterwegs Aber PKP Cargo hat sich vom Teil eines maroden Staatsgiganten zum börsennotierten "Player" des europäischen Schienengüterverkehrs gemausert. Ein Dutzend Tochterfirmen decken die verschiedenen Branchensegmente ab, etwa die Trade Trans Sp., die Logistik-Dienstleistungen für Bahn und Straße anbietet sowie Luft- und Schiffstransporte organisiert. Oder die Cargosped Sp., die sich um die für PKP Cargo strategisch wichtigen Intermodaltransporte kümmert. Im letzten Jahr wuchs dieses Segment um acht Prozent. Auch international ist die PKP Cargo aktiv: Die Polen betreiben eigene Züge in Deutschland, Tschechien, Slowakei, Österreich, Belgien, Holland, Ungarn und Litauen. Im Jahre 2014 fanden 53 Prozent aller abgewickelten Transporte innerhalb Polens statt, 21 Prozent der Ladungen gingen ins Ausland, 18 Prozent waren Importe und acht Prozent verliefen durch Polen als Transitland. Wichtigster Handelspartner ist mit Abstand Deutschland (29 Prozent der Umsätze), gefolgt von Tschechien und der Slowakei (jeweils 15 Prozent). Kann also PKP Cargo mit seiner aggressiven Strategie der Expansion ins Ausland und der Modernisierung die eklatante Schwäche der polnischen Bahn-Infrastruktur überbrücken oder behalten die Kritiker Recht, die dem Konzern eher ein langsames, organisches Wachstum empfehlen? Denn, so ist Jakub Majewski überzeugt: "Die polnische Konkurrenz kann man mit einer harten Preispolitik vielleicht ausstechen, den großen europäischen Rivalen ist man langfristig damit nicht gewachsen." Jedenfalls noch nicht. Die Serie Die großen Güterbahnen In unserer Serie stellen wir die großen (Staats-)Güterbahnen in Europa vor- Teil 1: DB Schenker Rail (VR 27)- Teil 2: Rail Cargo Austria (VR 28)- Teil 3: PKP Cargo (VR 29)- Teil 4: SBB Cargo (VR 31/32)- Teil 5: Trenitalia Cargo (VR 33/34)- Teil 6: SNCF Geodis (VR 35) PKP Cargo - Zahlen Umsätze- 2013: 4,72 Milliarden (Mrd.) Zloty/1,12 Mrd. Euro- 2014: 4,21 Mrd. Zloty/1,00 Mrd. EuroEbit- 2013: 74 Millionen Zloty/17,50 Mio. Euro- 2014: 59 Millionen Zloty/13,95 Mio. EuroVerkehrsleistung- 2013: 30,1 Mrd. Tonnenkilometer- 2014: 28,5 Mrd. TonnenkilometerTonnage- 2013: 114,5 Millionen Tonnen- 2014: 110,7 Millionen TonnenWichtigste Transportgüter- Brennstoffe wie Kohle: 42,4 Prozent- Baumaterialien: 21,5 Prozent mk

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