Die Alten loswerden

Gebrauchte Anhänger und Auflieger lassen sich seit ein paar Jahren schwer vermarkten, weil uns einige Märkte weggebrochen sind", sagt Ingo Geerdes, beim Trailerhersteller Krone unter anderem für das Gebrauchtfahrzeuggeschäft verantwortlich. Nach der Krise 2009 habe sich der Markt zwar schnell erholt, sei aber in Folge der aktuellen Russland-Krise wieder auf Stückzahlen unter das Niveau von 2009 gefallen, so Geerdes auf der VerkehrsRundschau-Fachkonferenz "Gebrauchte Nutzfahrzeuge professionell vermarkten". Aktuell werden knapp 70.000 Einheiten aus Europa in aller Herren Länder exportiert. 2009 waren es noch fast 74.000, 2012 immerhin knapp 100.000 Fahrzeuge. "2015 hatten wir eine leichte Steigerung, von Erholung möchte ich aber noch nicht sprechen", sagte Geerdes während der Veranstaltung im Rahmen der IAA-Nutzfahrzeuge in Hannover. In Europa sind neben dem stabilen Markt Polen die wiedererstarkte Ukraine und auf Platz drei Russland die wichtigsten Absatzmärkte für gebrauchte Anhänger und Auflieger. Allerdings gingen 2015 nur knapp 4000 Einheiten nach Russland - das waren in guten Zeiten mehr als 20.000 Fahrzeuge. Im Mittleren Osten gibt es im Wesentlichen fünf Märkte, die die Gebrauchten aufnehmen. Der größte ist Jordanien (5100 Einheiten), gefolgt von Afghanistan, Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Kasachstan. Der Absatz in Afrika konzentriert sich weitgehend in Westafrika. Größter Abnehmer dort ist Benin (1700 Fahrzeuge). Die Vermarktungschancen für gebrauchte, mautfreundliche Zwei-Achs-Trailer schätzte Krone-Experte Geerdes als gering ein: "Die wenigen Gebrauchten sind vermarktbar, mehr Einheiten würde der Markt aber aus heutiger Sicht nicht aufnehmen". Das Problem: In den Exportmärkten greift der deutsche Mautvorteil nicht. Während etablierte Absatzmärkte für gebrauchte Nutzfahrzeuge schwächeln, taucht am Horizont ein neuer auf: der Iran. Mit dem Ende des Embargos dürfen dorthin Fahrzeuge exportiert werden. Kein Stress mit dem Zoll im Iran Der iranische Importeur benötigt dazu eine Handelskarte (Cart Bazargoni), ausgestellt durch die iranische Handelskammer und bestätigt durch das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen. Zudem muss der Import beim Ministerium angemeldet und eine Importlizenz beantragt werden. "Bei gebrauchten Produkten ist zudem die Genehmigung des Ministeriums für Industrie nötig", erklärte Michael Tockuss, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Iranischen Handelskammer. "Die Zollabfertigung im Iran ist nicht so kompliziert, dazu werden nur ein paar Dinge benötigt", weiß Iran-Kenner Tockuss. Dazu zählen: Handelsrechnungen, Ursprungszeugnisse und die Konformitätsbescheinigung gemäß der iranischen Standard-Organisation. Die Unterlagen müssen durch die lokale Industrie- und Handelskammer in Deutschland bestätigt und durch die iranische Botschaft oder ein Generalkonsulat legalisiert werden. Ganz umsonst ist die Einfuhr in den Iran nicht. Fällig werden vier Prozent Einfuhrzoll und neun Prozent Mehrwertsteuer auf den Warenwert plus Transport- und Versicherungskosten. Hinzu kann noch eine Handelsgewinnabgabe kommen, deren Höhe aber nicht klar ist. Zu Sanktionszeiten habe diese laut Tockuss auch schon mal 20 bis 25 Prozent betragen. Egal in welches Land der Gebrauchte verkauft wird, vor dem Vertragsabschluss steht in der Regel dessen Präsentation im Internet. Doch Vorsicht beim allzu großzügigen Umgang mit der Wahrheit bei der Fahrzeugbeschreibung, mahnten die Rechtsanwälte und Partner der Kanzlei Eversheds Deutschland, Alexandra Watzlawek und Fabian Volz. Die Konsequenz verschwiegener Mängel: Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Als Folge wird der Käufer so gestellt, als wäre der Kaufvertrag nie zustande gekommen. Die Tücke dabei: Das gilt auch, wenn der Lkw längst an einen Dritten weiterverkauft ist und dieser erst den Mangel, zum Beispiel einen Unfallschaden, entdeckt und bei seinem Verkäufer reklamiert. Dieser macht daraufhin wiederum bei seinem Verkäufer die arglistige Täuschung geltend. "Daher sollten Händler ein Fahrzeug, bevor sie es weiterverkaufen, gründlich untersuchen", rät Watzlawek. Der Idealfall wäre ein Gutachten, das dem Kaufvertrag beiliegt. Stempel schlägt AGB Diese Prüfpflicht lasse sich nicht mit dem Satz "Fahrzeug ist ungeprüft und unrepariert" in den AGB ausschließen, "da man mit einer solchen Klausel an dieser Stelle nicht rechnen muss", erklärt die Eversheds-Partnerin. Ausreichend sei aber ein Stempelaufdruck auf dem Angebot: "Achtung! Fahrzeug wird ungeprüft verkauft." Auch möglich: Alle Mängel und Schäden in den Kaufvertrag aufnehmen. "Der bloße Hinweis, dass es sich um ein Unfallfahrzeug handelt, reicht nicht aus", erklärte Eversheds-Anwalt Volz. Art und Umfang der Vorschädigung müssen mindestens in einer schlagwortartigen Umschreibung der Beschädigung und der Instandsetzungsarbeiten erfolgen. Angaben zu Ort, Art und Kosten der Reparatur sind dagegen nicht nötig, solange diese fachgerecht ausgeführt wurde. Maßnahmen zum Aufhübschen des Fahrzeugs oder Bagatellschäden müssen nicht angezeigt werden. Achtung: Blechschäden sind keine Bagatellschäden. Auch 100.000 Euro sind alles andere als ein Bagatellschaden. So hoch kann ein Bußgeld ausfallen, wenn sich ein Gebrauchtverkäufer der Geldwäsche schuldig macht. Wenn die Verkaufssituation ein "gewisses Geschmäckle hat" oder Beträge über 15.000 Euro bar bezahlt werden, ist Vorsicht geboten, warnte Till Gruschka, Steuerberater bei der Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Bei großen Bartransaktionen muss die Identität aller am Geschäft Beteiligten festgestellt und dokumentiert werden. Wichtig: Neben dem Vertragspartner ist neuerdings auch der Einzahler zu identifizieren. Beim Geschmäckle rät Steuerberater Gruschka den Fall mit dem Geldwäschebeauftragten des Unternehmens zu besprechen. In keinem Fall darf das Geschäft abgeschlossen und der Käufer über den Verdacht informiert werden. Bei Zweifeln stellt der Beauftragte eine Geldwäscheverdachtsanzeige. Das Geschäft darf erst über die Bühne gehen, wenn die Behörden grünes Licht geben. Melden diese sich drei Tage lang nicht, was laut Gruschka die Regel ist, darf das Fahrzeug verkauft werden. Rotes Licht gibt es in einigen Export-Märkten für Euro-6-Trucks. Der Diesel enthält zu viel Schwefel, AdBlue ist nicht zu bekommen und die Werkstätten verfügen nicht über die nötige Ausstattung, um die komplizierte Technik zur Abgasnachbehandlung zu warten. Rückwärtstuning für Euro 6 Die Lösung: Das Rückrüsten der Fahrzeuge auf Euro 3. Während MAN noch an einer entsprechenden Lösung arbeitet, kann Mercedes-Benz die Lkw für den Export in außereuropäische Märkte bereits umrüsten, berichtete Gerhard Grünig, Chefredakteur der VerkehrsRundschau. Volvo, Renault und Iveco verfügen nach eigenen Angaben über keine entsprechenden Kits. Bei den gebrauchten Trucks ist, anders als bei den gezogenen Einheiten, die Nachfrage im laufenden Jahr spürbar gestiegen. Zumindest, wenn man nach den Suchanfragen auf der Handelsplattform von AutoScout24 geht. "Allerdings spüren auch wir einen Rückgang in Russland", sagte Boris Danne von AutoScout24. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Handel www.verkehrsrundschau.de/dossiers Vorträge von ausgewiesenen Experten Boris Danne, AutoScout24Michael Tockuss, Deutsch-Iranische HandelskammerGerhard Grünig, VerkehrsRundschau und TruckerAlexandra Watzlawek, EvershedsFabian Volz, EvershedsIngo Geerdes, KroneTill Gruschka, Rath, Anders, Dr. Wanner & PartnerDie Referenten der fünften Ausgabe der VerkehrsRundschau-Fachkonferenz "Gebrauchte Nutzfahrzeuge professionell vermarkten" informierten über die Marktlage für gebrauchte Lkw, die Möglichkeiten, nach dem Embargo im Iran ins Geschäft zu kommen, die Rückrüstung der Abgasnachbehandlung von Euro 6 auf eine geringere Stufe für den Export, rechtliche Fallstricke im Gebrauchthandel mit Nutzfahrzeugen, den Markt für gebrauchte Anhänger und Auflieger sowie Gefahren durch Geldwäscher. sv Gebrauchte Trailer Bestseller und Ladenhüter Gefragt sind derzeit gebrauchte Standard-Curtainsider und seit Kurzem auch Volumentrailer. Gesucht sind dabei junge Gebrauchte im Alter von bis zu fünf Jahren oder alte Fahrzeuge mit mehr als zehn Jahren auf dem Buckel, die dafür günstig sind. Gemeint sind Preise von um die 3000 Euro. Auf den Plätzen zwei bis vier folgen Kühlauflieger, Containerchassis und Kofferauflieger. Bei Letzteren sind alle Baujahre begehrt, da am Markt nur wenige Einheiten verfügbar sind. Vorausgesetzt ist immer, dass die Fahrzeuge technisch und optisch einwandfrei sind. Entscheidend für einen guten ersten Eindruck sind Reifen, Bremsen, Achsfabrikat und die Sauberkeit.Nicht gesucht sind dagegen mittelalte Auflieger zwischen fünf und zehn Jahren, Wechselverkehrsanhänger, Spezialfahrzeuge wie Papierauflieger und Leichtbaufahrzeuge. Fünf bis sechs Jahre alte Wechselverkehrsanhänger werden häufig umgebaut und zweckentfremdet in der Landwirtschaft eingesetzt. Trommelbremsen führen zu einem vergleichsweise hohen Preisabschlag von bis zu 2000 Euro. sv

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