Der Weg zur eigenen Elektro-Tankstelle

Rund 150 Fahrzeuge zählt die Flotte von City Express. Seit 2010 fährt der Hamburger Kurier- und Expressdienst auch Elektrotransporter. Gegenwärtig setzt er einen Nissan ENV2000 für Nahverkehre ein. "Bei voller Batterieladung fährt dieser Transporter mindestens 110 Kilometer", sagt Geschäftsführer Peter Meyer. "Wenigstens einmal am Tag muss er aufgeladen werden." Bei über 750 Ladepunkten in Hamburg ist das kein Problem. Während der Fahrpausen informiert sich der Fahrer auf einer App, wo die nächste Station ist, und steuert diese mit dem E-Transporter an. 2019 will Meyer das vorhandene Fahrzeug durch einen neuen Nissan ENV2000 mit wesentlich leistungsstärkerer Batterie ersetzen. "Eine eigene Ladestation plane ich trotzdem nicht, weil Hamburg das vorhandene Netz weiter ausbauen wird", sagt der KEP-Unternehmer. City Express hat es gut: Rund 13.500 öffentlich zugängliche Ladepunkte zählt der Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) aktuell in Deutschland. Jeder Achtzehnte steht in Hamburg, häufig muss ein Pkw- oder Lkw-Fahrer nur ein paar Hundert Meter zum nächsten Terminal zurücklegen. Anderswo ist er über zehn Kilometer unterwegs. Kein Wunder, dass Logistiker, die in die E-Mobilität vorstoßen, mit verschiedensten Konzepten hantieren (siehe Praxisbeispiele Seite 84). Viele Förderprogramme Wer vor allem im Nahverkehr unterwegs ist, für den kann sich der Aufbau einer öffentlichen Ladeinfrastruktur rechnen. Viele Bundesländer und manche Kommunen fördern solche Investitionen mit Zuschüssen und zinsgünstigen Krediten (siehe Kasten Seite 85). Der hessische KEP-Unternehmer Ahmet Cetiner hat diese Chance genutzt und in Maintal ein Netz von rund einem Dutzend Ladepunkten aufgebaut. "Kommune und Energieversorger haben dieses Projekt vom Start weg gefördert", freut sich der Gründer und Geschäftsführer von 4Xpress. Bei der Wahl der Ladesäule hatte es Cetiner einfach. Für seine Flottenfahrzeuge genügen konventionelle Stationen mit bis zu 22 Kilowatt Ladeleistung. Rund 1000 Euro kosten solche Anlagen; abhängig von Batterietechnologie und Stecker kann sich der Ladevorgang bei völlig leerem Akku allerdings über eine Stunde hinziehen. Weitaus kürzere Wartezeiten fallen bei Schnellladern an. Sie haben bis zu 150 Kilowatt Leistung und kosten 5000 Euro aufwärts. Für besonders hochwertige Geräte müssen Unternehmen über 30.000 Euro ausgeben. Bei vielen Förderprogrammen können sie Summen bis zu dieser Größenordnung abrufen. Die Ladezeiten für Pkw, Kombi und Transporter betragen abhängig von der Kilowatt-Leistung bis zu 30 Minuten, für Lkw müssen längere Zeiten eingeplant werden. Bei Reichweiten von höchstens 250 Kilometern, auf die fast alle E-Transporter und E-Lkw kommen, sind solche Anlagen völlig ausreichend. Viele Betriebe haben wenigstens eine Ladesäule auf ihrem Werksgelände installiert und schließen am Feierabend ihre Fahrzeuge mit fast leerem Akku an. Wenn sie ausschließlich im Nahverkehr unterwegs sind, müssen sie bis zum nächsten Feierabend nicht ein zweites Mal aufgeladen werden. Auch für die Projektpartner von BMW, welche in Shuttle-Verkehren mehrere Werke des Automotive-Konzerns mit Lieferteilen versorgen, haben sich konventionelle Anlagen bewährt. "Unser E-Lkw in Leipzig fährt im Zwei-Schicht-Betrieb", erklärt Stefanie Kotschenreuther, Key-Account-Managerin von Elflein in Bamberg. "Er wird gegen Mitternacht für sechs bis sieben Stunden an die Ladestation angeschlossen." Solche Übergangslösungen stoßen jedoch spätestens dann an Grenzen, wenn größere Reichweiten möglich sind und zusätzliche Kunden anklopfen. Mit Image-fördernden E-Verkehren wollen sich schließlich viele Verlader schmücken. Schwere Lkw brauchen Schnelllader Logistikdienstleister allerdings können schnell in die Bredouille kommen. Wenn sie sich nicht nur auf den Ausbau der öffentlichen Netze verlassen wollen, müssen sie in eigene Infrastruktur investieren. Vor allem für Unternehmen, die schwere Lkw fahren, führt an Schnellladern kaum ein Weg vorbei. Und auf lange Sicht werden sie sich auch für sogenannte Ultraschnelllader interessieren, welche mit weit über 150 Kilowatt 40-Tonner in wenigen Minuten aufladen. Die Grenzen nach oben scheinen noch lange nicht erreicht. So plant ein amerikanisches Unternehmen mit Unterstützung des Energieministeriums und des Konzerns General Motors einen "Extreme Fast Charger" (XFC) mit bis zu 400 Kilowatt Leistung. Mit dem ersten Prototyp ist 2020 zu rechnen. Solche Lösungen haben allerdings einen Nachteil: Sie können das örtliche Stromnetz völlig überlasten. An Lösungen, die das verhindern, hat auch die Logistikbranche ein hohes Interesse. Einen ersten Schritt macht UPS. Der Paketriese testet in London gegenwärtig eine Lösung, die mit Hilfe eines Zwischenspeichers mehrere Fahrzeuge gleichzeitig lädt. Ein Ausbau des Stromnetzes werde demnach mit dieser Technologie überflüssig. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Elektro-Lkw www.verkehrsrundschau.de/dossiers ARS Altmann Be- und Entladezeiten nutzenMit einem Terberg YT202-EV ist Ars Altmann, Wolnzach, in die Elektromobilität eingestiegen. Jeden Werktag transportiert die mit einer 169 kWh-Batterie ausgerüstete Zugmaschine auf einem Rolfo-Auflieger Fahrzeuge vom Münchner Werk des Autoherstellers in dessen Verteilerzentrum Garching. Für den Rückweg lädt er Autos, welche der Endkunde in den Showrooms des Ausstellungscenters "BMW Welt" in Empfang nehmen will."Wir können mit diesem Lkw-Zug jedes Auto der aktuellen Modellpalette transportieren", versichert Stephanie Brucklacher, Marketing-Managerin von Ars Altmann. Im zwölf Kilometer entfernten Garching steht eine Ladesäule mit einer Leistung von 80 Kilowatt. Wenn der Akku nur noch eine Kapazität von 20 Prozent hat, wird er während der Be- und Entladung aufgeladen, was knapp zwei Stunden dauert."Wir prüfen, wie wir die Ladeinfrastruktur weiter ausbauen können, und führen hierüber produktive Gespräche mit BMW, der Stadt München und dem Freistaat", sagt Brucklacher. bot Magna Steyr Im Dreischicht-Betrieb jederzeit einsatzbereitRund um die Uhr versorgt ein Framo-Lkw der Herbert Temmel GmbH das Grazer Werk des Automobilzulieferers Magna Steyr. Jede Stunde finden drei Rundläufe ab der 1,5 Kilometer entfernten Rohbauhalle außerhalb des Magna Steyr-Werksgeländes zur Lackiererei innerhalb des Werkes statt. Rund drei Minuten dauern die Be- und Entladungen des Fahrzeugs, während dieser Zeit wird die Batterie des Lkw mit Strom versorgt. Möglich macht dies eine Lösung am Hallendock über eine automatisierte Steckverbindung. Über diese wird sowohl die Fördertechnik, als auch die Lkw-Batterie mit Strom versorgt.Für das Unternehmen Magna Steyr macht diese Lösung Elektromobilität richtig effizient. Für das Beladen des Akkus muss der 18-Tonnen-Lkw nicht aus den Shuttle-Verkehren genommen werden. Auch auf einen Ausfall des Fahrzeugs ist der Automobilzulieferer, der selbst Elektroautos für Jaguar Land Rover fertigt, bestens vorbereitet: Ein zweiter Elektro-Lkw kann jederzeit für die Rundläufe abgerufen werden. bot/mh

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