Der Digitacho wird intelligent

Bereits seit 2006 besteht die Pflicht, mittels digitaler Fahrtenschreiber und personengebundener Fahrerkarte die Lenk- und Ruhezeiten aufzuzeichnen. Nach den Plänen der EU soll aus digital künftig auch intelligent werden: Ab dem 15. Juni 2019 ist bei Erstzulassungen der Einbau des sogenannten smarten Tachografen Pflicht. Eine Nachrüstpflicht besteht für ältere Fahrzeuge ab 2034 - insofern diese grenzüberschreitend eingesetzt werden. Die technischen Vorgaben zur neuen Tachografen-Generation sind im Anhang 1C als Bestandteil der Verordnung (EU) 2016/799 geregelt. Insbesondere zwei Aspekte sind Brüssel wichtig: das Gerät besser gegen Manipulationen zu sichern und für mehr Transparenz im operativen Betrieb zu sorgen. Zu den zentralen technischen Neuerungen gehören neben neuen Sicherheitszertifikaten und Signaturschlüsseln die Aufzeichnung und Speicherung der Fahrzeugposition via GNSS oder GPS, und zwar zu Arbeitsbeginn, Arbeitsende sowie nach drei Stunden kumulierter Lenkzeit. Möglicherweise könnte die Positionsbestimmung künftig in noch kürzeren Abständen oder zur zusätzlichen Überwachung der Kabotage auch auf Ländergrenzen bezogen erfolgen, berichtet Experte Olaf Horwarth, der als offizielles Mitglied im Tachografenforum der EU-Kommission sitzt. Dieser Punkt sei noch nicht abschließend geklärt. Früherkennung im Vorbeifahren Zudem sieht die Verordnung die sogenannte DSRC-Schnittstelle (Dedicated Short Range Communication) vor. Diese ermöglicht Kontrollbeamten, bestimmte Daten aus dem Tachografen per Remote-Control-Download auszulesen. Wer sich nun sorgt, dass Kontrolleure künftig im Vorbeifahren Einblick in alle Fahrerdaten erhalten und bei etwaigen Verstößen ein automatischer Bußgeldbescheid ins Haus flattert, kann beruhigt sein. Vielmehr diene die Technologie zur Früherkennung möglicher Manipulationen. So werden Ereignisse und Störungen in Bezug auf Strom- und Sensorunterbrechungen gemeldet oder Auffälligkeiten wie das Stecken der Fahrerkarte während des Lenkens und Fahren ohne Fahrerkarte. Ferner können das Kennzeichen, die Kalibrierungsdaten sowie die aufgezeichnete Geschwindigkeit abgefragt werden. "Die DSRC-Schnittstelle hilft den Behörden dabei, gezielt auf konkrete Verdachtsmomente hin zu reagieren und denjenigen Fahrern und Flottenbetreibern, die sich gesetzeskonform verhalten, zeit- und damit kostenintensive Kontrollen zu ersparen", erklärt Dirk Gandras, Program Manager TTS Vehicle Units bei Continental, für den das Ganze eine "klare Winwin-Situation" darstellt. DTCO 4.0 kommt noch in diesem Jahr Der Ausrüstungsgrad der Kontrollbehörden mit sogenannten DSRC-Readern dürfte mit der Verbreitung der smarten Tachografen Hand in Hand gehen, meint Gandras. Im Gegensatz zu Horwarth (siehe Interview unten) rechnet er fest damit, dass die Technologie in Deutschland und einigen weiteren Ländern vom Start weg zum Einsatz kommen werde, da auch die Behörden ihre Erfahrungen sammeln müssten. "Der flächendeckende Einsatz dieser drahtlosen Kontrollen wird aber seine Zeit brauchen", so Gandras. VDO arbeitet aktuell an der neuen Gerätegeneration: Prototypen und Peripherie für den smarten Tachografen befinden sich in der Erprobung, der DTCO 4.0 und alle begleitenden Produkte für Werkstätten und Flottenbetreiber sollen noch in diesem Jahr auf den Markt kommen. Als großen Vorteil der neuen Geräte sieht Gandras die Standardisierung eines ITS-Interfaces, die basierend auf abgesichertem Datentransfer zahlreiche Zusatzservices ermögliche. "Mit unseren Apps und Konfigurationsmöglichkeiten für Fahrer und Fuhrparkleiter haben wir bereits heute in der aktuellen Tachografen-Generation DTCO 3.0 eine Vielzahl von Services umgesetzt", so Gandras. So habe man wichtige Grundlagen schaffen können, um nun beim smarten Tachografen die technischen Anforderungen der EU-Verordnung zeitnah umsetzen zu können. Sicher wie eine Bankkarte Der neue Tachograf sowie Fahrerkarten und Sensoren sollen deutlich sicherer vor Manipulationen sein als die jetzigen Geräte. "Es wird anstatt der 1024-bit-RSA-Verschlüsselung ein auf elliptischen Kurven basierendes Public-Key-Verschlüsselungssystem mit drei unterschiedlichen Schlüssellängen zur Anwendung kommen", so Gandras. Die Zulassungsanforderung an Tachografen beinhalte die Sicherheitszertifizierung nach Common Criteria EAL 4+ - "wie bei einer Bankkarte." Mehr zum Thema im Dossier Digitaler Tachograf www.verkehrsrundschau.de/dossiers