EuGH spricht Machtwort bei Ruhezeiten

Lkw-Fahrer dürfen ihre regelmäßige wöchentliche Ruhezeit nicht im Fahrzeug verbringen. Zu diesem Urteil kam der europäische Gerichtshof (EuGH) nach jahrelangem Rechtsstreit Ende Dezember in Luxemburg (Rechtssache C-102/16). Das belgische Transportunternehmen Vaditrans hatte im August 2014 geklagt, weil in Belgien eine Geldbuße von 1800 Euro verhängt werden kann, wenn ein Fahrer die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit in der Lkw-Kabine verbringt. Auslegung der Sozialvorschriften unklar Der EuGH sollte über die korrekte Auslegung von Artikel 8 Absatz 8 der EU-Verordnung 561/2006 entscheiden. Das Urteil fiel eindeutig aus: Aus der EU-Verordnung, die die Sozialvorschriften im Straßenverkehr harmonisiert, leite sich "offensichtlich" ab, dass die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit nicht im Fahrzeug verbracht werden dürfe. Es sei das Ziel des Gesetzgebers gewesen, die Arbeitsbedingungen der Fahrer zu verbessern. Dürften die Fahrer die 45 Stunden lange Pause nun im Fahrzeug abhalten, würde das dem Ziel zuwiderlaufen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sie die regelmäßige Wochenruhezeit zum Beispiel in Unterkünften im Land des Arbeitseinsatzes (Hotels, Hostels, Herbergen) oder zu Hause verbringen müssen. Es sei darüber hinaus Sache der Mitgliedstaaten, festzulegen, welche Sanktionen geeignet sind, um die Geltung und die Wirksamkeit der EU-Verordnung 561/2006 zu gewährleisten, erklärte der EuGH. Dabei müssen sie darauf achten, dass diese Sanktionen nach sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln verhängt werden, die denjenigen ähneln, die bei nach Art und Schwere gleichartigen Verstößen gegen das nationale Recht gelten. In Deutschland wurde die EU-Verordnung schon seit Längerem so ausgelegt, dass die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit nicht im Fahrzeug verbracht werden darf. Seit Mai 2017 steht dies auch ausdrücklich im deutschen Fahrpersonalrecht. Bei Verstößen sind dafür Bußgelder fällig. Auch Frankreich bestraft das Schlafen in der Kabine etwa an Wochenenden bereits. Kommentar Ohne Kontrolle nützt das EuGH-Urteil nichts Jetzt herrscht Klarheit: Die europäischen Sozialvorschriften sind so zu verstehen, dass Lkw-Fahrer ihre regelmäßige Wochenruhezeit nicht in der Kabine verbringen dürfen. Das Urteil des europäischen Gerichtshofs (EuGH) legitimiert nicht nur die von Belgien, Frankreich und Deutschland eingeführten Sanktionen bei entsprechenden Verstößen. Es erhöht auch den Druck auf alle Mitgliedstaaten, in denen die Umsetzung der in diesem Fall verhandelten Bestimmung bisher weder richtig kontrolliert noch bestraft worden ist.Doch genau das ist Krux: Selbst hierzulande, wo Vorschriften und Gesetze meist vorbildlich in die Tat umgesetzt werden, kann das Bundesamt für Güterverkehr den Vorgaben aufgrund von Personalnot nicht annähernd gerecht werden. Sofern weitere Länder künftig Artikel 8 Absatz 8 der EU-Verordnung 561/2006 ernstnehmen, dürfte sich dies dort ähnlich darstellen. Widerrechtlich handelnden Autobahnnomaden auf die Schliche zu kommen und ihnen das Handwerk zu legen, bleibt also auch nach diesem EuGH-Urteil schwierig. Hoffnung macht lediglich, dass sich die EU-Kommission diesbezüglich bereits in dem am 31. Mai 2017 vorgelegten ersten Mobilitätspaket mit einer besseren Durchsetzung des Unionsrechts beschäftigt. agAndré Gieße, Redakteur der VerkehrsRundschau

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