Das steht in den neuen Verlader-AGB

Plötzlich ging es ganz schnell: Nur eine Woche, nachdem bekannt geworden war, dass eine branchenübergreifende Neufassung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) gescheitert ist, legten vier Verbände der verladenden Wirtschaft eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vor. Nach dem ergebnislosen Ausgang der zweijährigen Verhandlung mit dem Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) präsentierten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der Handelsverband Deutschland (HDE) sowie der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) vergangene Woche die Deutschen Transport- und Lagerbedingungen (DTLB). Auftraggeber wollen moderne Klauseln Die Verladervertreter haben die DTLB eigenen Angaben zufolge an der heutigen Realität in der Logistik ausgerichtet. "Wir haben versucht, ein modernes Regelwerk zu schaffen, das den praktischen Anforderungen und Interessen beider Vertragsparteien gerecht wird", erklärt Matthias Krämer, Leiter der Abteilung Mobilität und Logistik im BDI. Seit der letzten ADSp-Reform hätten sich nicht nur Gesetzeslage und Rechtsprechung gewandelt, auch die Prozesse in den Unternehmen seien andere als noch vor 13 Jahren. Als Beispiel nennt Krämer kontinuierliche und strukturelle Veränderungen der Supply-Chain-Ketten aufgrund einer zunehmenden Internationalisierung und Digitalisierung der Wirtschaft. Die DTLB verpflichten deshalb Frachtführer und Lagerhalter, die Aufträge annehmen und dieses Regelwerk dabei in die gemeinsamen Verträge einbeziehen, bestimmte Standards einzuhalten. Diese setzten Industrie- und Handelskonzerne bereits heute in vielen Kundenbeziehungen aus der Transport- und Logistikbranche per Individualvereinbarung voraus, sagt Krämer. Der DSLV hat diese Standardisierung in den Verhandlungen mit BDI, BGA, HDE und BWVL als massiven Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit und in vielen Fällen extrem aufwendig kritisiert. Zum Beispiel muss der Auftragnehmer: - bei einer Vereinbarung mit dem Auftragnehmer ein Bewertungs- und Monitoringsystem entwickeln, um die Qualität der Leistung festellen zu können, - ein Notfallkonzept für unvorhergesehene Ereignisse beziehungsweise Vertragsstörungen haben, - sich an die Mindestlohnvorschriften und die Vorschriften über Mindestbedingungen am Arbeitsplatz halten, dies dem Auftraggeber auf Verlangen schriftlich bestätigen und ihn bei der Weitergabe des Auftrags von Ansprüchen Dritter freistellen, - bestimmte Vorschriften zur sicheren Datenübermittlung und -speicherung sowie zum Einsatz von IT-Systemen einhalten, - ein Qualitäts-Management-System verwenden und jederzeit nachweisen, dass er in seinem Unternehmen alle Rechtsvorschriften und die speziellen Anforderungen des Auftraggebers aus dem Vertrag erfüllt. Der Spediteur ist in den DTLB zwar nicht explizit erwähnt. Das bedeutet aber nicht, dass diese sich nicht in Speditionsverträge einbeziehen lassen. Die Verladerverbände haben darauf verzichtet, sie zu benennen, weil sie den Großteil solcher Geschäfte zu fixen Kosten abwickeln und der Spediteur in diesen Fällen die Rechte und Pflichten eines Frachtführers hat. Dasselbe gilt für einen Spediteur im Selbsteintritt oder die Beförderung von Sammelladung. "Der klassische Sofa-Spediteur, der im Interesse seiner Kunden deren Geschäfte besorgt, wird damit faktisch zu Grabe getragen", sagt Professor Thomas Wieske, Leiter des Instituts für Logistikrecht & Riskmanagement an der Hochschule Bremerhaven. Haftungsrisiko für Auftragnehmer steigt Die Haftungsregeln für Auftragnehmer sind in den DTLB strenger als in den ADSp. Die Verladerverbände haben sich diesbezüglich am Handelsgesetzbuch orientiert. Dies sind die wesentlichen Unterschiede: - Der Frachtführer haftet laut den DTLB für Schäden, die zwischen der Übernahme und der Ablieferung des Gutes eingetreten sind, mit 8,33 Sonderziehungsrechten. Das entspricht rund 10 Euro und ist für Auftragnehmer in den meisten Fällen doppelt so viel wie bisher. Nach den ADSp in der Fassung von 2003 haftet der Spediteur für Güterschäden in der Regel mit 5 Euro für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung. Diese Haftungsbeschränkung gilt bei speditionellen Güterschäden und Güterschäden im Lager. Wenn das Gut während des Transports auf dem Lkw kaputtgegangen ist, gleicht die Haftungsgrenze der ADSp der in den DTLB. Den Verladerverbänden, die bisher immer nachweisen müssen, wo genau der Schaden eingetreten ist, ist dies ein Dorn im Augen. Ihnen geht es um eine Vereinheitlichung der Haftungsregeln. - Der Verlader kommt für Schäden und Aufwendungen des Frachtführers, die jener zum Beispiel durch ungenügende Verpackung oder Kennzeichnung oder Unterlassen der Mitteilung über die Gefährlichkeit des Gutes verursacht, laut DTLB mit 8,33 Sonderziehungsrechten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung auf. Nach dem Frachtrecht haftet der Auftraggeber (Absender) in diesen Fällen unbegrenzt. - Bei Lagerdienstleistungen sind die Haftung des Lagerhalters und die des Einlagerers laut den DTLB jeweils auf das Dreifache des Betrags begrenzt, der bei Verlust des Gutes zu zahlen wäre. Das ist für den Spediteur abermals eine Verteuerung im Vergleich zu den ADSp. Für Güterschäden beim Lagergeschäft sehen sie grunsätzlich eine Haftungsbeschränkung auf 5 Euro für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung und maximal 5000 Euro je Schadenfall vor. Versicherungspolicen sind anzupassen Die Ausweitung der Haftung zulasten des Auftragnehmers müssen die davon betroffenen Unternehmen entsprechend versichern. Die Verladerverbände verpflichten den Frachtführer ausdrücklich dazu, eine Haftpflichtversicherung, die die Haftung wegen Güterschäden aus dem DTLB-Vertrag deckt, abzuschließen. Für Auftragnehmer dürften die Prämien dann steigen. Neben den detaillierten Informations- und Dokumentationspflichten sowie den deutlich höheren Haftungsgrenzen sehen die Geschäftsbedingungen von BDI, BGA, HDE und BWVL weitere Anforderungen vor, die Auftragnehmern kaum gefallen dürften. So ist der Frachtführer über seine gesetzliche Pflicht hinaus dafür zuständig, das Gut zu ver- und entladen, wenn er dies einmal teilweise oder ganz getan hat. In diesem Fall wird vermutet, dass der Auftragnehmer die Verlade- und Entladepflicht des Auftraggebers übernommen hat. An anderer Stelle sieht der Gegenentwurf zu den ADSp einen Alles-Inklusive-Preis vor. In der entsprechenden Klausel heißt es, mit der vereinbarten Fracht oder Vergütung seien alle im Zusammenhang mit dem DTLB-Vertrag stehenden Leistungen abgegolten. Das bedeutet, dass Frachtführer, Spediteure und Lagerhalter Darlehen, Vorschüsse, Auslagen und andere Aufwendungen, die sie bei der Ausübung ihrer Dienste wegen unvorhersehbarer Ereignisse haben, nicht mehr nachfordern können. Der Auftragnehmer trägt gemäß den Geschäftsbedingungen der Verladerverbände dieses finanzielle Risiko. Dies sollte er bei der Angebotskalkulation berücksichtigen. Beide Regelwerke kann man verwenden Die Verladerverbände betonen aktuell, dass sie die ADSp nicht mehr zur Anwendung empfehlen, sondern die DTLB. Gerüchte, wonach die anderen Geschäftsbedingungen ihre Gültigkeit verloren hätten, widerspricht der DSLV mit Verweis auf die 2013 wegen des neuen Seehandelsrechts eingeführte Zusatzklausel (siehe Seite 22). Man könne sie weiterhin nutzen. Güterverkehrsbetriebe müssen nun also prüfen, welches Regelwerk für sie günstiger ist und im Zweifel abweichende Vereinbarungen treffen, wenn ihnen gewisse Klauseln nicht passen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Logistikrecht www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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#Transportrecht

Frage: Welche Geschäftsbedingungen setzen sich durch?

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Urteil: Kein Schadenersatz wegen Form- und Frist-Verstoß

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