Hannover. Der Conti-Vorstand hält trotz breiter Proteste an dem umstrittenen Aus für die Reifenwerke am Stammsitz Hannover sowie in Frankreich mit insgesamt 1900 Beschäftigten fest. Es gebe wirtschaftlich keine Alternative, sagte Vorstandschef Karl-Thomas Neumann am Freitag in Hannover nach einem Treffen des Aufsichtsrats. Auf der Sondersitzung wurde Rolf Koerfer, Berater des Großaktionärs Schaeffler, nach einem wochenlangen Wirbel zum neuen Aufsichtsratschef gewählt. Das Kontrollgremium will sich in vier Wochen erneut mit den Werksschließungen befassen. Neumann sagte, Continental müsse auf die „beispiellose Krise“ auf dem Reifenmarkt reagieren. Der Einbruch sei nachhaltig, es werde lange dauern, bis der Markt wieder auf dem Niveau des Jahres 2008 sein werde. Conti müsse daher Überkapazitäten abbauen und komme um Werksschließungen nicht herum. „Die Entscheidung des Vorstands steht.“ Der Vorstand wolle so rasch wie möglich über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan verhandeln und zudem ein Konzept für den gesamten Standort Hannover-Stöcken entwickeln. Dort arbeiten insgesamt rund 2900 Beschäftigte, unter anderem in den Bereichen Forschung und Entwicklung sowie ContiTech. Conti hatte vor zwei Wochen angekündigt, wegen der massiven Einbrüche im Reifengeschäft angesichts der dramatischen Krise in der Autoindustrie zwei Werke schließen zu wollen. Die LKW-Reifenproduktion in Hannover-Stöcken soll zum Jahresende eingestellt werden, betroffen sind rund 780 Beschäftigte. Im nordfranzösischen Werk Clairoix soll ein PKW-Reifenwerk dicht gemacht werden. Dort geht es um den Abbau von 1120 Stellen. Die Pläne hatten sowohl in Deutschland als auch in Frankreich heftige Proteste von Betriebsräten, Gewerkschaften und Politik ausgelöst. Conti-Aufsichtsrat Werner Bischoff von der Gewerkschaft IG BCE kritisierte die Schließungen erneut scharf. Betriebsrat und Gewerkschaft hätten einen Fragenkatalog vorgelegt und würden nun Alternativen ausarbeiten. Dies sei aber ein „Bohren von dicken Brettern“, die Arbeitnehmervertreter lägen derzeit im „Clinch“ mit dem Vorstand. Der Kampf um die Jobs werde „verdammt schwierig“. Auf der nächsten Sitzung des Aufsichtsrats ist eine Empfehlung an den Vorstand möglich, die Werksschließungen rückgängig machen. Dazu müssten aber Vertreter der Kapitalseite mit den Arbeitnehmervertretern stimmen. Bischoff deutete aber an, dass die Schließung der Werke auch unter Vertretern der Kapitalseite kritisch gesehen werde. Neuer Chef des Aufsichtsrats ist der Schaeffler-Berater Koerfer. Der 51-Jährige ist Nachfolger des langjährigen Aufsichtsratschefs Hubertus von Grünberg, der vor drei Wochen auf Druck und im Streit mit Großaktionär Schaeffler zurückgetreten war. Koerfer sollte eigentlich schon damals zum neuen Vorsitzenden gewählt werden. Ein Gericht hatte aber seine Bestellung in den Aufsichtsrat zunächst gestoppt, weil Koerfer ein Interessenkonflikt vorgeworfen wurde. Koerfer sagte am Freitag, Conti stehe angesichts der Krise in der Automobilindustrie vor großen Herausforderungen. Es gehe nun darum, gemeinsam einen Weg aus der Krise zu skizzieren. In der Frage der Werksschließungen habe es im Aufsichtsrat eine intensive und kontroverse Diskussion gegeben. Die Zukunft sowohl von Continental als auch von Schaeffler ist derzeit ungewiss. Die Schaeffler-Gruppe aus Herzogenaurach ist wegen der auf Pump finanzierten Conti-Übernahme hoch verschuldet, hat einen Milliarden-Kapitalbedarf und bittet um Staatshilfen. Auch Conti ist wegen der Übernahme der früheren Siemens-Tochter VDO hoch verschuldet. Schaeffler und Conti sprechen über eine Zusammenlegung der Automobil-Sparten, die Conti-Reifensparte soll ausgegliedert werden. (dpa)
Conti hält an Aus für Reifenwerke fest
Rolf Koerfer ist neuer Aufsichtsratschef beim Autozulieferer