CO2-Fußabdruck

CO2-Fußabdruck Gerechnet, nicht gemessen Zur Ermittlung der Treibhausgas-Emissionen in der Beschaffungslogistik setzt die MGL Metro Group Logistics ein neues Berechnungsmodell ein, das den CO2-Fußabdruck mathematisch berechnet. Zwei Umstände machen den CO2-Rechner der Metro MGL interessant: Wenn einer der bedeutendsten Auftraggeber der Handelslogistik ein neues Konzept für die Erfassung des CO2-Fußabdrucks vorstellt, ist das per se von Interesse und zweitens überrascht die Herangehensweise bei der Ermittlung klimaschädlicher Gase. Dazu muss man wissen: Ausgangspunkt für die Erfassung des CO2-Fußabdrucks von Transporten sind immer die Treibstoffverbräuche der Fahrzeuge. Wer weiß, wie viele Liter Treibstoff bei einem Transport verbrannt wurden, kann über einen festen Umrechnungsfaktor die CO2-Emissionen errechnen. Aber wie lassen sich die Verbräuche von tausenden LKW für Millionen Warensendungen erfassen? Metro hat sich entschieden, diese Informationen nicht von den Dienstleistern und deren Subunternehmen einzufordern, sondern geht einen anderen Weg. Andreas Ruthenschröer, Bereichsleiter Logistics Strategy & Communication MGL, erläutert den Metro-Ansatz: „Wir erhalten von unseren Dienstleistern nachträglich alle Sendungsdaten. Diese routen wir nach festgelegten Regeln über die im System hinterlegte Transportnetze und weisen bestimmten Streckenabschnitten bestimmte Fahrzeuge zu. Aus Millionen von Sendungsdaten werden dann die Verbräuche berechnet.“ Derzeit beschränkt sich das Modell auf die Beschaffungslogistik, die über die MGL organisiert wird. Für einen Großteil des Sortiments im Non-Food-Segment der Metro, beispielsweise Mediamarkt oder Saturn, bündelt die MGL in der Abholung bei den Zulieferern die Waren und bringt sie zu den Lagerstandorten der MGL Warehousing oder direkt in die Märkte. In diesem Bereich arbeitet MGL in Deutschland mit fünf großen Systemdienstleistern zusammen. Das Berechnungstool wurde zusammen mit dem Beratungsunternehmen Bearing Point im Rahmen eines sechsmonatigen Projekts entwickelt. Im Gegensatz zu anderen CO2-Rechnern, die im Internet verfügbar sind, berechne das System nicht nur Direktverkehre von A nach B, sondern berücksichtige Vor-, Haupt- und Nachläufe in den Netzwerken der Dienstleister, erklärt Matthias Wohlfahrt, Senior Manager SCM bei Bearing Point: „Wir bilden den Weg einer Sendung durch das Netz eines Logistikdienstleisters nach festgelegten betriebswirtschaftlich sinnvollen Regeln ab.“ Ziemlich nahe an der Realität Die Software, die von Bearing Point im eigenen Haus entwickelt und programmiert wurde, könne laut Wohlfahrt auf jeden Verkehrsträger und beliebige logistische Infrastrukturen angewendet werden. Bei Metro werden allerdings nur Emissionen im Straßen- und Schienengüterverkehr ermittelt. Die im System hinterlegten Emissionswerte, die den unterschiedlichen Fahrzeugklassen zugeordnet werden, basieren auf dem Handbuch Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA Version 3.1) des Umweltbundesamtes. „Unser Modell ist genauer als die meisten marktgängigen CO2-Rechner im Internet“, erklärt Wohlfahrt durchaus selbstbewusst. Teilweise seien solche Rechner nicht mehr als ein Marketinginstrument der Unternehmen, glaubt der Berater. Dennoch habe auch das Metro-Berechnungstool gewisse Unschärfen: „Wir arbeiten mit einem Modell“, erklärt Wohlfahrt und räumt ein: „Wir wissen daher nicht, welches Fahrzeug an einem bestimmten Tag tatsächlich gefahren ist. Darüber erhalten wir keine Rückmeldung.“ Zur Lösung dieses Informationsdefizits sind im Modell deshalb betriebswirtschaftliche Regeln, die das Verhalten des Logistikdienstleisters bei der Fahrzeugeinsatzplanung sinnvoll nachstellen, hinterlegt. Der unabhängige Umweltgutachter ZER-QMS jedenfalls hat das Tool zertifiziert und bestätigt, dass es geeignet ist, den Fußabdruck in der Transportlogistik zu erfassen. Wichtigste Zielsetzung der Metro war es, ein praxistaugliches Werkzeug zur Bestimmung der eigenen CO2-Emissionen zu entwickeln, um den Ist-Zustand zu ermitteln und Verbesserungen zu dokumentieren (siehe Interview). „Natürlich würden wir einen einheitlichen internationalen Standard begrüßen. Als Vorreiter kann man aber nicht darauf warten, bis sich ein Standard etabliert hat. Wir sind jetzt bereits in der Lage, unseren Ist-Zustand zu kennen und unsere Transportsysteme entsprechend auszurichten“, erklärt Ruthenschröer. Neben Kohlenoxiden (CO und CO2) ermittelt das System auch die Treibhausgase NOx, N2O und Methan sowie Rußpartikel. Das Tool enthält laut Bearing Point explizit Anreize zur Verbesserung der CO2-Bilanz. „Über verschiedene Auswertemodi lassen sich Bündelungseffekte im Netzwerk darstellen oder Szenarien modellieren, in denen bestimmte Parameter verändert wurden“, erklärt Wohlfahrt. So lasse sich beispielsweise sehr schnell berechnen, welchen Effekt die komplette Umstellung des Fuhrparks auf Euro 5 hätte oder eine um zehn Prozent höhere Auslastung der eingesetzten LKW. ❙❚■ Dietmar Winkler Lieferant Kunde Hub A Hub B Bei der Ermittlung des Carbon-Footprint rechnet das Tool nicht nur pauschal die Entfernung zwischen zwei Punkten aus (Weg 1), sondern simuliert den wahrscheinlichsten Weg einer Sendung durch das Netzwerk der Logistikdienstleis-ter (Weg 2). Berücksichtigt werden dabei unter anderem Ge-wichtsklasse, durchschnittliche Auslastung und Emissionsklasse der Fahrzeuge. „Wer sich verbessern will, muss wissen, wo er steht“ Andreas Ruthenschröer, Bereichsleiter Logistics Strategy & Communication MGL, erklärt das Konzept der Metro zur Ermittlung des CO2-Fußabdrucks in der Beschaffungslogistik. Was war die Motivation dafür, den CO2-Fußabdruck zu erfassen? Andreas Ruthenschröer: Über die Warenbündelung in der Beschaffung haben wir die Transporte schon immer nachhaltig gestaltet, allerdings konnten wir nie genau beziffern, wie groß die Effekte tatsächlich sind. Wenn man weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Klimabilanz ergreifen will, muss man zunächst wissen wo man steht. Warum ermitteln Sie Emissionen anhand von Sendungsdaten über ein mathematisches Rechenmodell und nicht über real gemessene Verbrauchswerte? Frühere Versuche, den CO2-Fußabdruck in der Beschaffungslogistik über reale Verbrauchswerte zu messen, waren wenig überzeugend, da die Daten lückenhaft und nicht konsistent waren. Deshalb sind wir in dem Projekt mit Bearing Point einen anderen Weg gegangen und haben ein Berechnungsmodell entwickelt, das sehr gute Ergebnisse liefert. Es kam uns darauf an, ein praxistaugliches Tool zu entwickeln, mit dem wir Verbesserungen im System überzeugend und transparent dokumentieren können. Welche Daten benötigen Sie von Ihren Dienstleistern? Von den Dienstleistern benötigen wir deren Depotstruktur und Auskünfte über die Flottenzusammensetzung nach Größe und Schadstoffklasse für Vor-, Haupt- und Nachläufe sowie durchschnittliche Auslastungen. Außerdem haben wir bestimmte Logiken für das Routing von Sendungen festgelegt. Wir müssen für unser Modell daher keine real gemessenen Kilometer- und Verbrauchsdaten abfragen, die bei den Transportunternehmen meist ohnehin nicht verfügbar sind. Machen Sie Ihren Dienstleistern Vorgaben? Nein, denn das würde unserer Auffassung eines partnerschaftlichen und langfristig angelegten Verhältnisses widersprechen. Wir erwarten jedoch von unseren Dienstleistungspartnern, dass ein möglichst hoher Anteil an umweltschonenden LKW zum Einsatz kommt, vergleichbar mit dem unseres Eigenfuhrparks. diwi Interview Andreas Ruthenschröer