Peking. China droht mit Vergeltung für die neuen Klimaschutzabgaben, die Fluggesellschaften ab nächstem Jahr in der Europäischen Union zahlen müssen. Die Flugbehörde (CAAC) und die Luftfahrtvereinigung (CATA), die 33 chinesische Airlines vertritt, machen Front gegen die Pläne. Fluggesellschaften wie Lufthansa oder der europäische Flugzeugbauer Airbus fühlen sich unter Druck gesetzt und befürchten chinesische Gegenmaßnahmen. „Sie sind sehr verärgert", berichtete Airbussprecher Rainer Ohler in Peking. „Es ist klar, dass die Chinesen sich darauf vorbereiten, Gegenmaßnahmen zu ergreifen."
Ob Zwangsabgaben für europäische Fluggesellschaften oder Verweigerung neuer Landerechte - wie die Reaktion aussehen könnte, ist völlig offen. „Alles ist möglich, wenn es um Vergeltung oder Protektionismus geht", sagte Ohler. Die Luftfahrtindustrie sei im politischen Streit immer die Leidtragende. Airbus liefert heute schon jedes fünfte Flugzeug nach China, wo auch in Zukunft zweistellige Wachstumsraten im Luftverkehr zu erwarten sind. Bis 2030 soll die zweitgrößte Volkswirtschaft sogar zum größten Luftverkehrsmarkt der Welt aufsteigen.
Auch Lufthansa-Chef Christoph Franz warnte vor „Gegenmaßnahmen" für europäische Fluggesellschaften in China. Am Ende drohe eine Situation, wo die europäischen Airlines nicht nur in der EU die neuen Kosten für den Erwerb der Emissionsrechte tragen, sondern auch noch „Vergeltungsmaßnahmen" von Drittstaaten hinnehmen müssten. Die Bedingungen müssten geändert oder das EU-Vorhaben verschoben werden.
Der chinesische Ärger ist so groß, dass die Klimaschutzkosten auch beim ersten Besuch von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy diese Woche in Peking auf den Tisch gebracht wurden. Einseitig hatte die EU 2008 trotz des Widerstandes auch der USA beschlossen, die Emissionsauflagen auf den Flugverkehr auszudehnen. Die Airlines werden damit ab 2012 für den Ausstoß von Kohlendioxid zur Kasse gebeten. Auch außereuropäische Fluggesellschaften, die in der EU starten und landen, müssen damit CO2-Emissionsrechte kaufen.
Chinesische Airlines rechnen für 2012 mit umgerechnet rund 80 Millionen Euro an Zusatzkosten. Experten erwarten, dass diese Ausgaben mit der Ausweitung des Flugverkehrs nach Europa bis 2020 auf 320 Millionen Euro steigen könnten. Reisende müssten sich auf Preiszuschläge von 200 bis 300 Yuan, umgerechnet 21 bis 32 Euro, pro Flug einstellen.
Zwar ist China heute der größte Klimasünder der Welt, sieht die Verantwortung für den Klimawandel aber vor allem bei den reichen Industrienationen, die im vergangenen Jahrhundert einen Großteil der heutigen Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen haben. Nach dem Kyoto-Protokoll ist China als Entwicklungsland auch von verpflichtenden Obergrenzen ausgenommen, obwohl es heute maßgeblich zum Anstieg der Treibhausgas-Emissionen beiträgt.
Bei der Abgabe werden chinesische Unternehmen im Klimaschutz erstmals wie europäische behandelt. „Die EU muss den unterschiedlichen Entwicklungsstatus von Ländern berücksichtigen", forderte CAAC-Chef Li Jiaxing laut Staatsmedien eine Ausnahme für sein Land. Die Airline-Vereinigung CATA wetterte gegen die Auflagen der EU, „die internationale Luftfahrtkonventionen verletzt und in Chinas nationale Souveränität eindringt". „Wir sind überrascht, wie heftig die Reaktion ausfällt", sagte Airbussprecher Ohler. „Die Chinesen lehnen es grundsätzlich als unfreundlichen Akt der Europäer ab." (dpa)