Die derzeit laufende Überprüfung der Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) solle für eine grundsätzliche Modernisierung der Planung von Verkehrsinfrastruktur des Bundes genutzt werden, lautet ein Vorschlag der Denkfabrik Agora Verkehrswende. Das bisherige Verfahren beruhe auf „überholten Szenarien und werde den Anforderungen des Klima- und Umweltschutzes nicht gerecht“, so die Denkfabrik. Das in Abstimmung befindliche Planungsbeschleunigungsgesetz, sorge zudem für zusätzliche Dringlichkeit. „Erst den Kurs auf Klimaschutz ausrichten, dann den Turbo einlegen – das sollte bei der Planung von Straßen, Schienen und Wasserwegen gelten“, sagte Urs Maier, Projektleiter Energie und Infrastruktur bei Agora Verkehrswende.
Den aktuellen Bundesverkehrswegeplan bezeichnete Maier als „nicht mehr zeitgemäß“ und erklärte, es wäre „nicht angemessen, die Planung der Verkehrsinfrastruktur auf dieser Grundlage zu beschleunigen“. Mit seinem Gesamtvolumen von mindestens 270 Milliarden Euro sei der Bundesverkehrswegeplan „ein mächtiger Hebel zur Gestaltung der Zukunft. Mit seiner Modernisierung kann die Ampelkoalition jetzt Kurs nehmen auf Klimaneutralität statt Klimanotstand, Effizienz statt möglicher Fehlinvestitionen, Teilhabe statt Einschränkung und sozialen Frieden statt Baustellen-Protesten“, sagte Maier.
Schiene kommt im Vergleich zur Straße zu kurz
In einer von ihr vorgenommenen Analyse zählt die Agora Verkehrswende eine Reihe von ihr als Defizite ausgemachten Punkte im Bundesverkehrswegeplanung auf. Es fehle vor allem an einer „an politischen Zielen orientierten Strategie für die Entwicklung der Verkehrsnetze in Deutschland“, so die Denkfabrik. Unter anderem komme die Schiene im Vergleich zur Straße immer noch zu kurz und die Finanzierung zahlreicher Projekte sei nicht gewährleistet. Die Bewertungskriterien für die Vorhaben seien zudem zu wenig am Klima- und Umweltschutz orientiert. Auch würden „Alternativen zum Bau von Straßen nicht immer konsequent geprüft“, lautet ein weiterer Kritikpunkt. Bereits bestehende Umweltkriterien, etwa zur Versiegelung von Flächen und Beeinträchtigung von Schutzgebieten, würden oft nicht eingehalten.
Nach Einschätzung der Agora Verkehrswende sollten alle Vorhaben nach neuen Kriterien bewertet werden. Die Neubewertung sollte vor allem vier Grundsätzen folgen: Vereinbarkeit mit den Klimaschutzzielen, Vorrang von Schiene vor Straße, Vorrang von Erhalt vor Aus- und Neubau sowie die Pflicht zur Einbeziehung von Alternativen zur Straße.
Nur wenn Bauvorhaben diesen Kriterien genügen, sollten sie weiterverfolgt werden. Über die Neubewertung der aktuellen Vorhaben hinaus empfiehlt Agora Verkehrswende, zukünftige Bundesverkehrswegepläne auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen und in Richtung einer Bundesmobilitätsplanung weiterzuentwickeln.
Investitionsvolumen von 270 Milliarden Euro
Der aktuelle Bundesverkehrswegeplan 2030 enthält rund 1300 Bundesfernstraßenprojekte (davon mehr als 500 Ortsumfahrungen), 66 Schienenprojekte und 22 Wasserstraßen. Das Investitionsvolumen für diese Projekte beträgt nach den aktuellen Schätzungen insgesamt 270 Milliarden Euro und bestimmt den Bau der Infrastruktur des Bundes für die kommenden zehn bis 15 Jahre.
Eine Kurzfassung der Analyse „Bundesverkehrswege für eine klimaneutrale Mobilität planen“ von Agora Verkehrswende steht hier zum Download zur Verfügung. (tb)