Berlin. Der Bundesrat macht Front gegen die geplante Pkw-Maut. Die Länderkammer meldete am Freitag massive Zweifel an den Einnahmen und der Vereinbarkeit mit EU-Recht an und warnte vor negativen Folgen in Grenzregionen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) kritisierte, die Maut schaffe neue Bürokratie und löse das Problem fehlender Mittel für Verkehrs-Investitionen nicht. Bayern und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verteidigten dagegen die vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwürfe. Sie sind nach Plänen der Bundesregierung im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.
Die Länderkammer machte umfassende Kritik an Dobrindts Konzept deutlich. So bestehen „grundsätzliche Bedenken“, ob der geplante Maut-Ausgleich für Inländer über eine geringere Kfz-Steuer mit europäischem Recht vereinbar ist. Dieses untersagt Benachteiligung von Ausländern. Es bestehe die Gefahr, dass die Kompensation für deutsche Kfz-Halter auf EU-Ebene für rechtswidrig erklärt werde.
Die Länderkammer beanstandete zudem, dass wegen der Steuerreduzierung „keine nennenswerten Einnahmezuwächse“ für das Verkehrsnetz zu erkennen seien. Um Nachteile für Grenzregionen zu vermeiden, sollten auch Autobahnabschnitte bis zu 30 Kilometer ins Bundesgebiet hinein von der Mautpflicht auszunehmen sein. An den Stichprobenkontrollen über elektronische Nummernschild-Erfassung meldete der Bundesrat Datenschutzbedenken an. Für Inländer reiche der Zahlungseingang der Maut aus, so dass deren Daten gar nicht erhoben werden müssten.
Dobrindt bezeichnet Pkw-Maut als sinnvoll, fair und gerecht
Dobrindt bekräftigte dagegen, die Pkw-Maut sei sinnvoll, fair und gerecht. Der Systemwechsel zu einer stärkeren Nutzerfinanzierung sei „ein europäisches Projekt“. Einführen will er die Gebühr ab 2016 für Autobahnen und Bundesstraßen. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Nach Abzug der Systemkosten erwartet Dobrindt daraus 500 Millionen Euro pro Jahr für Investitionen ins Straßennetz.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nannte Dobrindts Pläne eine europarechtlich hochproblematische Sonderlösung für Ausländer. Hier werde eine „Pegida-Maut“ ins Spiel gebracht. Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) hob hervor, dass eine Zweckbindung der Mittel für den Verkehr vorgesehen sei. Er wandte sich dagegen, in einem „vorauseilenden Gehorsam gegenüber möglichen Bedenkenträgern in Brüssel schon wieder den Schwanz einzuziehen“.
In den nächsten Wochen befasst sich auch der Bundestag mit den Maut-Gesetzen. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sören Bartol sagte: „Die Bedenken des Bundesrats können wir nicht einfach so vom Tisch wischen.“ Er rechne mit harten Verhandlungen, deren Ergebnis er nicht absehen könne. Grünen-Chefin Simone Peter sagte: „Dieses Bürokratiemonster gehört in den Reißwolf und nicht in die weiteren Beratungen.“ (dpa)