Lauenburg/Berlin. Der umstrittene Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals liegt in wesentlichen Teilen auf Eis. „Die in dem Ausbauprojekt vorgesehene Verbreiterung und Vertiefung des Kanals (ab Schleuse Lauenburg) ist derzeit zurückgestellt“, teilte das Bundesverkehrsministerium der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit.
Der von der Wirtschaft seit langem geforderte Kanalausbau war 2016 überraschend in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans gelangt, neben dem Neubau von Schleusen und Brücken. Veranschlagte Gesamtkosten: 838 Millionen Euro. Die Wasserstraße bildet die einzige Verbindung zwischen einem Ostseehafen und dem mitteleuropäischen Binnenwasserstraßennetz. Aber: Schiffszahlen und Ladung sind in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesunken.
Beim Elbe-Lübeck-Kanal konzentriere sich die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) in einem ersten Schritt auf Projekte, die für Aufrechterhaltung und Verbesserung der Nutzung vorrangig seien, erklärte das Bundesministerium. Dabei handle es sich um den Ersatz der Schleuse Witzeeze, der dortigen Straßenbrücke und weiterer Kanalbrücken. Dazu zählt ebenfalls die Verbesserung des elbseitigen Kanalanschlusses bis zur Schleuse Lauenburg. „Diese Investitionsmaßnahmen weisen den größten Nutzen auf und werden unabhängig vom weiteren Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals geplant und umgesetzt“, sagte der Sprecher.
Kritik an der Vertiefung der Elbe
Der wirtschaftliche Nutzen von Verbreiterung und Vertiefung des Kanals ist schon lange umstritten. Der Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, hatte schon im Herbst 2017 gefordert, das Vorhaben auf den Prüfstand zu stellen. Die Prognosen für mehr Güterverkehr nach einem Ausbau seien Luftschlösser, sagte damals der Lauenburger Bundestagsabgeordnete. Der Kanalausbau sei ein reines Prestigeprojekt, das prognostizierte Kosten-Nutzen-Verhältnis rechtfertige den Ausbau nicht.
Die jüngsten Zahlen bestätigen die Skeptiker. So passierten die Schleuse Lauenburg im vergangenen Jahr 1086 Schiffe – seit 1965 waren es nur einmal (2016) weniger. Die gesamte Ladung war mit 505 300 Tonnen die geringste seit 1965. Damals wurden an der Schleuse mehr als 20.000 Güterschiffe mit einer Gesamtladung von 2,7 Millionen Tonnen gezählt. „Die jüngsten Zahlen zeigen deutlich die völlig überdimensionierte Fehlplanung auf“, schrieb von Notz in einer Mitteilung zu den jüngsten Jahreszahlen. „Während auf der einen Seite noch nie so wenig Schiffe wie im letzten Jahr seit Beginn der Zählung im Elbe-Lübeck-Kanal erfasst worden sind, steht die Sanierung mit hunderten Millionen von Euro weiterhin im Bundesverkehrswegeplan.“
Die Kosten des Projektes
Auch wenn Verbreitung und Vertiefung momentan nicht verfolgt werden, sind die Kosten auch für die konkret geplanten Vorhaben beträchtlich. Für die Schleuse und die Straßenbrücke Witzeeze gab das Ministerium Investitionsausgaben von etwa 112 Millionen Euro an. Gebaut werden solle von 2027 bis 2035. Für den Streckenabschnitt Elbe bis Schleuse Lauenburg seien rund 15 Millionen Euro veranschlagt. Die Bauzeit: 2027-2030. Etwa 60 Millionen Euro wurden für den Ersatz der Kanalbrücken eingeplant. Bereits fertig sind Brücken in Dalldorf, Krummesse, Horsterdamm und Büssau. Später sollen die Donnerschleuse sowie die Schleusen Behlendorf, Berkenthin, Krummesse und Büssau durch Neubauten ersetzt werden.
Im November 2018 hatte der Bund angekündigt, für den Kanalausbau 15 weitere Stellen bereitzustellen. „Künftig werden insgesamt 35 Fachkräfte an den Planungen für den Ausbau des Kanals arbeiten“, sagte damals der Lauenburger CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Brackmann, heute Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft.
Und wie geht es nun weiter? „Im Rahmen der anstehenden Bedarfsplanüberprüfung zum Bundesverkehrswegeplan wird eine Anpassung dieses Ausbauprojekts geprüft werden“, gab das Verkehrsministerium an. Das Ganze könnte also auch dauerhaft um einiges kleiner ausfallen als zunächst geplant. (dpa/ja)