Im Streit über Brexit-Regeln für die britische Provinz Nordirland hat die EU-Kommission vier neue Verfahren gegen die Regierung in London eingeleitet. Die Brüsseler Behörde warf dem Vereinigten Königreich am Freitag, 22. Juli, vor, gegen wesentliche Teile des sogenannten Nordirland-Protokolls zu verstoßen.
Im Geiste der konstruktiven Zusammenarbeit habe man mehr als ein Jahr von bestimmten Vertragsverletzungsverfahren abgesehen, teilte die EU-Behörde mit. „Die mangelnde Bereitschaft des Vereinigten Königreichs, sich auf eine sinnvolle Diskussion einzulassen, und das fortgeschrittene Verfahren zur Verabschiedung des Nordirland-Protokoll-Gesetzes durch das britische Parlament laufen diesem Geist jedoch direkt zuwider“, hieß es aus Brüssel weiter. Konkret gehe es bei den Vorwürfen darum, dass etwa geltende Zollvorschriften nicht eingehalten und bestimmte EU-Vorschriften nicht umgesetzt würden. Großbritannien hat nun zwei Monate Zeit, um zu reagieren.
Gesetzentwurf zum Nordirland-Protokoll
Der Streit zwischen der EU und Großbritannien über die Umsetzung der Brexit-Regeln dauert schon lange an. Zuletzt hatte die EU-Kommission im Juni zwei neue Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und ein weiteres wieder aufgenommen.
Grund für die neuen Verfahren ist unter anderem, dass am Mittwoch das britische Unterhaus einen umstrittenen Gesetzentwurf zum Nordirland-Protokoll in dritter Lesung angenommen hatte. Mit dem geplanten Gesetz sollen die Brexit-Vereinbarungen zur britischen Provinz einseitig von London außer Kraft gesetzt werden können.
Die Regierung in London will mit dem Gesetzesvorhaben erzwingen, dass Brüssel die 2019 im Rahmen des Brexit-Vertrags geschlossene Vereinbarung über den Sonderstatus für Nordirland wieder aufmacht. Die EU-Kommission schließt das strikt aus und will stattdessen über Lösungen im Rahmen der bestehenden Vereinbarung verhandeln. (tb/dpa)