Stuttgart/Göteborg. Mit einem straffen Zeitplan will das junge Joint-Venture Cellcentric den Brennstoffzellenmarkt erobern. Heute haben die beiden Chefs der Muttergesellschaften, Martin Daum (Vorstandsvorsitzener Daimler Truck AG) und Martin Lundstedt (CEO Volvo Group), in einer Online-Konferenz den Zeitplan konkretisiert und gleichzeitig die Politik zum Mitwirken aufgerufen.
Gigafactory für Produktion
Ein elementarer Baustein des Unternehmens ist eine geplante "Gigafactory", in der die gemeinsam entwickelten Brennstoffzellen schließlich produziert werden. Wo das Werk gebaut wird, soll im kommenden Jahr bekanntgegeben werden, ein Produktionsstart ist laut Daum und Lundstedt für 2025 geplant. Aktuell bereitet Cellcentric an einem neuen Standort in Esslingen bei Stuttgart eine Vorserienproduktion vor. Das Unternehmen besteht den Angaben in einer gemeinsamen Pressemitteilung zufolge mittlerweile aus rund 300 Mitarbeitern, die in Nabern, Stuttgart und Burnaby in Kanada arbeiten.
Forderungen an Infrastruktur
Zugleich nahmen Daum und Lundstedt aber auch die Politik in die Pflicht, der Brennstoffzelle den Weg so leicht wie möglich zu machen. "Die größten Probleme", so Daum, seien "die Schaffung der Tankinfrastruktur und die Bezahlbarkeit der Brennstoffzelle." Während sich letzterer Punkt im Rahmen einer Großproduktion wohl beheben lasse, könne Cellcentric nicht die Infrastruktur beeinflussen. Denn eigene Tankstellen will das Joint-Venture nicht bauen. Es sei deshalb auch an der Politik, den Aufbau von Tankstellen möglich zu machen und wo es geht zu unterstützen. Konkret fordern die großen Lkw-Hersteller Europas, dass bis 2025 rund 300 Wasserstofftankstellen zur Verfügung stehen; das Netz soll in Folge bis 2030 auf etwa 1000 Standorte wachsen.
Welcher Wasserstoff?
Ein weiterer Punkt auf der Agenda war die Frage, welchen Wasserstoff Cellcentric präferiert. Denn, es gibt, ähnlich wie bei Erdgas, die Möglichkeit den Wasserstoff stark abzukühlen und ihn so zu verflüssigen. Vorteil: Mit einer Tankladung lässt sich so ein Vielfaches an Energie transportieren. Diese Variante wird von Cellcentric bevorzugt, erklärt Daum, auch hinsichtlich der Tatsache, dass Europa grünen Wasserstoff höchstwahrscheinlich importieren müsse und dann kaum ein Weg an einem flüssigen Transport vorbeigehe. Der Vorstandsvorsitzende der Daimler Truck AG betonte, dass die Brennstoffzelle, die bei Cellcentric entwickelt wird, prinzipiell sowohl mit flüssigem, als auch mit gasförmigem Wasserstoff arbeiten könne. Andere Hersteller bezweifeln offen, dass der Umgang mit flüssigem Wasserstoff so schnell beherrschbar sein wird und setzen deshalb auf gasförmigen Wasserstoff mit höherem Druck.
Sicher scheint jedoch zu sein, dass alle Unternehmen, die sich dem Brennstoffzellengeschäft widmen, vorerst nur selten auf grünen Wasserstoff stoßen werden. Denn es gibt schlicht zu wenig davon. Deshalb sprachen sich auch Daum und Lundstedt gemeinsam dafür aus, die Anfänge mit blauem oder grauem Wasserstoff zu bestreiten. Diesen Weg hatte auch kürzlich die Wirtschaftsweise Prof. Veronika Grimm angeregt.
Trotz Cellcentric betonten Volvo und Daimler abermals, dass sie Konkurrenten sind und bleiben wollen. Das Joint-Venture soll sich nur mit der Brennstoffzelle beschäftigen; die Entwicklung der Lkw bleibt Sache der Muttergesellschaften. (ff)