Potsdam. Überfüllte Rastplätze, von Lastwagen zugeparkte Auf- und Abfahrten - für Eberhard Tief kein seltenes Bild, wenn er abends auf Brandenburgs Autobahnen unterwegs ist. „Das passiert nicht tagsüber, aber nach 22.00 Uhr sieht man so etwas häufiger”, sagt der Geschäftsführer des Landesverbands des Berliner und Brandenburger Verkehrsgewerbes (LBBV). Für Fernfahrer werde es immer schwieriger, die Ruhezeiten einzuhalten. Bei ihnen stehe die Parkplatznot einer Umfrage zufolge „ganz, ganz weit oben, noch vor dem Gehalt”.
Nach Angaben des Brandenburger Verkehrsministeriums gibt es auf den 108 Rastanlagen an den märkischen Autobahnen rund 2800 Lkw-Stellplätze. Weitere 1000 Parkmöglichkeiten befinden sich an den acht privaten Autohöfen. Laut Tief zu wenig. „Es werden locker weitere 1000 bis 1500 Plätze benötigt”. Abhilfe könnte ein elektronisches Parkleitsystem schaffen, um die Parkenden besser zu verteilen. Während in anderen Bundesländern solche Systeme erprobt werden, habe er in Brandenburg wenig davon gehört.
330 neue Stellplätze „in den nächsten Jahren”
Wie aus der Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion hervorgeht, sollen mit dem Ausbau der Autobahnen A 10 Nord- und Südring sowie A 24 „in den nächsten Jahren” zusätzlich 330 Lkw-Stellplätze entstehen. Darüber hinaus seien ein Neubau sowie sechs Erweiterungen von Tank- und Rastanlagen mit Plätzen für den Lastverkehr entlang der Autobahnen A 2, A 10, A 13 und A 24 geplant. Wie die Planungsgesellschaft Deges auf Anfrage mitteilte, sollen dabei 700 Lkw-Parkplätze geschaffen werden. Baubeginn sei nicht vor 2022/2023.
Nach der 2014 erstellten Rastanlagenkonzeption des Bundes, die im kommenden Jahr aktualisiert werden soll, gibt es in Brandenburg bis 2025 einen Bedarf von rund 1400 Brummi-Stellplätzen. Nur rund 260 sind in den vergangenen vier Jahren gebaut worden, vorwiegend an sogenannten PWC - unbewirtschafteten Rastanlagen mit WC.
Verdopplung des Lkw-Verkehrs in den kommenden Jahren
Schon lange fordert der Automobilclub ADAC eine Anpassung der Güterverkehrsplanung an die tatsächliche Lage. „Wir müssen im Transitland Brandenburg in den kommenden Jahren mindestens mit einer Verdoppelung des Lkw-Verkehrs rechnen”, prognostiziert der Abteilungsleiter Verkehr beim ADAC Berlin-Brandenburg, Jörg Becker.
Durch die auch auf Bundesstraßen erhobene Lkw-Maut werde sich das Verkehrsaufkommen auf den Autobahnen zusätzlich erhöhen.
Einen weiteren Anstieg des Lkw-Verkehrs sieht LBBV-Geschäftsführer Tief auch in der wachsenden Güterbeförderung durch ausländische Fahrzeuge. Nach EU-Plänen müsse künftig mit vermehrten Fahrten gerechnet werden, was eine „durchschlagende Wirkung” für Brandenburg habe. Gebietsfremde Fahrzeuge könnten am Montagvormittag über die Grenze kommen und im Inland fünf Tage lang Transporte ausführen. „Die bedauernswerten Fahrer müssen dann Nacht für Nacht auf unseren Rastplätzen zubringen.”
Nach Angaben des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) gibt es vor allen an den PWC zu wenig Stellplätze. Bei einem Fachgespräch zum Güterverkehr im Brandenburger Landtag im Dezember 2017 räumte Behördenchef Andreas Marquardt ein, das der Bund bislang immer „dem Verkehr hinterhergebaut” hat.
Private Autohöfe als Alternative
Abhilfe könnten nach Ansicht Marquardts die privaten Autohöfe entlang der Autobahnen schaffen. Die Vereinigung deutscher Autohöfe (VEDA) habe immer wieder einen Ausbau des Parkplatzangebots angeboten. Die VEDA werde aber von der Autobahn Tank und Rast GmbH, die Tankstellen und Rastplätze verpachtet, als Konkurrenz angesehen.
VEDA-Geschäftsführer Herbert Quabach zeigt sich offen für Gespräche mit Brandenburg. Mit Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen gebe es bereits Vereinbarungen, wonach die Autohöfe zusätzliche Stellplätze anbieten. Nach einer Studie seines Verbands fehlen mindestens 31.000 Lkw-Parkplätze entlang der deutschen Autobahnen.
Auch der ADAC sieht große Potentiale bei den Autohöfen. „Brandenburg sollte beim Bund initiativ werden”, rät ADAC-Abteilungsleiter Becker. „Damit könnte das Land schneller aus dem Dilemma kommen.” (dpa)