Berlin. Der Bundesverband Paket- und Expresslogistik (BIEK) hat am Dienstag die zu Jahresbeginn in Kraft getretene Erhöhung des Briefportos von 62 auf 70 Cent als „Schurkenstreich“ bezeichnet und erneut fairere Wettbewerbsbedingungen im Postmarkt sowie im Kurier-, Express- und Paketsegment (KEP) gefordert. Die Bundesregierung solle für eine Änderung der europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie einsetzen, die eine Umsatzsteuerpflicht für alle Paketdienste zur Folge haben müsse – auch für die Deutsche Post, betonte der BIEK-Vorsitzende Florian Gerster in Berlin.
Er stützte sich auf ein neues Gutachten von Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Darin kommt der Experte zu dem Schluss, die Befreiung der Deutschen Post von der Umsatzsteuer bei der Brief- und Paketzustellung benachteilige deren Wettbewerber gravierend. Die derzeitige Entgeltregulierung durch die Bundesnetzagentur erlaube es dem ehemaligen Staatsunternehmen, gerade im Briefsegment hohe und durch wiederholte Portoerhöhungen weiter zunehmende Gewinne zu erwirtschaften, sagte er bei der Vorstellung des Papiers im Auftrag des BIEK. Dies ermögliche dem Konzern "eine strategische Quersubventionierung des wettbewerbsintensiven Paketbereichs".
Gerster forderte die Bundesregierung deshalb auf, eine klare und transparente Kostenzuordnung und eine getrennte Ausweisung der beiden Geschäftsbereiche Paket und Brief der Deutsche Post in geeigneter Weise durchzusetzen. Die Vermischung der beiden Segmente erlaubt die Quersubventionierung vom profitablen Briefgeschäft zum Paketgeschäft, mit der Folge eines gnadenlosen Preiswettbewerbs im Paketmarkt. Er verlangte außerdem die im April beschlossene Änderung der Postentgeltregulierungsverordnung, mithilfe derer die Deutsche Post „auf dem Rücken der Verbraucher die Briefportopreise nahezu nach Belieben ausgestalten kann“, zurückzunehmen.
Bundesregierung soll ihre Anteile verkaufen
Die Deutsche Post werde vom Staat „gehätschelt“, kritisierte Gerster am Dienstag im Zusammenhang mit dem Gutachten namens „Unfairer Wettbewerb im Postmarkt – Deutsche Post AG/DHL: Quersubventionierung in den Paketmarkt, Marktbeherrschung und unzureichende Regulierung“. Er vermisse in der Politik ordnungspolitische Grundüberzeugungen. In diesem Zusammenhang legte der BIEK-Vorsitzende der Bundesregierung daher nahe, ihre Anteile an dem Konzern zu veräußern, um den aktuellen Interessenkonflikt – „Regulierer einerseits, Dividendenempfänger andererseits“ – zu beenden.
Zu Spekulationen, der Onlinehändler Amazon werde ein eigenes bundesweites Zustellnetz aufbauen, meinte Gerster, er halte dies für „sehr unwahrscheinlich“. Der KEP-Markt werde nicht aufgerollt. (jök/ag)