Bericht aus Berlin

Bericht aus Berlin Länder-Wunschkonzert Der Umweltverband BUND hat sich die Anmeldelisten der Länder für den Bundesverkehrswegeplan angesehen. Zu viel Neubau und zu wenig Ausbau, lautet die Kritik. Das Bundesverkehrsministerium hat gelassen auf die Kritik des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) reagiert, die Anmeldungen zum neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) entsprächen weitgehend nicht den Umweltanforderungen. Es liege in der Natur der Sache, dass er „überzeichnet“ sei und nicht alle Länderwünsche erfüllt werden könnten, erklärte das Ministerium auf Anfrage. Es gebe so gut wie keinen Landstrich mehr, der nicht durch Straßen zerschnitten sei, kritisierte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Trotzdem planten die Länder immer neue Autobahnen. 1600 Bauprojekte bundesweit Nach der Untersuchung des BUND setzen die Verkehrsexperten in den Ländern vor allem auf den Neubau und nicht auf den Ausbau vorhandener Straßen und Autobahnen. Analysiert wurden die angemeldeten Projekte für den Bundesverkehrswegeplan 2015 bis 2030, bundesweit rund 1600 Straßenbauprojekte. Die vom Bundesverkehrsministerium geforderte Prüfung von Alternativen sowie Natur- und Umweltschutzvorgaben seien in den meisten Fällen schlicht ignoriert worden, monierte Weiger bei der Vorstellung des Papiers. Er forderte Ressortchef Alexander Dobrindt (CSU) auf, die mangelhaften Projektanmeldungen zurückzuweisen. Die wenigsten hätten kostengünstige und umweltgerechte Alternativen geprüft. Auch der Ausbau von Schiene und Wasserstraßen sei weitgehend ausgeblendet worden. Stattdessen hielten viele Länder an milliardenteuren Neubauprojekten fest. Beispielhaft nannte Weiger die Autobahn A 20 in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die zur Verlagerung des Güterverkehrs vom Schiff auf die Straße führe, was gerade nicht gewollt sei. Als besonders realitätsfern bezeichnete der BUND-Vorsitzende die von Bayern eingereichte Wunschliste. „Die Umsetzung der rund 400 vom Freistaat angemeldeten Straßenbauvorhaben würde circa 160 Jahre dauern und etwa 17 Milliarden Euro kosten“. Dieser Kritik schloss sich auch Weigers Landsmann, der in Nürnberg lebende Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Martin Burkert (SPD), an (siehe Seite 18). Das Bundesverkehrsministerium verwies darauf, dass der BVWP kein Finanzplan, sondern die Blaupause für den koordinierten Ausbau der Bundesverkehrswege sei. „Schwerpunkt des neuen BVWP wird die Engpassbeseitigung auf den besonders belasteten Hauptachsen sein“, stellte Ressortsprecherin Vera Moosmayer klar. Alternativen in Betracht ziehen Die meisten Länder haben es nach Ansicht des BUND versäumt, auch Vorgaben zum „Erhalt unzerschnittener Landschaften“ zu berücksichtigen. So werde beispielsweise am vierspurigen Neubau der Autobahn A 14 nördlich von Magdeburg festgehalten. Der Umweltverband hat stattdessen den Ausbau der nahezu parallel verlaufenden Bundesstraße B 189 vorgeschlagen. Bei ihrer Untersuchung haben die Umweltschützer die Straßenplanungen der Länder unter anderem auf die Kriterien Öffentlichkeitsbeteiligung und Prüfung von Alternativen analysiert. Als positiv bezeichnete Weiger die Entwicklung etwa in Mecklenburg-Vorpommern. Dort legte die Landesregierung im Juni vergangenen Jahres eine vorläufige Liste mit 59 Projekten für den BVWP vor. Dann konnten sich die Bürger dazu äußern. Nach mehr als 1400 Einwendungen meldete Schwerin schließlich nur 29 Projekte nach Berlin. Nach Ansicht des BUND-Verkehrsexperten Werner Reh sollten Länder offen für Alternativen sein: „Dass Bürgerbeteiligung wertvoll ist, belegt das Beispiel Niedersachsen, wo statt eines Ausbaus der Autobahn A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg bereits die Alternative einer parallelen Bundesstraße geplant wird.“ ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in Berlin Anmeldungen der Länder Bundesland Anzahl angemeldeter Projekte Baden-Württemberg 158 Bayern 398 Berlin 3 Brandenburg 74 Bremen 5 Hamburg 3 Hessen 190 Mecklenburg-Vorpommern 29 Niedersachsen 230 NRW 278 Rheinland-Pfalz 80 Saarland 9* Sachsen 78 Sachsen-Anhalt 80 Schleswig-Holstein 21 Thüringen 90 *vorläufige Liste Quelle: BUND-Analyse der Bundesländer für den BVWP 2015

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