Aus der und für die Praxis

Beim Thema Ladungssicherung hat man nicht selten das Gefühl, es wurde bereits alles gesagt, aber noch nicht von jedem. Die Praxis lehrt aber auch, dass sich weder Verlader noch Fahrer stets ihrer Verantwortung bewusst sind. Nicht zu vergessen erfordern sich ändernde Regelwerke sowie neueste Erkenntnisse eine stete Weiterentwicklung. Man muss also stets auf dem Laufenden bleiben - was sich auch beim Praxistag wieder einmal zeigte. Rechtliche Konsequenzen Ladungssicherung und Frachtrecht hängen eng zusammen. Das verdeutlichte einmal mehr Andreas Huber, Jurist der Kravag Versicherung. Huber machte klar, dass grundsätzlich der Absender in der Pflicht ist, das Ladegut beförderungssicher zu laden, zu stauen und zu befestigen. In der Praxis wird diese Pflicht gerne an den Fahrer delegiert, der aber "nur" für die betriebssichere Verladung zu sorgen hat und damit nur ein Teil der Haftungskette ist. Der Frachtführer wiederum hat keine Verpflichtung, die Beförderungssicherheit des Guts zu kontrollieren. "Trotzdem würde ich jedem Frachtführer raten", so Huber, "den Absender der Ware nicht ins 'offene Messer' einer beförderungsunsicheren Verladung laufen zu lassen." Denn es gäbe, so der Rechtsfachmann, bereits Urteile (zum Beispiel vom Oberlandesgericht Hamm), die in einem solchen Fall dem Frachtführer wohl eine Mitverantwortung anlasten. In gleichem Maße rät Huber dem Absender zu einer ordnungsgemäßen Verladung. Denn Verlademängel des Absenders führen zur vollständigen - mindestens aber zur teilweisen - Befreiung des Frachtführers von seiner Haftung für Güter- und Verspätungsschäden. Ein heikles Thema in der Praxis sind oft die Rechtsfolgen betriebsunsicherer Verladung, insbesondere das Abwälzen von Verantwortung auf den Fahrer. Grundsätzlich darf der Frachtführer die Beförderung nicht beginnen oder fortsetzen, wenn erkennbar ist, dass der Lastwagen wahrscheinlich betriebsunsicher verladen ist. Verweigert also der Fahrer aus nachvollziehbaren Gründen den Antritt der Fahrt, handelt er vollkommen rechtens. "Ich kann jedem Fahrer nur raten", so Huber, "den Kopf hoch zu nehmen und den Fahrtantritt zu verweigern." Ansonsten apelliert Huber an die am Transport Beteiligten, klare Absprachen zu treffen. "Viele offene Fragen beantwortet unser Handbuch, das Nutzer kostenfrei unter www.ladungssicherungshandbuch.de downloaden können." Die textile Zurrkette Dass man bei der Ladungssicherung durchaus noch neue Ideen haben kann, zeigte Uwe Schöbel von Dolezych. Hört der Nutzer von einer Zurrkette, denkt er üblicherweise an ein schweres Stahl-Trumm, das zwar viel aushält, aber ebenso schwer in der Handhabung ist. Mit einer textilen Zurrkette geht Dolezych einen neuen Weg. Zum Einsatz kommt dabei ein hoch reißfester Kunststoff namens Dyneema, der eine um den Faktor 16 höhere Reißfestigkeit als Stahl aufweist. Während Stahl der Güteklasse 12 mit einem Zugfestigkeitswert von 1200 N/mm2 aufwartet, realisiert die Dyneema-Faser bis zu 4000 N/mm2 . Die neue, textile Zurrkette heißt Power-Lash und lässt sich ob ihres niedrigen Gewichts (85 Prozent leichter als Stahl) viel besser handhaben. Dazu bietet sie in Kombination mit gängigen Hakensystemen ein deutlich breiteres Anwendungsspektrum als eine Stahlkette. Als weitere Novität präsentierte Uwe Schöbel den Teleskop-Ratschenspanner von Dolezych. Statt wie bisher in einem Außenrohr zwei gegenläufige Gewindestangen zum Spannen zu nutzen, positioniert Dolezych jetzt die beiden Spannelemente ineinander und umschließt mit einem außen liegenden Spannrohr. Dadurch ist der Teleskopspanner nur etwa halb so lang wie bisher bekannte konventionelle Spannelemente, bietet aber dennoch bis zu 100 Prozent mehr Spannweg bei niedrigerem Gewicht. Eine innovative Idee, Fahrzeuge künftig auch auf Standard-Sattelcurtainsidern transportieren zu können, zeigte Markus Otremba, Ladungssicherungsexperte von TÜV SÜD. Dabei geht es um die sichere Verzurrung von bis zu drei Pkw, SUV beziehungsweise Transportern, ohne dass die nötigen Einbauten dem grundsätzlichen Transportzweck des Curtainsiders abträglich sind - der lässt sich einfach wieder auf normale Transportaufgaben zurückrüsten. Eine neue Größe: der GRW-Beiwert Hersteller der speziellen Technik ist FGS aus Hohenfels, die dafür nötigen Zurreinrichtungen sowie eine Doppelstockeinrichtung für den Transport des dritten Fahrzeugs lassen sich aber grundsätzlich in jeden Schiebegardinenauflieger einbauen. Basiselement ist ein geprägtes Fahrbahnblech, das FGS einbaut, um eine sichere Verzurrung zu gewährleisten. Otremba hat im Rahmen seiner Fahrversuche und der daraus resultierenden Berechnungen sogar einen neuen Begriff kreiert: den Gleit-Reib-Widerstandsbeiwert, kurz GRW-Beiwert. Der GRW beschreibt den Widerstand zwischen einem Reifen und besagtem Fahrbahnblech. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Gleitreibung und mechanischer Verzahnung zwischen Reifen und Fahrbahnprägung. Weil das Verfahren neu ist, können noch keine Bilder veröffentlicht werden. Die VR berichtet aber demnächst. Aktuell baut Krone einen Sattelcurtainsider auf, dem das Test & Technik-Ressort der VR dann einen Bericht widmen wird. Ein gutes Beispiel, dass der Praxistag Ladungssicherung stets für Innovationen gut ist. Mehr zum Thema im Dossier Ladungssicherung www.verkehrsrundschau.de/dossiers Geeignetes Fahrzeug, universelle Sicherung So wird Ladungssicherung einfach und trotzdem universellEiner der Hauptgrundsätze vernünftiger Ladungssicherung ist die Verwendung eines geeigneten Fahrzeugs. Selbst ein Standard-Schiebgardinenauflieger lässt sich mit relativ wenig Aufwand an unterschiedliche Ladungsarten anpassen, wie Krone-Spezialist Harald Schäfer beim Praxistag Ladungssicherung zeigte. Da der Formschluss meist mit zusätzlichen Einbauten verbunden ist, etwa Palettenanschlagkanten, Multi-Block-Sperrbalken oder Multi-Wall-Trennwänden, die nicht alle Nutzer wollen, empfiehlt Schäfer in jedem Fall Code XL-Aufbauten. Er weist aber darauf hin, dass deren LaSi-konforme Nutzung dem stets mitgelieferten Gutachten entsprechen muss:"Wer von diesen Vorgaben abweicht, kommt um zusätzliche Sicherung nicht umhin." Dafür eignet sich dann der Multi-Lock-Außenrahmen, zu dem Schäfer rät. Er bietet dem Fahrer alle 100 mm Zurrlöcher mit je 2000 daN Zurrkraft. Als sinnvolle Ergänzung für möglichst variable Sicherung rät Schäfer zum Multi-Belt-System. Durch eine Kombination aus flexiblen wie auch fest angeschlagenen Zurrmöglichkeiten in Verbindung mit diversen Hakenformen hat der Fahrer alle Möglichkeiten, nahezu jedes Ladegut zu sichern. gg Richtiges Verhalten in der Kontrolle Die Kontrolle folgt keiner NormBeim Praxistag Ladungssicherung referierte Robert Noll, Kontrolleur im Straßenkontrolldienst des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG), über das richtige Verhalten in der Kontrolle:"Da es keine Norm gibt, wie eine Kontrolle auszusehen hat", so Noll, "verläuft jede Kontrolle anders." In jedem Fall rät Noll zur Besonnenheit."Aufmüpfigkeit ist keine gute Idee", konstatiert er - und weist darauf hin, dass dies leider immer noch viele Fahrer nicht verinnerlicht haben. Zudem gibt er den wohlgemeinten Rat, es ernst zu nehmen mit der Sicherung - denn 20 Prozent aller Lkw-Unfälle resultieren aus falscher oder ganz unterbliebener Sicherung."Als Kontrollbeamter ist man ohnehin geneigt, auf Repressalien zu verzichten, wenn der Fahrer erkennbar bemüht war seine Ladung zu sichern." Noll meint damit aber nicht irgendwelche Gurte, die man Alibi-mäßig über die Palette gelegt hat, sondern echte Bemühungen um eine sinnvolle Sicherung samt Berechnung. In jedem Fall rät er zu einer "kooperativen Mitwirkung des Fahrpersonals", wie er es formuliert. Wer Fehler noch vor Ort abstellen kann, fährt in der Regel ohne Bußgeld weiter. Die Tipps des BAG-Kontrolleurs hören sich an wie Allgemeinplätze, werden aber oft nicht beherzigt: Nutzung von Antirutschmatten, Entsorgung ablegereifer Zurrmittel und Nutzung von Formschluss - wo möglich. gg

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