London. Amazon-Präsident Jeff Bezos hat die Leistungen der britischen Post Royal Mail bei der Auslieferung von Amazon-Bestellungen scharf kritisiert. Der britische Staatsbetrieb sei nicht mehr in der Lage, während Stoßzeiten auch nur die Hälfte der Aufträge von Amazon auszuliefern, soll Bezos laut der britischen Zeitung "The Telegraph" auf einer Konferenz in Kalifornien gesagt haben. Diese fehlenden Kapazitäten hätten Amazon gleichsam dazu gezwungen, die Auslieferung seiner stetig ansteigenden Bestellungen selbst in die Hand zu nehmen.
„Wir müssen unbedingt immer liefern können, auch zu Stoßzeiten”, wird Bezos von „The Telegraph” zitiert. Royal Mail habe das aber nicht mehr leisten können. Besonders deutlich sei das zu Zeiten mit hohen Bestellzahlen wie der Weihnachtszeit geworden. Der Aufbau einer eigenen Auslieferungsflotte von Amazon in Großbritannien sei deshalb aus der Not geboren. Es sei keinesfalls geplant gewesen, sich als Konkurrent zu Royal Mail oder anderen Lieferdiensten wie UPS etablieren zu wollen, so der Amazon-Boss.
Royal Mail weist Anschuldigungen zurück
Royal Mail wies die Anschuldigungen zurück. Das Unternehmen sei jederzeit fähig, alle Bestellungen von Amazon auszuliefern. Royal Mail hatte im Mai einen Gewinneinbruch von gut einem Drittel für 2015 im Vergleich zum Vorjahr vermeldet. Verantwortlich dafür sei unter anderem die neue Konkurrenz bei der Paketauslieferung durch die Amazon-Auslieferflotte, hieß es damals. Gewerkschaftsvertreter von Royal Mail kritisieren, dass Amazon mit seinem Service nach dem Prinzip des Rosinenpickens vorgehe und die eigene Lieferflotte nur in Großstädten und Ballungszentren einsetze. Das wenig erträgliche Geschäft auf dem Land überließe Amazon weiter Partnern wie Royal Mail.
Royal Mail ist der offizielle Postdienstleister in Großbritannien und betreibt nach eigenen Angaben eins der größten Paketzustellungs-Netze in Europa. Laut einer Unternehmenssprecherin sei der britische Markt für Paketauslieferungen zurzeit sehr umkämpft und weise die höchste Wettbewerbsdichte in Europa auf. 16 große Unternehmen würden miteinander konkurrieren. Dadurch entstünden auch viel Überkapazitäten, zitiert „The Telegraph” die Sprecherin. (kw)