Schleswig. Derjenige, der zum Überholen ansetzt, muss sich vergewissern, dass er den entgegenkommenden Verkehr nicht gefährdet. Dabei muss er auch mit einer Überreaktion des Entgegenkommenden rechnen, erklärt das Oberlandesgericht Schleswig.
Die Klägerin fuhr auf einer Bundesstraße, wo ihr der Beklagte mit seinem Pkw entgegenkam, als er mehrere Fahrzeuge überholte. Er habe die Klägerin zwar in einer von ihm geschätzten Entfernung von 800 bis 1000 Meter gesehen, hatte aber gedacht, dass er die beiden vor ihm in einer Kolonne fahrenden Fahrzeuge überholen könnte. Als sich die Fahrzeuge näher kamen, betätigte die Klägerin die Lichthupe und wich schließlich nach rechts aus. Dabei verlor sie die Kontrolle über ihr Fahrzeug, sie wurde schwer verletzt, der Pkw beschädigt.
Der Beklagte haftet hier allein für den Unfall. Er hätte so überholen müssen, dass er vor dem Herannahen des Gegenverkehrs wieder nach rechts einscheren konnte. Reagiert ein entgegenkommender Fahrer zu früh und leitet ein Ausweichmanöver ein, das nicht erforderlich war, ist dieses dem Überholenden dennoch zuzurechnen, und zwar auch dann, wenn es zu einer unmittelbaren Kollision mit dem Überholenden gar nicht gekommen ist. (ctw)
Urteil vom 24.03.2017
Aktenzeichen: 7 U 73/16