Erfurt. Fährt ein Lastwagenfahrer unter Einfluss von Drogen, kann das laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts Grund für eine fristlose Kündigung sein. Ob seine Fahruntüchtigkeit konkret beeinträchtigt ist und deshalb eine erhöhte Gefahr im Straßenverkehr besteht, sei dabei unerheblich, entschieden die höchsten deutschen Arbeitsrichter am Donnerstag. Das Urteil könnte sich auch auf andere Arbeitnehmer auswirken - vor allem, wenn von deren Tätigkeit Gefahr für andere ausgehen kann.
Mit dem Pkw in die Polizeikontrolle
Im konkreten Fall hatte der Beschäftigte einer Firma in Bayern am Wochenende Crystal Meth konsumiert und sich dann zwei Tage später wieder ans Steuer eines Lastwagens gesetzt. Am Tag darauf war er mit seinem Privatauto in eine Polizeikontrolle geraten - der Drogentest fiel positiv aus. Daraufhin hatte ihm sein Arbeitgeber fristlos gekündigt. Der Betroffene zog dagegen vor Gericht.
In den ersten beiden Instanzen hatte seine Klage Erfolg. So erkannte das Landesarbeitsgericht Nürnberg zwar, dass der Mann durch die Fahrten unter Drogen gegen seine Pflichten als Arbeitnehmer verstoßen habe. Dass ihm deswegen fristlos gekündigt wurde, sahen die Richter aber als unverhältnismäßig an. „Es liegen keine Umstände vor, die den Schluss zulassen, der Kläger sei an den genannten Tagen gefahren, obwohl er fahruntüchtig gewesen sei“, hieß es in dem Urteil.
Das sahen die Erfurter Richter nun anders. Das Gericht habe bei der Interessenabwägung die Gefahren, die sich aus der Einnahme von Amphetamin und Methamphetamin typischerweise für einen Berufskraftfahrer ergeben, nicht hinreichend gewürdigt, erklärte der 6. Senat in einer Mitteilung.
Die Entscheidung habe Auswirkungen über den Einzelfall hinaus, sagte der Hannoveraner Anwalt für Arbeitsrecht, Christopher Hilgenstock. Denn das Gefährdungspotenzial von Drogen wie Crystal Meth oder Kokain erstrecke sich prinzipiell auf alle anderen Arbeitnehmer, die bei Beeinträchtigung ihrer Sinne eine Gefahr für Kollegen oder Mitmenschen darstellten. „Ein kurzer Blackout kann dramatische Folgen haben. Das muss für Ärzte oder Fabrikmitarbeiter genauso gelten wie für Kraftfahrer.“ (dpa)
Urteil vom 20.10.2016
Aktenzeichen: 6 AZR 471/15