Kommt es auf der Autobahn nach einem Spurwechsel zu einem Auffahrunfall, trifft den Auffahrenden nicht automatisch die alleinige Schuld. Der sogenannte Anscheinsbeweis zulasten des Auffahrenden („Wer auffährt, hat Schuld“) gilt dann nicht, wenn zwar feststeht, dass vor dem Unfall ein Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs stattgefunden hat, der Sachverhalt aber im Übrigen unklar ist. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH).
In dem zugrundeliegenden Fall hatte der BGH eine Unfallsituation zu entscheiden, in der ein Porsche auf der linken Spur auf einen Mercedes aufgefahren ist. Der Mercedes wollte zeitgleich einen LKW überholen. Der Mercedesfahrer behauptete, dass der Porsche zu schnell gewesen sei. Zudem habe er sich bereits vollständig auf der linken Spur eingeordnet und wäre bereits auf Höhe des LKW gewesen. Der Porschefahrer hingegen gab an, dass der Mercedes plötzlich und ohne den Fahrtrichtungsanzeiger zu setzen, auf die linke Spur vor sein Fahrzeug gezogen sei.
Zur Aufklärung des Sachverhalts wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt, allerdings konnte auch dieses keine endgültige Klärung bringen. Vor diesem Hintergrund hielten die Richter eine Schadenteilung zu je 50 Prozent für angemessen. (ctw)
Bundesgerichtshof
Urteil vom 13.12.2011
Aktenzeichen VI ZR 177/10