Berlin/Erfurt. Tarifexperten bei Arbeitgebern und Gewerkschaften hatten das Grundsatzurteil seit langem erwartet: Jüngere Beschäftigte dürfen beim Urlaubsanspruch nicht allein wegen ihres Lebensalters schlechter gestellt werden als ältere Kollegen. Mit dieser Entscheidung bekräftigte das Bundesarbeitsgericht am Dienstag ein ähnliches Urteil des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf für den Einzelhandel vom vergangenen Jahr. Und auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte diese Linie mit mehreren Entscheidungen bereits seit geraumer Zeit vorgezeichnet, wie etwa mit dem Urteil über Altersstaffeln bei Kündigungsfristen.
Großen Schrecken oder Aufregung dürfte das Urteil der Erfurter Richter in der Privatwirtschaft deshalb nicht mehr auslösen. Seit Inkrafttreten des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im August 2006 empfiehlt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber (BDA) die Umstellung der Tarifverträge. Entweder soll für Jüngere wie Ältere derselbe Urlaubsanspruch gelten. Im Schnitt über alle Tarifbereiche hinweg sind dies rund 30 Tage. Oder die bisherige Lebensaltersstaffelung beim Urlaub wird umgewandelt in eine differenzierte Regelung nach Betriebszugehörigkeit, mit der etwa langjährige Treue zum Unternehmen in Form eines längeren Urlaubsanspruchs belohnt werden kann.
Recht auf mindestens 24 Urlaubstage
Diese Urlaubsregelungen nach Betriebszugehörigkeit oder „Dienstjahren“ hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem aktuellen Urteil nicht in Frage gestellt. Und in vielen Tarifbereichen ist diese Umstellung längst erfolgt.
Nach dem Bundes-Urlaubsgesetz (BUrlG) stehen jedem Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr mindestens 24 Werktage Urlaub zu. In den meisten Tarifverträgen wird jedoch deutlich darüber hinausgegangen. „Die tarifliche Urlaubsstaffelung verfolgt nicht das legitime Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen“, erklären die Erfurter Richter. Und ein solches „gesteigertes Erholungsbedürfnis“ von Mitarbeitern bereits ab dem 30. oder 40. Lebensjahr ließe sich aus ihrer Sicht auch kaum begründen. Solche unterschiedlichen Regelungen würden eben den Gleichheitsgrundsatz verletzen.
Mit seiner Entscheidung über eine Altersstaffelung bei den Kündigungsfristen hatte der EuGH diese Linie bereits vorgegeben. Dabei beanstandete er eine ältere Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), nach der sich Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr beim Kündigungsschutz nicht verlängernd auswirken. Wenn man beispielsweise älteren Beschäftigten längere Kündigungsfristen zusichern will, dann muss das gut begründet werden – etwa mit ihren weitaus größeren Problemen, nach einer Kündigung wieder einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden. (dpa)
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