Berlin. Kollegengespräch per Zoom und kein Verkehrsstress am Morgen: Das pandemiebedingte Homeoffice hat den Arbeitsalltag von Millionen Menschen im Land gehörig umgekrempelt.
Eine „neue Freiheit“, die es zu bewahren gilt - sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der das Arbeiten von zu Hause aus dauerhaft in Deutschland etablieren will. „Ich bin dafür, dass wir aus dem coronabedingten ungeplanten Großversuch zum Homeoffice grundlegende Konsequenzen für die Arbeitswelt ziehen“, sagte Heil dazu.
Einen Rechtsanspruch auf Homeoffice wolle er schaffen - ganz unabhängig davon, ob ein Virus wütet oder nicht, sagt der Minister. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sei sich zu den neuen Regeln einig: „Ein moderner Ordnungsrahmen für mobiles Arbeiten kommt.“
Homeoffice muss genehmigt werden – soweit möglich
Heils Pläne sehen vor, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten künftig das Arbeiten von zu Hause aus ermöglichen müssen - es sei denn, betriebliche Gründe sprechen dagegen. „Wenn diese das ablehnen wollen, müssen betriebliche Gründe dagegen stehen - etwa weil man im Stahlwerk am Hochofen arbeitet und natürlich nicht von zu Hause aus arbeiten kann“, erklärte Heil. Beschäftigte müssten dies aber in jedem Fall künftig mit den jeweiligen Vorgesetzten „erörtern“ können.
„Wenn der Arbeitgeber keine betrieblichen Gründe nennen kann, dann gilt der Rechtsanspruch, Homeoffice in Anspruch nehmen zu können.“ Das werde auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern, hofft der Minister.
Nach jüngsten Angaben des Münchner Ifo-Instituts waren laut einer Unternehmensumfrage im Dezember des vergangenen Jahres 27,9 Prozent der Beschäftigten zumindest zeitweise im Homeoffice tätig. Im August lag die Quote bei 23,8 Prozent. Seit November gilt die pandemiebedingte Pflicht für Arbeitgeber, ihren Beschäftigen Homeoffice anzubieten - sofern betriebliche Gründe nicht dagegen sprechen. Heil will den aktuellen Ausnahmezustand zum Standard-System machen. Doch noch bleiben ungeklärte Fragen und Sorgen, die seit längerem mit dem Homeoffice verbunden sind.
Vereinsamung und schlechte Heimarbeit-Ausstattung sprechen dagegen
Psychologen warnen schon seit Beginn der Homeoffice-Umstellung vor Vereinsamung in den eigenen vier Wänden. Andere Probleme gibt es mit Geräten und Ausstattung: Wie eine repräsentative Forsa-Umfrage der Techniker Krankenkasse (TK) aus dem vergangenen Jahr ergeben hat, sagen gut vier von zehn Beschäftigten im Homeoffice (38 Prozent), dass sie sich durch einen schlecht ausgestatteten Homeoffice-Arbeitsplatz belastet fühlen, davon jeder Fünfte sogar häufig (22 Prozent).
Was tun also, wenn nur der unbequeme Küchentisch als Arbeitsplatz in Frage kommt? Und wofür muss der Arbeitgeber eigentlich finanziell aufkommen? Wichtige Fragen der Ausgestaltung bleiben noch offen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund mahnt klare Regeln an - auch zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten.
Arbeitsminister Heil verspricht, „die Schattenseiten im Homeoffice“ einzugrenzen. „Arbeit darf nicht krank machen“, sagt er. Auch jene, die nur gelegentlich im Homeoffice arbeiten wollten, müssten diese Flexibilität in Anspruch nehmen können.
Arbeitgeber lehnen einen Rechtsanspruch auf Homeoffice ab. „In Teilen der Koalition gibt es offensichtlich ein Durcheinander zwischen Parteiprogramm und Koalitionsvertrag“, erklärte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Der Koalitionsvertrag der Ampelparteien sehe „nicht die Schaffung eines Rechtsanspruchs, sondern einen Erörterungsanspruch bei Homeoffice vor“. Homeoffice sei in vielen Unternehmen „Standard“ und werde das auch so nach der Pandemie bleiben, erklärte er.
Bayern will nicht
Bayern lehnt den von Bundesarbeitsminister Heil (SPD) geforderten Rechtsanspruch von Mitarbeitern auf Homeoffice ab. "Ein pauschaler gesetzlicher Anspruch auf mobile Arbeit ist der falsche Weg. Vor allem kleine und mittlere Betriebe wären mit neuen Bürokratien belastet und im Arbeitsablauf beeinträchtigt", sagte Bayerns Arbeitsministerin Carolina Trautner (CSU) in München. Homeoffice und mobile Arbeit, wo immer es möglich sei, seien in der aktuellen Situation jedoch ein richtiger und wichtiger Schritt, der helfe, unnötige Kontakte zu vermeiden. (ste/dpa)