Die Lohnsteuer-Nachschau ist keine Betriebsprüfung und doch ein besonderes Verfahren der Finanzverwaltung, um Unternehmen besser im Blick zu haben. Seit einem Jahr verfügt der Fiskus über das neue Kontrollinstrument. Bislang kommt es aber noch selten zum Einsatz.
Das könnte sich nun ändern: Zum einen hat das Bundesfinanzministerium (BMF) im Oktober die Details des Verfahrens mitgeteilt. Demnach muss ein Arbeitgeber dem unangekündigten Besuch aus dem Finanzamt auf Verlangen Lohn- und Gehaltsunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden vorlegen sowie Auskünfte erteilen. Auch seine Arbeitnehmer haben eine Mitwirkungspflicht bei der Prüfung.
Zum anderen vermuten Experten, dass das Mindestlohngesetz – das Anfang 2015 in Kraft tritt – mit flächendeckenden Kontrollen dieser Art begleitet werden soll. Wer seinen Arbeitnehmern künftig weniger als 8,50 Euro pro Stunde zahlt, muss mit Geldbußen rechnen. Gibt es im Rahmen einer Lohnsteuer-Nachschau zusätzlich weitere Beanstandungen, kann der Finanzbeamte nahtlos zu einer Lohnsteuerprüfung übergehen.
Es bedarf keiner Ankündigung
Analog zur Umsatzsteuernachschau ermöglicht die Lohnsteuer-Nachschau den Zugriff auf alle relevanten Buchhaltungsunterlagen – ohne Ankündigung kann der Prüfer auf dem Hof erscheinen. Ein Instrument, das der Finanzverwaltung bislang gefehlt hat. Denn für die Lohnsteuerprüfung brauchte es einen längeren Vorlauf. In dieser Zeit konnten Unternehmen mögliche lückenhafte oder fehlende Aufzeichnungen vervollständigen. „Bei der Lohnsteuernachschau geht dieses Nachschreiben nicht mehr", sagt Torsten Lenk, Steuerberater bei der Berliner ETL-Gruppe. Anfällig für eine Lohnsteuer-Nachschau sind demnach vor allem Transporteure mit kurzfristig Beschäftigten und Aushilfsfahrern, die Spitzen abdecken, sowie Logistiker mit ausländischen Arbeitskräften und Spediteure, die Subunternehmen einsetzen.
Die Finanzverwaltung kann hier einfach vorbeikommen und gezielt nach Unterlagen fragen. „Bei Spediteuren dürfte beispielsweise der elektronische Fahrtenschreiber eine große Rolle spielen", glaubt Lenk. Neben dem Bundesamt für Güterverkehr, das ohnehin schon regelmäßig unterwegs kontrolliere, dürfte es damit nach Einschätzung des Steuerberaters eine weitere Instanz geben, die direkt am Sitz des Unternehmens vertrauliche Dokumente einsehen kann. „Durch diesen Einblick in Lenk- und Ruhezeiten leitet der Prüfer die Ist-Arbeitszeiten ab, die mit dem Mindestlohn abgeglichen und Sozialversicherungsbeiträgen unterworfen werden."
Elektronische Daten darf der Prüfer nur einsehen, wenn der Unternehmer zustimmt. Allerdings kann der Finanzbeamte verlangen, dass die entsprechenden Unterlagen unverzüglich ausgedruckt werden. „Das heißt, er darf auf dem Hof bleiben, bis die Unterlagen vorliegen. Und wenn er Indizien hat, wird er die Rote Karte ziehen und die Lohnsteuer-Nachschau zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung erweitern", erklärt Lenk. Spätestens dann hat der Prüfer ohnehin Zugriff auf digitale Dokumente.
Constanze Elter, freie Journalistin