+++Update vom 9. Juni um 12.02 Uhr+++
Das EU-Parlament hat am Mittwoch (8. Juni 2022) über Gesetze abgestimmt, mit denen die Klimaziele der Europäischen Union umgesetzt werden sollen. Viele Vorschläge wurden kontrovers diskutiert. Hintergrund sind Vorschläge der EU-Kommission, klimaschädliche Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. Nun legte das Parlament seine Positionen fest. Damit die Gesetze in Kraft treten können, müssen sich in einem letzten Schritt noch EU-Staaten und das Europaparlament einigen.
Aus für Verbrennermotoren
Rund 20 Prozent der EU-CO2-Emissionen entstehen im Straßenverkehr, wie der liberale Abgeordnete Jan Huitema betont. Nach dem Votum der Mehrheit im EU-Parlament wird der Verbrennerverkauf ab 2035 verboten. Die sogenannten Flottengrenzwerte für Autos und Transporter sollen auf null sinken - was bedeutet, dass die Neuwagen beim Fahren kein CO2 ausstoßen dürften. Da keine Anrechnung von synthetischen Kraftstoffen geplant ist, bedeutet dies das Aus für den Verbrenner.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach sich derweil gegen ein Verkaufsverbot von Verbrenner-Neuwagen aus und sieht in der Entscheidung einen harten Schritt für die Bürger. „Wir wollen, dass auch nach 2035 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden können, wenn diese nachweisbar nur mit E-Fuels betankbar sind. Eine Zulassung von klimaneutralen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor entspricht dem wichtigen Prinzip der Technologieoffenheit.“, kommentierte er den Beschluss des EU-Parlaments.
Das steht im Kontrast zu dem, was Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) noch im März in Brüssel sagte. Sie hatte sich im Namen der Bundesregierung ausdrücklich hinter die im vergangenen Jahr verschärften Klimaziele der EU-Kommission gestellt.
Ausweitung des Emissionshandels
Herzstück der EU-Klimapolitik ist der Emissionshandel, bei dem für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 gezahlt werden muss. Das System soll nun auf Gebäude und Verkehr ausgeweitet werden. Bis vor kurzem wurde dies noch heftig diskutiert, weil befürchtet wird, dass Verbraucher dann noch mehr fürs Heizen und Fahren zahlen müssten. In Deutschland und anderen EU-Staaten sind diese Bereiche bereits Teil des Emissionshandels.
Abgeordnete im Umweltausschuss einigten sich zuletzt darauf, dass Konzerne ab 2025 für den Ausstoß klimaschädlicher Gase von gewerblichen Gebäuden und beim kommerziellen Verkehr zahlen sollen.
Strittig war bis zuletzt auch die Zuteilung kostenloser Zertifikate für den Ausstoß von CO2 an bestimmte Unternehmen. Das soll der Wettbewerbsfähigkeit dienen, solange andere Regionen der Welt noch keine CO2-Bepreisung haben. Es gibt Vorschläge, ab 2030, 2032 oder 2035 keine kostenlosen Zertifikate mehr zu verteilen.
Grenzausgleichsmechanismus für CO2-Emissionen
Die Abgeordneten stimmen auch über einen CO2-Preis für ausländische Hersteller ab. Dieser würde sich anhand des CO2-Ausstoßes bei der Produktion berechnen. Rabatt gäbe es, wenn bereits im Heimatland für den Treibhausgasausstoß gezahlt wurde. Das soll zu vergleichbaren Kosten für Importgüter und in der EU produzierte Produkte führen, da EU-Hersteller über den ETS bereits für den Ausstoß klimaschädlicher Gase zahlen. Gleichzeitig sollen andere Länder dazu bewegt werden, ebenfalls strengere Klimamaßnahmen einzuführen. Zunächst sollen Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel sowie Strom reguliert werden. Strittig ist, ab wann das System in Kraft treten soll.
Aufforstung
Pflanzen binden CO2, wenn sie wachsen - das Treibhausgas kann also durch Aufforstung und andere Maßnahmen gebunden werden. Hier sollen konkrete Ziele festgelegt werden, wie viel CO2 in sogenannten Senken verschwinden soll. Manchen, wie der Grünen-Politikerin Anna Deparnay-Grunenberg, geht das nicht weit genug, sie fordert etwa Vorgaben, wie das Ziel in den EU-Staaten umgesetzt werden soll. Der CDU-Abgeordnete Norbert Lins begrüßt die Speicherziele, betont aber auch, dass Wälder weiter wirtschaftlich genutzt werden müssten. (ste/dpa)