Die deutsche Industrie glaubt im laufenden Jahr unter den Bedingungen von Ukraine-Krieg, Energie-Inflation und Lieferketten-Ausfällen noch an ein Wachstum der Produktion um knapp 2 Prozent. "Die Zunahme ist definitiv geringer, als wir uns das vor der russischen Invasion vorgestellt hatten", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Montag zum Start der Hannover Messe über das erwartete Plus im verarbeitenden Gewerbe. "Aber die Betonung liegt auf "möglich". Denn die Risiken sind immens." Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht weiterhin viele Unsicherheiten.
"Noch immer beschäftigen uns das Coronavirus und seine Folgen", erklärte Russwurm. Die Politik neuer, harter Lockdowns in China hält er für gescheitert - außerdem sei nicht absehbar, ob im Herbst womöglich neue Mutationen auftauchen und die Weltwirtschaft abermals stark ausbremsen könnten. "Voraussetzung ist, dass die Lieferketten-Probleme in der zweiten Jahreshälfte abnehmen und russisches Gas weiter nach Europa kommt", meinte er zur revidierten Prognose des Verbands. "Eine Unterbrechung würde das Wachstum in Europa abwürgen und unsere Wirtschaft in die Rezession schicken."
Russwurm hatte bereits angedeutet, dass die Exporte der deutschen Industrie in diesem Jahr um 2,5 Prozent zulegen könnten. Auch dies ist eine gekappte Prognose verglichen mit der Zeit vor dem Beginn des Krieges. "Im Januar waren wir von 4 Prozent ausgegangen." Es werde überdies immer deutlicher, dass man Erdgas als Brücke zwischen fossilen und regenerativen Energien noch eine Weile brauchen werde.
"Zugleich müssen der schnellstmögliche Umstieg auf die erneuerbaren Energien und eine Wasserstoffwirtschaft vorangetrieben werden." Der BDI-Chef bekräftigte, dass hierzu auch schlankere und raschere Planungs- und Genehmigungsverfahren in Verwaltung und Politik nötig seien: "Das kann nur in einem entscheidungs- und umsetzungsbereiten Staat gelingen. Wir brauchen viel mehr Tempo für Anlagen und Netze." (ste/dpa)