Brüssel. Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), hat bei Gesprächen mit führenden EU-Entscheidungsträgern für eine europäische Industriestrategie und bessere Handelsabkommen als bisher mit Drittstaaten geworben. „In wichtigen Ländern der Eurozone muss eine Re-Industrialisierung stattfinden, eine kohärente Industriepolitik ist für Europa wichtig“, sagte er am Mittwoch gegenüber Pressevertretern in Brüssel. Bei seinen Gesprächen habe er jedoch den Eindruck gewonnen, dass dieser Gedanke noch nicht überall in der EU verbreitet sei. Bei einigen Mitgliedsstaaten, aber auch der EU-Kommission sei dafür noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Wissmann hatte sich unter anderem mit den EU-Kommissaren Antonio Tajani (Industrie), Günther Oettinger (Energie), Karel De Gucht (Handel) und Connie Hedegaard (Klima) ausgetauscht.
Wissmann verwies darauf, dass nur noch in wenigen EU-Ländern die Industrie – und damit auch die Autoindustrie – einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Das müsse geändert werden, denn sonst laufe Europa Gefahr, seine weltweite Führungsposition im Automobilsektor zu verlieren. Das gelte sowohl für PKW als auch leichte und schwere Nutzfahrzeuge. Bei PKW sei die Situation vor allem unterhalb des Premium-Segments alarmierend. Hersteller in Ländern wie Frankreich und Italien, wo in den vergangenen Jahren wenig für die Industriepolitik getan worden sei, hätten zunehmend Probleme mit dem weltweiten Absatz ihrer Fahrzeuge.
Hinzu kämen schlecht vereinbarte Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten, in denen ebenfalls Autos produziert werden. Wissmann zitierte das Beispiel des Freihandelsabkommens mit Südkorea, das seit Juli 2011 in Kraft ist. Es habe dazu geführt, dass aufgrund von Zugeständnissen an den Handelspartner der Absatz von koreanischen PKW in Europa um 72 Prozent gestiegen, der Verkauf von europäischen Personenwagen in Südkorea aber um drei Prozent gesunken sei. „Wir brauchen faire Abkommen mit gleichen Bedingungen für beide Partner“, sagte Wissmann. Die Erfahrungen mit Südkorea sollten bei den zurzeit laufenden Verhandlungen mit Japan und Indien berücksichtigt werden.
Die weltweite Marktführerschaft der europäischen LKW-Hersteller sieht Wissmann dagegen noch nicht gefährdet. Hier gelte es allerdings die Wachstumsmärkte vor allem in Asien mit deren Bedürfnissen im Auge zu behalten. Bei der Diskussion um die CO2-Reduzierung bei LKW ab 3,5 Tonnen plädiert der VDA-Präsident für Lösungen vor allem in der aerodynamischen Gestaltung der Fahrzeuge. „Dadurch lassen sich bis zu 40 Prozent des Kraftstoffverbrauchs einsparen“, sagte er. (kw)