Paris. Der französische Nutzfahrzeughersteller Renault Trucks mit Sitz in Lyon soll beabsichtigen, seine bislang geplante Heraufsetzung der Stückzahlproduktion angesichts der rückläufigen Konjunkturentwicklung zu verschieben. Das meldete die Pariser Zeitung Les Echos. Vor dem Sommer war in Aussicht gestellt worden, diese an den Standorten Bourg-en-Bresse und Blainville um 15 Prozent zu erhöhen. Gegenwärtig werden pro Tag 170 Nutzfahrzeuge hergestellt.
Die erste Jahreshälfte 2011 hatte in Frankreich die beiden vorangegangenen „Katastrophenjahre" fast schon vergessen lassen. Bis Ende Juli war die Zahl der Neuanmeldungen um 51,3 Prozent gestiegen und die Branche insgesamt ging davon aus, übers ganze Jahr verteilt mehr als 42 000 LKW über 5 Tonnen absetzen zu können. Im Vorjahr konnten 34.200 Neufahrzeuge verkauft werden. Nun aber sehen sich die Hersteller mit einer „unregelmässigen Auftragslage" konfrontiert und fürchten für das zweite Halbjahr eine Verschlechterung der Situation.
Für Renault Trucks erklärte dessen Chef Stefano Chmielewski, es sei schon als positiv zu bewerten, dass das Unternehmen bisher noch keine Auftragsstornierungen zu verzeichnen gehabt habe. Auf dem französischen Markt hält Renault einen Anteil von fast 32 Prozent. Trotzdem ist nicht zu leugnen, dass sich die Dinge verlangsamen, denn in den letzten beiden August- und der ersten Septemberwoche habe der Auftragseingangsrhythmus unter den Erwartungen gelegen, sagte Chmielewski. Er sorgt sich insbesondere um die kleineren und mittelgrossen Transportunternehmen. Sie könnten wegen der Banken- und Börsenkrise Schwierigkeiten mit der Finanzierung von Neuanschaffungen bekommen. Im Grunde jedoch fürchtet der Renault Trucks-Chef keinen wirklich starken Rückgang, denn Lastwagen seien Werkzeuge, „die rollen und altern", und deshalb müssten sie „früher oder später erneuert werden". Im kommenden Jahr dürfte der Marktverlauf seiner Einschätzung nach sowohl in Frankreich als auch in Europa auf dem diesjährigen Niveau verharren, also stagnieren.
Neuer 6,5-Tonner in Planung
Seit Anfang dieses Jahres verzeichnet der Hersteller auf alle Märkten, auf denen er besonders stark vertreten ist, „Schwierigkeiten" oder sogar „Turbulenzen", Südeuropa inbegriffen, und dies besonders in den Ländern des Maghreb. Glücklicherweise habe man aber einen Auftrag in erheblicher Grössenordnung aus dem Irak verbuchen können. Renault Trucks verspürt auch schmerzlich die Lücke, die das eingestellte Zwischenmodell Mascott hinterlassen hat. Für dieses ist ein neuer 6,5-Tonner geplant, der laut Chmielewski aber nicht vor 2 Jahren herauskommen dürfte. Derweil baut das Unternehmen auf seine sicheren Märkte wie England, Deutschland, Russland oder Tschechien und liebäugelt auch mit einer Niederlassung in Brasilien, nachdem dort inzwischen auch der niederländische Konkurrent DAF ein eigenes Werk betreibt.
Auf längere Sicht rechnet sich Renault Trucks Chancen aus, mit seinen „sauberen" Nutzfahrzeugen die Mitbewerber übertrumpfen zu können. Der elektrische angetriebene City-LKW Maxity befindet sich jetzt nach mehreren Testjahren in der Auslieferung, ebenso wie der mittelschwere Premium Distribution Hybris, der auch als Gasantriebs-Version erhältlich ist. Seit Januar sind von dem Hybrid-Fahrzeug in Frankreich selbst und in Europa allerdings erst knapp 25 Stück verkauft worden. Bis 2015 will der Hersteller davon jedoch zu Hause bis zu 3.000 LKW absetzen, weiss aber, dass dies nicht ohne entsprechende Unterstützung des Gesetzgebers gehen wird, denn ohne eine solche wäre der Hybrid doppelt so teuer wie eine traditionelle Version. Und noch mehr beschleunigen könnte sich die Verkaufsentwicklung mit entsprechenden steuerlichen Anreizen. (jb)