Mühldorf. Rund 55 Millionen Euro investierte die Familie Fliegl in das neue Werk Mühldorf. Der Komplex beheimatet neben Fliegl Agrartechnik auch die Schwesterunternehmen Fliegl Bau- und Kommunaltechnik, Fliegl Forst- und Fliegl Dosiertechnik. Insgesamt sind in der Unternehmenszentrale 280 Mitarbeiter beschäftigt. Mit rund 30 Hektar ist das Areal gut dreimal so groß wie das bisherige, die Produktionskapazität steigt von etwa 300 auf bis zu 500 Fahrzeuge pro Monat. Seit Baubeginn im November 2009 wurden 1,5 Millionen Kubikmeter Erdreich bewegt, wobei Fliegl hier einen nicht unerheblichen Teil mit eigenen Maschinen und Mitarbeitern bewältigte. Es entstanden eine überdachte Gesamtfläche von 85.000 Quadratmetern und 900.000 Kubikmeter umbauter Raum. Die Elektrotechnik umfasst circa 200 Kilometer Kabel und Leitungen, etwa 6 Kilometer Stromschienen und 1800 Leuchten.
Hallen mit Fußbodenheizung
Das neue Werk besitzt vier Montagelinien für Kipper, Biogasanlagen, Güllefässer und Abschiebewagen und ist mit Fertigungstechnik der neuesten Generation ausgestattet. Zur Bearbeitung von Bauteilen stehen eine Rohr- und eine Blechlaseranlage zur Verfügung, mit deren Hilfe sich auch komplizierte Formen und spezielle Elemente schnell und präzise zuschneiden lassen. Der Lackieranlage liegen strenge Vorschriften des Umweltschutzes und neueste Erkenntnisse der Ergonomie zugrunde. Sie ist ausgelegt für bis zu 10 Meter lange und bis zu 5 Tonnen schwere Einzelteile, die hier gestrahlt, grundiert, decklackiert und getrocknet werden. Ein 27 Meter hohes Regallager optimiert die Lagerlogistik bei Fliegl Agrartechnik. Das System arbeitet eigenständig, vollautomatisch und fasst 18000 Tonnen Kleinteile, die übersichtlich verwaltet werden können und schnell verfügbar sind. Dazu kommen ein Reifenlager für 12.000 Stück und ein Eisenlager mit einem Fassungsvermögen von circa 6000 Tonnen Stahl - Kapazitäten, die die stetig steigenden Anforderungen moderner Produktionsabläufe erfüllen.
Auch den Aspekten Nachhaltigkeit und ökologisches Wirtschaften wird Fliegl Agrartechnik mit dem Komplex in Mühldorf gerecht: Eine 20.000 Quadratmeter Fußbodenheizung in der Fertigungshalle sowie die Trockenöfen der Lackiererei werden mit einem Energie-Mix aus Hackschnitzelheizung, Solar und Erdgas gespeist. Die beheizbare Fläche beträgt 42.000 Quadratmeter, gut 75.000 Liter Wasser fasst die Anlage.
Wie die Asphalt-Novelle den Abschieber beflügelt
Interessant ist auch die zunehmende Verschmelzung von Agrar- und Nutzfahrzeugbereich: Immer öfter entstehen in Töging landwirtschaftliche Aufbauten auf Nutzfahrzeugchassis, die für 80 km/h und mehr ausgelegt sind. Das Kipperprogramm aus Triptis ergänzen die Abschieber der Tochter Bau- und Kommunaltechnik: Weltweit wurde diese Kipper-Alternative laut Martin Fliegl mittlerweile rund 1000 mal verkauft. Damit hat sich Fliegl vor allem im Straßenbau einen Namen gemacht: Dabei kommt den Mühldorfern vor allem die Regelung ZTV Asphalt-StB 07 zu Gute. Laut der sollte die Temperatur des Mischguts im Asphaltfertiger 150°C nicht unterschreiten. Es muss gleichmäßig heiß sein, ohne kältere Nester in Ecken und Winkeln. Nur dann besitzen Material und Bindemittel optimale Einbaueigenschaften. Im Test von KLB und TU Darmstadt hielten Kipper mit herkömmlichen Stahlmulden das Mischgut beim Transport nicht heiß genug. Wie Wärmebildkameras zeigten ging ein großer Teil der Wärme über die Muldenwände verloren. Nur unwesentlich besser schnitten Alumulden ab. Gerade beim Abladebeginn gelangten häufig große Mengen zu kalten Mischguts in den Fertiger. Selbst bei abgedeckten Kippfahrzeugen lagen die Temperaturen zum Teil nur noch bei 100°C bis 130°C. Nach dem Andocken des Kippers vergingen ein bis zwei Minuten, bis das erste Mischgut in den Fertiger fiel – Folgen waren der Stillstand des Fertigers und die weitere Abkühlung des Mischguts. Beides führt in Folge dann zu erheblichen Qualitätsmängeln.
Nach diesen Ergebnissen konzipierte Fliegl den Abschiebewagen „Asphaltprofi-Thermo“. Seine Seitenwände sind mit mindestens 70 mm starken, hoch wärmeisolierenden und feuchtigkeitsresistenten Dämmstoffen ausgestattet. Entsprechend sollen die Temperaturverluste während des Transports minimiert worden sein: Die Mischguttemperatur soll selbst direkt an den Muldenwänden nie unter 162°C gelegen haben. Ein weiterer Vorteil ist laut Martin Fliegl dann die Übergabe des Mischguts in den Fertiger: Durch Abschiebetechnik gelangt das Mischgut nach dem Andocken kontinuierlich in den Fertiger. Damit soll auch die Durchmischung und Homogenität des Asphalts erhalten bleiben. So soll der geforderte Verdichtungsgrad von mindestens 98 Prozent auch in der Praxis problemlos erreicht werden. Das soll die spätere Asphalt-Stabilität garantieren und die hohen Anforderungen der aktualisierten ZTV-Asphalt erfüllen. Ein weiterer Vorteil des Abschiebekonzeptes ist sein geringer Höhenbedarf und die gute Standsicherheit. Damit dürften auch die Nutzfahrzeuge der Kommunaltechnik ihre Kapazitäten im neuen Werk brauchen. (gs)