VerkehrsRundschau: Ihnen wird eine gute Nase für Zukunftsthemen nachgesagt. Hat der Straßengüterverkehr überhaupt eine Zukunft? Matthias Wissmann: Ja, sogar eine große Zukunft. Er ist einfach die effizienteste Form des Gütertransports. Aber wir werden die Zukunftspotenziale nur ausspielen können, wenn Industrie, Speditions- und Fuhrunternehmen und vor allem die Politik ihre Hausaufgaben machen. Momentan sehen viele den Straßengüterverkehr eher in einer Sackgasse. Die Kosten explodieren, die Transportbranche glich im Sommer zeitweise einem Pulverfass. Ist das System Straße aus den Fugen geraten? Das nun nicht gerade, aber es ist durch die enorme Kostenbelastung an einigen Stellen enorm unter Druck geraten. Nicht allen Leuten ist klar, dass ohne einen leistungsfähigen Straßengüterverkehr unsere hoch arbeitsteilige Volkswirtschaft nicht denkbar wäre. Deswegen müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, damit das System Straße auch künftig hoch effizient arbeiten kann. Was müsste sich ändern? Wir brauchen eine Zweckbindung der Mauteinnahmen, keine weitere Verteuerung der Mobilität und Baustelle Nummer eins ist die Infrastruktur. Wir haben mittlerweile ein dramatisches Defizit beim Ausbau der Infrastruktur. In den 90er Jahren sind pro Jahr zehn Milliarden Euro in die Verkehrsinfrastruktur geflossen, die Hälfte davon in die neuen Bundesländer. Dort ist der größte Teil der Erneuerungsaufgabe geleistet, jetzt wäre Westdeutschland dran. Leider sind aber die Gesamtsummen für die Verkehrsinfrastruktur kleiner geworden. Für 2009 wurden die Mittel auf 10,2 Mrd. Euro aufgestockt. Reicht das nicht? Das reicht mit Sicherheit nicht. Die Summe ist zwar in absoluten Zahlen gleich, aber inflationsbereinigt haben wir heute de facto ein Drittel weniger Geld zur Verfügung. Welche Investitionen wären nötig? Mindestens eine Milliarde Euro mehr als heute für die Straße und eine ähnliche Größenordnung für die Schiene. Das wird nur gehen, wenn der Staat sich bereit erklärt, bei den LKW-Mauteinnahmen eine vollständige Zweckbindung zuzulassen. Um haushaltstechnische Diskussionen zu vermeiden, rate ich dazu, die Mauteinnahmen aus dem allgemeinen Haushalt herauszulösen, vollständig von einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft verwalten zu lassen und gleichzeitig privates Kapital einzuladen, an der Finanzierung künftiger Verkehrsstrecken mitzuwirken. Das würde die Akzeptanz der Maut erheblich erhöhen. Das Interview führte VR-Chefredakteurin Anita Würmser Das vollständige Interview mit Matthias Wissmann, in dem der VDA-Präsident auch darüber spricht, warum das Transportgewerbe schneller werden muss, Bahn und Schiene je eine Milliarde mehr brauchen und wann der 25-Meter-Truck den nächsten Anlauf nimmt, lesen Sie in der VerkehrsRundschau 37, die am 12. September 2008 erscheint. HIER können Sie ein Abo der Zeitschrift bestellen. Fotos vom Gespräch sind am Ende dieser Seite in einer Bildergalerie zusammengestellt.
Matthias Wissmann: "Wir brauchen eine Zweckbindung der Mauteinnahmen"
Der VDA-Präsident im Interview mit der VerkehrsRundschau über die Baustellen am Logistikstandort Deutschland: Gesprächs-Auszüge und Bildergalerie