Brüssel. Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, LNG) ist kurz davor, sich als Alternativtreibstoff für LKW und Schiffe sowohl im See- als auch Inlandsverkehr in Europa durchzusetzen. Diese Einschätzung äußerten Experten auf einer Konferenz der EU-Kommission zu alternativen Kraftstoffen für den Verkehr.
Grund für diese Annahme sei zum einen die Attraktivität von LNG. Es sei viel preiswerter als LKW-Diesel, abgasarm, leistungsfähig und allein berechnet auf die heute bekannten Gasvorkommen mindestens 100 Jahre verfügbar. „Wir haben viele Alternativen getestet mit dem Ergebnis: LNG ist die Zukunft“, sagte Sauli Eloranta, Vize-Präsident des Triebwerkherstellers Rolls-Royce.
Zum anderen ist die Infrastruktur für LNG dabei, sich massiv zu entwickeln. Motor dabei ist die Seeschifffahrt auf Nord- und Ostsee. Hier darf der Schiffstreibstoff ab 2015 den Wert von 0,1 Prozent Schwefel nicht mehr überschreiten. Mit LNG kann dieser Wert erreicht werden. Die LNG-Terminals, deren Planung und Entwicklung in zahlreichen Nord- und Ostseehäfen deshalb zurzeit läuft, sollen auch als Tankstationen für LKW dienen können. „Wenn die Infrastruktur steht, werden die Nutzer schon folgen“, so Eloranta.
Ähnlich zuversichtlich äußerte sich Florimond Dijkinga vom italienischen Energiekonzern ENI. Er verwies auf das Beispiel der Niederlande, wo sich ohne gesetzlichen Druck ein Markt für LNG-betriebene LKW mit einem entsprechenden Netz von Tankstationen entwickelt habe. In der Türkei seien ähnliche Entwicklungen zu beobachten. „Die Industrie befindet sich mächtig im Aufschwung“, sagte er. Fahrzeuge von verschiedenen Herstellern stünden zur Verfügung.
Die Politik warnte er davor, diesen Aufschwung durch zu strenge wechselnde Vorschriften zu bremsen. „Das konnte man in den Niederlanden gut beobachten: Als die Regierung darüber nachdachte, neue Steuern für LNG im Straßenverkehr zu erheben, kam der Elan sofort zum Stillstand“, so Dijkinga. Was man jetzt brauche, sei eine klare Gesetzgebung bis 2025.
Als Langzeitprojekt bewertete Ankie Janssen vom Hafen Rotterdam die Etablierung von LNG am Markt. Eine starke politische Reglementierung lehnte sie deshalb ebenfalls ab. In Rotterdam werde eine umfassende Infrastruktur für LNG 2015 stehen, pünktlich zum Beginn der Schwefelbegrenzung für die Seeschifffahrt in Nord- und Ostsee. Vorrichtungen für die LNG-Versorgung von Binnenschiffen und LKW werde es im Hafen Rotterdam dann auch geben. (kw)