Hamburg. Prüfungen, Hausarbeiten, Zukunftsängste: Dauerstress macht viele Studenten an deutschen Hochschulen krank. Für 27 Prozent und damit jeden Vierten ist der Druck laut einer Umfrage schon einmal so belastend gewesen, dass sie ihn mit ihren üblichen Entspannungstechniken nicht bewältigen konnten. „Knapp die Hälfte von ihnen hat deshalb professionelle Hilfe in Anspruch genommen“, sagte Jens Baas, Vorstandschef der Techniker Krankenkasse (TK). In der Regel ist hier die Rede von ambulanten Therapien oder Beratungsangeboten an der Hochschule. „Aber immerhin sechs Prozent gaben an, bereits stationär behandelt worden zu sein.“
Begleitend zu ihrem Gesundheitsreport, für den die TK jährlich Krankenstandsdaten und Arzneimittelverordnungen auswertet, hat die Krankenkasse für ihren „TK-Campus Kompass“ das Institut Forsa beauftragt, 1000 repräsentativ ausgewählte Studierende zu ihrem Lebensstil zu befragen. Demnach haben 55 Prozent der angehenden Akademiker regelmäßig Stress. Ein weiteres Viertel stehe sogar unter Dauerstress. Und das hat Auswirkungen auf die Gesundheit: Die Hälfte der Studentinnen und vier von zehn Studenten litten unter stressbedingter Erschöpfung.
Prüfungen machen den größten Stress
Zu den wichtigsten Stressauslösern gehören laut TK-Umfrage Prüfungen (52 Prozent), der Lernstoff (28 Prozent), die Doppelbelastung von Studium und Jobben (26 Prozent), die Angst vor schlechten Noten (26 Prozent) oder keinen Job zu finden (23 Prozent) sowie finanzielle Sorgen (20 Prozent). „Wir wissen alle, dass das Studium vor allem in Prüfungszeiten Stress bedeutet. Es ist allerdings beunruhigend, wenn der Druck bei so vielen Studierenden ein Ausmaß annimmt, dass sie ihn allein nicht bewältigen können und medizinische Unterstützung brauchen“, so Baas.
Ein weiteres Ergebnis des Reports: Drei von zehn Studentinnen in Deutschland bekommen mindestens einmal im Jahr eine psychische Diagnose. Bei den männlichen Studierenden sind „nur“ 15 Prozent betroffen. Zu den häufigsten Erkrankungen gehören Depressionen, somatoforme Störungen – also körperliche Beschwerden, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen –, Anpassungs- und Belastungs- sowie Angststörungen.
Methoden zum Stressabbau
Den Themen Stressabbau und Entspannung kommt damit eine immer wichtigere Rolle zu, wenn junge Leute ihr Studium erfolgreich und gesund meistern wollen. „Sie brauchen Zeit, zur Ruhe zu kommen, Energie zu tanken und die eigenen Akkus aufzuladen. Zu wissen, wie der eigene Körper am besten entspannt und regeneriert, kann deshalb eine ebenso wichtige Voraussetzung für die Hochschulreife sein wie das Abiturzeugnis“, heißt es im TK-Campus Kompass. Für die Generation Smartphone sei entspannen jedoch schwieriger denn ja. Nahezu ständig prasseln Informationen auf sie ein. Dazu kommt, dass nicht alle Entspannungstechniken Erfolg versprechen – wie beispielsweise der Griff zum Alkohol. Laut TK-Chef Baas trinken gut ein Drittel der Frauen und sogar 43 Prozent der Männer an der Uni den Stress weg. Insgesamt neigen männliche Studenten eher zu ungesünderen Relax-Methoden wie Rauchen oder den Konsum von Cannabis.
Übrigens nehmen laut der Untersuchung psychische Belastungen bei Studierenden mit dem Alter zu. „Bis zum Alter von 26 Jahren bekommen Studierende seltener Antidepressiva verschrieben als ihre berufstätigen Altersgenossen. Dann steigt das Volumen bei den Hochschülern deutlich stärker und ab 32 bekommen Studierende beider Geschlechter etwa doppelt so viel verschrieben wie die Erwerbspersonen“, bringt es Thomas Grobe vom Aqua-Institut, das die Daten für die TK ausgewertet hat, auf den Punkt. (ts)