Auf dem Weg zu einem klimaneutralen Straßengüterverkehr in der EU werden verschiedene Antriebstechnologien den klassischen Lkw-Diesel-Motor nach und nach versuchen zu ersetzen. Das war der Tenor einer Diskussionsveranstaltung, die unter dem Titel „Fit for 55 – Antriebstechnologien der Zukunft: Lösungen für den klimaneutralen Personen- und Güterverkehr“ in der Vertretung Bayerns bei der EU in Brüssel stattfand. Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass neben E- und Wasserstoff-Lkw auch chemisch erzeugte E-Fuels, Biotreibstoffe, Nutzung von Sonnenenergie und Hybrid-Lösungen Möglichkeiten sein werden, sollen und müssen, den CO2-Ausstoß im Straßengüterverkehr in den kommenden Jahren zu senken.
Der Umbruch ist eingeleitet
Ebenfalls einig waren sich die Teilnehmer, dass die mittlerweile begonnene Umbruchsphase hin zu neuen Lkw von vielen Unsicherheiten geprägt ist – und dass das genau das Gegenteil ist, was die Branche brauche. „Ich würde mir zurzeit keinen E-Lkw für längere Strecken kaufen“, sagte offen Alexander Klacska, selbst Unternehmer und Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr bei der Wirtschaftskammer Österreich. Grund unter anderem: Die fehlenden Lademöglichkeiten entlang der Fahrtstrecken.
Tatsächlich fehlen diese noch fast überall im öffentlichen Raum. „Von den rund 1300 E-Lkw, die aktuell in der EU fahren, werden – soweit ich weiß – alle in Depots der Unternehmen mit Strom versorgt“, sagte Axel Volkery, stellvertretender Abteilungsleiter für nachhaltigen Verkehr bei der Generaldirektion Mobilität und Verkehr der EU-Kommission. Das Problem der fehlenden Ladeinfrastruktur sei tatsächlich eins der großen Hindernisse, um Alternativen zum Diesel-Lkw auf die Straßen zu bekommen.
„Die öffentliche Hand ist in der Pflicht."
Um das zu ändern, hatte die EU-Kommission im Juli vergangenen Jahres ihren Verordnungsvorschlag zum Aufbau einer Infrastruktur für Alternative Kraftstoffe (AFIR) vorgelegt. Dadurch sollen die EU-Mitgliedsländer verpflichtet werden, Ladeinfrastruktur für alternative Kraftstoffe einzurichten. Im EU-Parlament beschäftigt sich federführend der SPD-Europaabgeordnete Ismail Ertug mit dem Thema. „Die öffentliche Hand ist in der Pflicht. Das Henne-Ei-Problem muss mit AFIR ein für alle Mal durchbrochen werden. Der Aufbau von Ladeinfrastruktur für verschiedene alternative Kraftstoffe muss vorankommen“, sagte Ertug.
Allerdings gebe es schon Widerstände aus mehreren Mitgliedsländern gegen die Pläne der EU-Kommission. „Einige Minister wollen weniger“, sagte Ertug. Er erinnerte auch daran, dass 2013 die EU-Kommission einen ähnlichen Vorschlag wie AFIR bereits vorgelegt hatte. Der sei damals aber von allen Seiten, sowohl von den EU-Mitgliedsländern als auch den Lkw-Herstellern so stark abgeschwächt worden, dass letztlich kaum etwas passiert sei. Auch das habe zu der aktuellen Situation geführt, in der die EU jetzt gleichsam bei null beginnen müsse.
Nach der Entwicklung kommt die Praxis
Die Lkw-Hersteller haben mittlerweile ihre Haltung geändert und kräftig in die Entwicklung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben investiert. Frederik Zohm, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Lkw und Bussen bei MAN verdeutlichte das an Beispielen seines, aber auch anderer Unternehmen. „Die IAA hat vor ein paar Tagen gezeigt, wie stark die Branche sich entwickelt hat“, sagte er. Diesel-Lkw habe man da zwar auch noch gesehen, aber ebenfalls viele andere Technologien gerade auch von vielen Start-Up-Unternehmen.
Nach der Entwicklung der Fahrzeuge sei es allerdings wichtig, diese auch auf die Straße zu bekommen. Dabei sei die Ladeinfrastruktur nur einer von mehreren Aspekten. Lkw mit alternativen Antriebstechnologien müssten sich für ein Unternehmen rechnen. „Ein Lkw-Unternehmer rechnet mit Kilometerpreisen, und erst, wenn Alternativen zum Diesel in diesem Kilometerpreis billiger sind, wird ein Unternehmer einen solchen neuen Lkw kaufen“, sagte Zohm.
Technische Zukunft ist geebnet
Technisch können man noch viele Fortschritte bei der Leistungsfähigkeit von Lkw mit alternativen Antriebstechnologien erwarten, berichtete Maria Kollmann von AVL List aus Graz - ein weltweit aufgestelltes Unternehmen, das auf die Entwicklung von Antriebssystemen für Fahrzeuge spezialisiert ist. Sowohl bei Batteriekapazitäten als auch Brennstoffzellen und E-Fuels sei noch viel möglich, betonte Kollmann. Die auch an Alternativen für Diesel als Treibstoff für die Bestandsflotten der Unternehmen erinnerte. In der aktuellen Übergangszeit könne man mit Hybrid-Techniken oder E-Fuels schon eine Menge erreichen, um auch mit einem Diesel-Motor schon heute den CO2-Ausstoß von Lkw im Verkehr spürbar zu verringern.