Der Bundestag hat den Weg für die Finanzierung der geplanten Energiepreisbremsen und Unternehmenshilfen zur Abfederung der Energiekrise frei gemacht. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds, ein Sondertopf außerhalb des Bundeshaushalts, darf nun Schulden von bis zu 200 Milliarden Euro aufnehmen, wie die Abgeordneten am 21. Oktober beschlossen.
Der Bundestag genehmigte dafür erneut eine Ausnahme von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Die Mittel sollen den Plänen der Bundesregierung zufolge bis 2024 ausreichen.
Mit dem Geld soll vor allem der zuletzt stark gestiegene Gaspreis gesenkt werden. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission hat vorgeschlagen, dass der Bund die Dezember-Abschläge für alle deutschen Gaskunden übernimmt.
Ab März könnte dann für Privatkunden eine Preisobergrenze für ein Grundkontingent von 80 Prozent des üblichen Verbrauchs greifen. Für Großkunden in der Industrie soll es schon ab Januar eine Preisbremse geben. Ob die Bundesregierung die Vorschläge genau so umsetzt, ist allerdings noch offen.
„Katze im Sack“
Die Opposition kritisierte deshalb, man wisse noch überhaupt nicht, wofür die hohe Milliardensumme tatsächlich genutzt werden solle. „Sie wollen uns die Katze im Sack verkaufen, und das wollen wir nicht akzeptieren“, sagte Gesine Lötzsch von den Linken.
Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg betonte, normalerweise überlege man sich erst, was man kaufe und was das koste - und gehe dann zur Bank, um das Geld zu holen. Die Ampel-Regierung wolle es umgekehrt machen.
Außerdem sollten die Kredite nur deshalb komplett in diesem Jahr aufgenommen werden, damit Finanzminister Christian Lindner (FDP) 2023 künstlich sein Versprechen der Schuldenbremse einhalten könne.
Auch der Bundesrechnungshof kritisiert, dass der Milliardentopf über mehrere Jahre bis 2024 genutzt werden soll. Das widerspreche dem Grundsatz der Jährlichkeit. FDP-Haushälter Otto Fricke konterte, durch das Sondervermögen sei sichergestellt, dass das Geld genau dann auch da sei, wenn es gebraucht werde.
Bundesländer fordern schnellere Umsetzung der Gaspreisbremse
Auch die Länder haben am 21. Oktober über die angekündigte Gaspreisbremse beraten. Diese muss nach Ansicht der Bundesländer bereits zum 1. Januar kommenden Jahres greifen. Auf die Forderung verständigten sich die 16 Regierungschefs bei der zweitägigen Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in Hannover.
In dem MPK-Beschluss heißt es, eine unterbrechungsfreie Unterstützung sei erforderlich. Sofern Energieversorger technisch nicht in der Lage sein sollten, ihre Abrechnungssysteme bereits zum 1. Januar umzustellen, könnte die Frist zum 1. März verlängert werden - müsste dann aber rückwirkend zum 1. Januar greifen und bereits bei der Kalkulation der Abschläge für Januar und Februar berücksichtigt werden.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte dazu: „Wenn es noch mal Berechnungen gibt, die die Arbeit der Kommission in Frage stellen, dann setzen wir uns damit auch noch mal auseinander. Erst mal ist die Ansage der Bundesregierung: Wir setzen die Vorschläge der Kommission um.“
Einschätzungen der Länderchefs
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte nach den Gesprächen: „Wir haben einen Entscheidungsstau derzeit, diesen Stau wollen wir auflösen. Die Länder sind dazu bereit.“
Von der Entlastung durch die angekündigte Gaspreisbremse sollen indes auch kommunale und soziale Einrichtungen profitieren. Das sei bei den Beratungen klar geworden, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Das sei ein „gutes Signal“ für die Kommunen, die an vielen Stellen „die gleichen Sorgen haben wie alle anderen auch“.
Die steigenden Energiepreise treffen nach Worten Wüsts auch Menschen, die mit Öl und Holzpellets heizen. Auch diese Bürger müssten entlastet werden. „Es darf am Ende keine Spaltung geben im Land entlang der Energiequellen“, so der Politiker.
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) warnte davor, die Menschen mit immer neuen Ideen zum Energiesparen zu verunsichern. Die Politik sollte sich mit klugen Ratschlägen zurückhalten, der gesunde Menschenverstand sei in dieser Situation der beste Ratgeber. Viele Einsparvorschläge, die derzeit gemacht würden, seien eine Zumutung.