Zahlenspiele

Seit Beginn der Pandemie klingelte in der VerkehrsRundschau-Redaktion öfter das Telefon. Am anderen Ende der Leitung ein verärgerter Transportdienstleister. Soeben hatte er ein Schreiben aus dem Briefkasten gefischt mit der Überschrift "Rückwirkende Anpassung der Frachtkonditionen zum 1. April 2020". In dem Fall war es die Metro Logistics, die wegen "Dieselpreissenkung sowie der Preisentwicklungen auf den Frachtmärkten" und eines Hinweises auf den externe Frachtenzukauf als wesentlicher Kostenfaktor die Frachtkonditionen rückwirkend um 2,5 Prozent reduzierte. Der Umstand der rückwirkenden Anpassung ist sicher diskussionswürdig - wenngleich man mit der avisierten Höhe der Reduzierung durchaus noch leben kann und sich diese aus dem Geschäftsumfeld auch begründen lässt. Die VerkehrsRundschau (VR) berichtete über Fälle, wo es um zehn und mehr Prozent ging - auch wenn ein Unternehmen die Reduzierung zurückgenommen hat, als der Bericht in der VR veröffentlicht wurde. Leistung abfordern, aber nicht zahlen Dem besagtem Transportdienstleister, der aus gutem Grund anonym bleiben will, ging es dann auch mehr um die seiner Ansicht nach fadenscheinigen Begründungen. Wie er gegenüber der VR erläuterte, war er bei der Metro-Tochter Real im Einsatz. "Dort wurden auch in Corona-Zeiten gute Umsätze gefahren. Und über Ostern war es Metro nicht unangenehm dass jeder Transportdienstleister Zusatzleistungen erbrachte, damit die Ware rechtzeitig bei den Real-Märkten vorhanden war. Der Dank war dann die Frachtpreisreduzierung ..." Wie uns der Unternehmer mitteilte, war bis Ende 2018 in seinem regionalen Bereich ein Dieselfloater im Einsatz, den Metro Logistics dann aber abschaffte. "Auch die damals eingeführte Bundesstraßenmaut und die Mauterhöhungen wurden nicht immer eins zu eins auf den Frachtpreis aufgeschlagen", ergänzt er seine Sicht. Wie eine Metro-Sprecherin gegenüber der VR erläuterte "obliegt die Dienstleisterbeschaffung und die Frachtkonditionsgestaltung den jeweiligen Standorten von Metro Logistics. Dabei kam es in der Vergangenheit an unterschiedlichen Standorten zu diversen Einsätzen von Dieselfloatern. Es gab aber keine zentrale Vorgabe und die vereinbarten Dieselfloater wurden je nach Standort unterschiedlich gestaltet." Wie Metro Logistics darüber hinaus mitteilte, hat man sich 2016 dazu entschieden, den BGL-Kostenrechner als eine Basis für Dienstleistergespräche zu nutzen und die vorhandenen Dieselfloater sukzessive abzuschaffen. "Ende 2018 haben wir dann eine umfassende Zielpreismatrix entwickelt, die alle Kostenfaktoren beinhaltet. Die neuen Mautsätze ab 01.01.2019 wurden dort ebenso berücksichtigt wie die Erweiterung der Maut auf Bundesstraßen", so die Sprecherin. Es habe, so Metro Logistics weiter, Frachtkonditionen gegeben, "die den Zielpreis der Matrix ziemlich genau trafen, andere, die darüber lagen und auch einige, die darunter lagen. "Bei den Verhandlungen in den Standorten wurde ganz offen mit den Werten in unserer Preismatrix umgegangen und jeder Dienstleister hatte die Möglichkeit, seine eigene Kalkulation vorzulegen und seine Kostensätze im Detail mit unseren zu vergleichen", so die abschließende Erläuterung der Metro-Sprecherin. Wie aber kann es zu Diskrepanzen der Kalkulationen von Verlader und Frachtführer kommen? Die eigene Sicht der Dinge Es liegt in der Natur der Sache, dass der Auftraggeber so wenig wie möglich zahlen, der Auftragnehmer so viel wie möglich verdienen möchte. Die Erfahrung lehrt, dass die Verlader ihre Kostenstrukturen viel besser kennen als die oft kleineren Transportdienstleister. Signifikant ist ein Beispiel aus dem Ressort Test & Technik der VR. Als die Hersteller noch offener mit ihren Preisen umgingen, gab es bei jedem Lkw-Test eine Kostenrechnung. Nicht selten klingelte das Telefon in der Redaktion, dass wir uns da wohl verkalkuliert hätten mit einer Fahrzeug-Vollkostenrechnung, die bei rund 1,15 Euro/km lag. Könne ja nicht sein, da man selbst nur 1,00 Euro vom Verlader bekäme ... Überflüssig zu erwähnen, dass der Fehler nicht in unserer Kostenrechnung lag. Ein Kardinalfehler ist auch die Annahme, dass man schon mal unter dem Deckungsbeitrag fahren kann, dann käme wenigstens ein Teil der Kosten wieder herein. Das kann man im Einzelfall machen, wenn es um eine Rückladung geht und man im Vorlauf "ordentlich" verdient hat. Ansonsten aber trägt man mit solchen Dumpingpreise zwar dazu bei, den Fixkostenanteil (Abschreibung, Fahrerlohn, Versicherung, etc.) zu bezahlen. Gleichzeitig baut man aber variable Kosten (Maut, Kraftstoff, etc.) auf, die oft den Beitrag zu den Fixkosten konterkarieren. Um richtig zu kalkulieren, bedarf es einer Reihe bekannter Faktoren. Etwa wie viel ein Reifen kostet, wie hoch die Auslastung ist und an wie vielen Tagen der Lkw im Einsatz ist - um nur einige zu nennen. Wer diese Werte nicht aus dem eigenen Unternehmen kennt, kann - dann allerdings auch nur näherungsweise - mit Pauschalen rechnen. Die VerkehrsRundschau hat dazu Musterkostenrechnungen (s. Kasten) erstellt. Dabei mag am Ende nicht unbedingt die Stelle hinter dem Komma stimmen. Aber ein halbwegs guter Wert ist besser, als sich ohne konkrete Zahlen in die Verhandlung zu stürzen. Mehr zum Thema finden Sie unter #transportpreise www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Aktuell dreht sich das Preiskarusell wieder schneller, weil in Krisenzeiten Verlader gerne die Frachtraten drücken. Klassische Fehleinschätzungen führen immer wieder dazu, dass sich Frachtführer zu billig verkaufen. Musterkalkulation für eine Fahrzeugkostenrechnung Die VR hat auf www.verkehrsrundschau.de/plus/kostenrechnung eine Musterrechnung hinterlegt, mit der man eine Fahrzeugkostenrechnung erstellen kann. Zur Kostenrechnung gibt es zahlreiche Erläuterungen zu den gängigen Begrifflichkeiten wie auch Musterwerte für alle Variablen - sofern keine Daten aus dem eigenen Unternehmen vorliegen. gg

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