Windkraftanlagen-Transporte

Windkraftanlagen-TransporteRückenwind trotz GegenwindAuch wenn die Förderungen für Windkraftanlagen zurück-gefahren werden, bleibt das Thema für Schwerlast-transporteure spannend. Entsprechend komplex ist auch das Angebot der Hersteller.Nachdem sich mittlerweile auch Städte wie München an Offshore-Parks beteiligen, die als komplette Kraftwerke gerechnet eine höhere Kosten-Nutzen-Kalkulation haben als einzelne Windräder, wird der Windkraftbranche weiterhin Luft in die Segel geblasen. Entsprechend optimistisch äußert man sich bei den einschlägigen Unternehmen, die sich auf den Transport von Windkraftanlagen spezialisiert haben, wie beispielsweise die baden-württembergische Spedition Gutmann. Dort nutzt man ein ehemaliges Betonteilewerk als Drehscheibe für Windkraftkomponenten. Die Lage im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz prädestiniert Gutmann als „Verteilerspedition“ für diese Region. Gemeinsame Entwicklung von TiefladernDa viele Anlagenhersteller im hohen Norden sitzen und Aufträge und Aufstelltermine im Dreiländereck nicht immer korrespondieren, bietet Gutmann seinen Kunden dieses „Pufferlager“ an, das außerdem den Vorteil bietet, Transporte durch Umladen verbilligen zu können. Denn vieles, was man hier mit Turmadaptern fahren muss, kann jenseits der Grenzen per Tieflader ausgeliefert werden. „Das macht den Transport kürzer und billiger, da man dann auch andere Strecken fahren kann“, erklärt Antonyo Hummel, der als „Manager operations“ für die Disposition verantwortlich ist. Er weiß auch um noch ausstehende Bauarbeiten, Finanzierungen oder Genehmigungen, die den Aufstelltermin verzögern. Als Mitglied der Big-Move-Gruppe, in der Geschäftsführer Marlo Gutmann auch als konstruktives Gehirn tätig ist, kümmert man sich auch um die Standardisierung der Fahrzeuge. Entsprechend steht man im regen Kontakt zu den Firmen Doll, Goldhofer, Meusburger oder Scheuerle, um dort an variablen Tiefladebaukästen mitzuwirken, mit denen man nicht alles, aber das meiste transportieren kann. Den Big-Move-Baukasten erläutert Vorstand Horst Wallek ungefähr so: „Wir bemühen uns immer um ein sogenanntes 80-Prozent-Auto. Damit können wir für 80 Prozent Anschaffungspreis 95 Prozent aller Aufträge abwickeln.“ Jüngstes Beispiel dieses Baukastens ist der Doll Panther, den Gutmann beispielsweise zum Transport von Rotorköpfen einsetzt. Mit 40 Tonnen Gewicht bei 4,7 Metern Durchmesser gehören die Rundlinge zu den kompakten Bauteilen im Geschäft, Rotorblätter und Maschinenhäuser sind da schon ganz andere Kaliber. Fast 200 Meter ragen die Anlagen mittlerweile in den Himmel. Dabei kann ein Rad der 5-MW-Klasse genügend Strom erzeugen, um den Jahresbedarf von 4500 Dreipersonenhaushalten zu decken. Die schwersten Komponenten kommen in dem Fall auf 175 Tonnen Einzelgewicht. Damit ist das Ende des Rotorturms aber noch nicht erreicht: Die Enercon E-126 bietet mittlerweile 127 Meter Nabendurchmesser und erzeugt bis zu 7,5 MW. Neben den Schwerlastspediteuren beteiligen sich auch die Anlagenhersteller an der Fahrzeugentwicklung. Um darauf noch besser reagieren zu können, hat die Tii-Gruppe der Firmen Kamag, Nicolas und Scheuerle beispielsweise das Tii-Wind-Team gegründet, das regen Kontakt zu den Herstellern wie Multibrid, Nordex, Repower oder Vestas hält. Auch mit den Fundament- und Turmherstellern wie Ambau, Bladt oder EEW stimmt man sich ab. Dabei agiert man mittlerweile international. Neben dem „Ursprungsland“ der Windkraft, Dänemark, wo mittlerweile 600 Tii-Achslinien laufen, geht man natürlich auch Deutschland, die Schweiz und die Niederlande an. Darüber hinaus ist das Wind-Team aber auch in Indien, Kanada und den USA aktiv, um „zielgerichtete Projektabwicklungen“ zu gewährleisten, wie Tii-Sales-Geschäftsführer Bernd Schwengsbier betont. Neben „Onshore“- hat man dabei auch die „Offshore“-Logis-tik im Blick. Hier kommen die elektronisch gelenkten selbstfahrenden Modultransporter Intercombi SPE zum Einsatz, die einzelne Anlagenkomponenten vom Zwischenlager zum Schiff oder zur Barge bringen. Für Turmsegmente, wie sie Enercon baut, stehen die Windturmadapter von Nicolas bereit. 2,9 bis 4,26 Meter Durchmesser, 25,2 Meter Länge und 59 Tonnen Gewicht müssen hier befördert werden. Deutlich diffiziler zu transportieren sind im Verhältnis dazu die Rotorblätter, für die die Tii-Gruppe 2010 einen Adapter präsentiert hat. Mit dem lassen sich die bruchgefährdeten und mittlerweile über 60 Meter langen Flügel auch anheben und in Position schwenken. „Die Abmessungen werden immer extremer“, weiß Gutmann-Disponent Hummel, „hängten wir vor einigen Jahren noch 45-Meter-Blätter an die Türme, sind heute 60 Meter und mehr keine Seltenheit.“ Entsprechend wachsen auch die Höhen der Türme und die Größe der Gondeln. „Hier ist es auch wichtig, mit den Herstellern zu sprechen, denn auch wenn unser Transportequipment immer besser wird, erreichen wir bei manchen Fahrwegen und Straßen langsam Grenzen“, beschreibt Hummel das Wachstum. Positiv für die Unternehmen: Mittlerweile erreichen die ersten Anlagen das Ende ihrer Lebensdauer und werden getauscht. Auch Wartungsarbeiten übertragen die Windkraftanlagenhersteller bisweilen an die Transportunternehmen, die notfalls auch das Equipment haben, um schadhafte Komponenten zu tauschen. Auch die Transportunternehmen internationalisieren sich hier: Die ABF-Spedition in Bremen, die ebenfalls auf Windkraftanlagen setzt, hat mittlerweile auch einen Fuß nach Südamerika gesetzt und kann Transportlösungen für Argentinien und Brasilien anbieten. Im Windkraftsegment hat man sich auf den Transport von Offshore-Anlagen spezialisiert und ist als Hausspediteur für Bard-Offshore tätig. Zuglängen von 65 Metern und mehrAls vierte Entwicklungskraft neben Fahrzeug-, Windkraftanlagenherstellern und Fuhrunternehmen wirken die Händler mit. So war zum Beispiel der dänische Goldhofer-Händler Jorn Bolding mit an der Entwicklung der neuen Dreiachs-Sattelpritsche SPZ-P 3 AAA beteiligt. Erst vor Kurzem ging sie mit 55 Meter langen Ves-tas-Rotorblättern auf Tour. Dabei beförderte sie der dänische Schwerlast- und Windkraftanlagen-Profi Torben Rafn & Co von der Fertigung im westdänischen Lem zum Hafen nach Arhus, von wo die Blätter in die USA verschifft werden. Bei Gesamtzuglängen von 65 Metern oder mehr zählt die Wendigkeit. 60 Grad Lenkeinschlag bieten die Memminger im Fall des SPZ-P 3 AAA, der über Pendelachsen mit konstanter Spurbreite von 1800 Millimetern und +/- 300 Millimeter Achsausgleich verfügt. Das sorgt für gute Querstabilität und erleichtert den Ausgleich von Unebenheiten per Hub und Querpendelung. Den SPZ-P 3 AAA kann man auch unter Last verkürzen, um enge Passagen und Hindernisse zu umschiffen. Das wissen auch die Fahrer zu schätzen, die die langen Kombinationen auch durch Kreisverkehre bekommen müssen. Björn Rasmussen und der Fahrer des Begleitfahrzeuges Jorgen Ostergard hatten schon nach ein paar Kreiseln ein Gefühl für den Auflieger, dessen ausziehbare Röhre bis zu 13 Tonnen Last abkann. Dank des großen Lenkeinschlages kamen sie ohne die funkferngesteuerte Nachlenkung aus. Zusammengefahren bleibt der Blade-Transporter, der von Goldhofer bis 71 Meter Blattlänge getestet wurde, innerhalb der 24-Meter-Länge. Unbeladen wiegt er 24 Tonnen, die Nutzlast beträgt je nach Zugmaschine und Ländervorschriften 30 bis 38 Tonnen.Verwindungsfreier Transport der Flügel„Bladetrailer“ nennt Broshuis seinen Beitrag zum Thema Flügeltransport. Dazu entwickelten die Niederländer einen Teles-koptrailer mit patentiertem Verschiebemechanismus. Der verbindet Fahrgestell und Rotorblatt-Lagerung. Das soll für hohe Wendigkeit in Kurven sorgen. Der Achsabstand zwischen Zugmaschine und Trailerachsaggregat kann dabei stufenlos variiert werden. So kann wie bei Goldhofer auch bei Bedarf der Kurvenlauf während der Fahrt geändert werden, was man vor allem auf engen Zubringerstrecken zu schätzen lernt. Für das Rotorblatt konstruierte Broshuis eine spezielle verwindungssteife Aufnahme, die wiederum auf einem hydraulisch bedienbaren Schlitten auf dem Trailerfahrgestell sitzt. Durch diese Entkoppelung lässt sich das Achsaggregat unter dem Rotorblatt verschieben, ohne dass dabei Kräfte auf den Flügel kommen. Das gilt auch für die Gesamtkonstruktion, die laut Broshuis einen verwindungsfreien Transport ermöglicht, ohne dass Kräfte ins Blatt eingeleitet werden. Wie bei Tii kann auch Broshuis das Rotorblatt anheben und bei Bedarf über Hindernisse wegschwenken. Doll hat zum Jahreswechsel den ersten vierfach teleskopierbaren Panther Semi-Sattel vorgestellt. Damit lassen sich Flügel von 60 Metern Länge bei nur 990 mm Ladehöhe transportieren. Außerdem verfügt das Tiefbett über ein Prisma mit 750 mm Ladehöhe, sodass man auch Turmstücke transportieren kann. Aber auch am Hals haben sich die Oppenauer Gedanken gemacht: Er ist scharnierbar ausgelegt und schafft so 620 mm Gesamthub. Dadurch will Doll dem Problem der knappen Bodenfreiheit bei sehr langen Flügeln unter den Teleskopröhren begegnen. Außerdem realisiert man 35 Tonnen Satteldruck auf Fünfachs-Zugmaschinen.Auch wenn sich der Rückenwind zuletzt verlangsamt hat: Luft ist immer noch drin im Geschäft mit dem Wind. Immerhin hat sich die Zahl der Anlagen in den letzten zehn Jahren von gut 9000 auf über 21.000 verdoppelt. ❙❚■ Gregor SollerGesicherte Fahrzeugauslastung: Der Markt der Windkraftanlagen befindet sich weiterhin auf WachstumskursDer Bladetrailer von Broshuis packt über 60 Meter lange RotorblätterGoldhofer hält für Windkraft-türme und Turbinenhäuser sein Spezialsystem mit 100 Tonnen Nutzlast bereitDolls Panther S5E-S2Q mit scharnierendem Hals mit 35 Tonnen Sattellast und Prisma in Ladefläche Gespann aus elf Achsen: MAN-TGA-Schwerlastzugmaschine und Nicolas-TiefbetttrailerZuglängen über 60 Meter sind keine SeltenheitSchwere Gondeln benötigen massiveres Gerät Auch Scheuerle gehört zum Tii-Wind-Team Vierachsiger Nooteboom-Telestep für Flügel Windkraftanlagen-Transporte„Die Dimensionen der Anlagen werden aktuell immer größer“Udo Rötzschke, Bereichsvorstand Vertrieb und Marketing der Big Move AG, sieht mit den aktuellen Abmessungen der größten Windkraftanlagen die Grenze für den Landtransport erreicht.Welche Zugfahrzeuge und welche Tieflader benutzen Sie? Udo Rötzschke: Bei den Zugfahrzeugen setzen wir auf die Produkte von Daimler und MAN. Aufgrund der Baugleichheit der „8x4 leicht“-Entwicklung mit kurzem Radstand in Kooperation mit Big Move sind die Zugfahrzeuge flexibel einsetzbar. Gerade bei Windkrafttransporten ist dies nützlich, da bei Verzögerungen auf Zugfahrzeuge der Big-Move-Partner zurückgegriffen werden kann. Dies bildet ein umfassendes Sicherheitsnetzwerk an Zugmaschinen, die man jederzeit in der Hinterhand hat. Den Transport der Turmadapter wickeln wir mit der Eigenentwicklung von Herrn Gutmann mit Herrn Pallmann auf Dollybasis ab. Diese sind kürzer und wendiger als die der Fahrzeughersteller.Für Gondeln, Turbinen und Maschinenhäuser kommen Tieflader von Scheuerle zum Einsatz, während sich bei den Flügeltransporten der Broshuis-Telesattel mittlerweile bewährt hat. Für obere und kleinere Turmsegmente greifen wir auf Spezialauflieger von Faymonville sowie Doll zurück. In Abhängigkeit von Fahrstrecke und Aufgabenstellung stehen aber auch diverse andere Tiefbetttrailer und Semitief-lader in unserem Fuhrpark bereit.Welche Ersatzteile werden am meisten benötigt? Grundsätzlich immer Reifen an allen Fahrzeugen. Der Big-Move-Adapter ist weitgehend wartungsfrei, in regelmäßigen Abständen werden lediglich Halteschrauben überprüft. Bei entsprechenden Fremdfabrikaten sind häufiger Hydraulikleitungen zu erneuern. In welche Richtung entwickeln sich die Dimensionen der Windkraftanlagen? Ist hier eine Obergrenze der Dimensionierung abzusehen oder werden Türme, Rotorblätter, Generator und Maschinenhäuser weiter wachsen? Die Dimensionen der Anlagen werden aktuell größer, aber bestimmte Grenzen für Onshore-Transporte, also Straße und Landweg, sind für Anlagenteile so gut wie erreicht: Türme mit größeren Durchmessern als 4,40 Meter sind unter aktuellen Bedingungen kaum noch über Straßen zu transportieren. Für Flügeltransporte onshore bei den aktuellen Infrastrukturbedingungen ist bei einer Länge von rund 55 Metern praktisch die maximale Obergrenze erreicht. Grenzen sind derzeit also bezüglich Durchmesser der Turmsegmente mit 4,30 Meter und maximalen Stückgewichten von 80 bis 90 Tonnen erreicht. Im Offshore-Bereich kommen andere Konstruktionen beziehungsweise Komponenten zum Einsatz. Offshore ist in Bezug auf Transport ein völlig anderes Thema.Ist abzusehen, dass es in Europa irgendwann einmal eine Vereinheitlichung der Abmessungen und Fahrzeiten für Windkrafttransporte geben wird? Wenn durch Brüssel nicht von oben herab reguliert wird, dann sind einheitliche Vorschriften in Europa kaum absehbar. Wir würden uns schon wünschen, dass es einheitliche Vorschriften in Deutschland gibt, aber jede Behörde legt die RGST (Richtlinie für Großraum- und Schwertransport) unterschiedlich aus. Die gesamte Schwertransport-Branche befindet sich jedoch in einem konstanten Optimierungsprozess. Zusammen mit dem Bundesland NRW gibt es einen runden Tisch, an dem Polizei, Behörden und BSK an einem Strang ziehen. gsInterviewUdo RötzschkeWindkraftanlagen-TransporteWindkraftanlagen-Transporte Broshuis www.broshuis.comTel: +31 / 3 83 37 28 00 Doll www.doll-oppenau.deTel.: 0 78 04 / 4 90 Faymonville www.faymonville.comTel.: +32 / 80 64 01 55 Goldhofer www.goldhofer.deTel.: 0 83 31 / 1 50 Nicolas www.nicolas.frTel.: +33 / 3 86 53 52 00 Nooteboom www.nooteboom.nlTel.: +31 / 2 46 48 88 64 Scheuerle www.scheuerle.comTel.: 0 79 41 / 69 10

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