Warum steigen Sie aus dem Platooning aus?

Daimler hat auf der Consumer Electronics Show 2019 in Las Vegas angekündigt, aus dem Thema Platooning auszusteigen. Was hat Sie dazu bewogen? Wir haben Platooning mehrere Jahre lang vor allem in den USA getestet. Dort wären eigentlich die größten Vorteile in Sachen Kraftstoffreduktion zu erwarten - in der Theorie. Wie sich aber bei den Tests auf der Straße gezeigt hat, lassen sich diese Einsparungen in der Realität nicht erzielen, auch nicht unter optimalen Platooning-Bedingungen. In der Praxis kommt es zudem immer wieder vor, dass das Platoon auseinandergerissen wird, beispielsweise im Bereich von Auffahrten auf die Autobahn oder beim Einscheren von Pkw. Dann müssen die Lkw jedes Mal wieder beschleunigen, um aufzuschließen und das Platoon wiederherzustellen. Das verbraucht zusätzlichen Kraftstoff. Die Folge: Das Einsparpotenzial sinkt weiter. Zumindest im Langstreckenverkehr in den USA ergibt sich daher kein Geschäftsmodell für Kunden, die beim Fahren im Platoon auf höchst aerodynamische Lkw setzen. Ich möchte aber betonen, dass wir uns selbstverständlich in allen noch laufenden Partnerprojekten weiterhin engagieren, so wie Sie das von uns gewohnt sind. Schließlich gewinnen wir durch all diese Aktivitäten wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung unserer Lkw. Sie sprechen davon, dass"selbst unter optimalen Bedingungen die Einsparungen geringer als erhofft ausfallen". Von welchen Einsparungen sprechen wir denn? In der Theorie sind bei einem Truck-Platoon bestehend aus drei Lkw bis zu zehn Prozent weniger Kraftstoffverbrauch und ein entsprechend geringerer CO2-Ausstoß möglich. Die realen Einsparungen liegen signifikant darunter, teilweise waren sie wie erwähnt sogar negativ. Die Werte beziehen sich auf die Ihrer Aussage nach besseren Bedingungen für Platooning in den USA. Wie hoch wäre denn der Vorteil dann noch auf deutschen Autobahnen? In Deutschland sehen wir noch weniger Vorteile, hier finden wir nicht annähernd optimale Bedingungen, um über längere Strecken im Platoon zu fahren und tatsächliche Effekte zu erzielen. In den USA erfolgt ein Großteil des Straßentransports über lange Distanzen, auf denen praktisch nur geradeaus gefahren werden muss. Dies geht mit einer geringeren Verkehrsdichte und im Durchschnitt höheren Geschwindigkeiten einher. Deshalb lag hier unser Entwicklungsschwerpunkt beim Platooning - und selbst hier hat die Realität andere Ergebnisse gebracht. Die Kraftstoffeinsparung, die beim Platooning in der Theorie maximal erzielbar wäre, basiert auf physikalischen Berechnungen rund um die Aerodynamik. Sie ist unabhängig von den allgemeinen Bedingungen in bestimmten Märkten, gilt also universell. Würde es denn auch nichts bringen, wenn sich zumindest geringe Einsparungen erzielen ließen? Damit sich das für unsere Kunden lohnt, müssen unterm Strich die Gesamtbetriebskosten stimmen. Das ist beim Platooning nicht der Fall - wie gesagt nicht einmal im Langstreckenverkehr in den USA, wenn die Kunden höchst aerodynamische Lkw fahren. Da gibt es zum einen die Kosten für die Technologie. Zum anderen geht Platooning mit einem höheren Planungs- und Koordinationsaufwand auf Kundenseite einher. Unsere klare Erkenntnis: Kosten und Nutzen stehen in keinem positiven Verhältnis zueinander. Spielt bei Ihren Überlegungen auch eine Rolle, dass es von Anfang an Diskussionen gab, wer im Platoon welchen Vorteil gutgeschrieben bekommt - nachdem je nach Position des Lkw unterschiedliche Ersparnisse erzielt würden? Eindeutige Antwort: Nein, das war nie der Hintergrund unserer Entscheidung. Wenn Platooning nicht der richtige Weg ist - was zumindest einer Ihrer Marktbegleiter offensichtlich anders sieht -, auf welche Technik setzen Sie angesichts sehr ehrgeiziger Klimaziele? Für uns stehen die Kunden im Mittelpunkt unserer Entwicklungsaktivitäten, wir wollen ihnen die besten Produkte und Lösungen für ihr tägliches Geschäft liefern, die ihnen messbare Vorteile bringen. Die Herausforderung liegt darin, den Anforderungen der verschiedenen Segmente gerecht zu werden. Hinzu kommt, dass das am Ende auch für die Kunden bezahlbar sein muss. Was den Fernverkehr betrifft, treiben wir die Optimierung des Diesel-Antriebs weiter voran. Aufgrund der hohen Energieanforderungen im Fernverkehr und der fehlenden öffentlichen Ladeinfrastruktur für Lkw sind Diesel-Fahrzeuge derzeit am besten dafür geeignet. Mit dem neuen Actros haben wir hier erst wieder einen Meilenstein erreicht. Sein Verbrauch ist im Vergleich zum Vorgänger abermals reduziert worden und er erzielt Einsparungen von bis zu drei Prozent auf Autobahnen und sogar bis zu fünf Prozent im Überlandverkehr. Wir werden weiter an zusätzlichen Effizienzmaßnahmen am gesamten Fahrzeug arbeiten, dazu zählen der Antriebsstrang, die Aerodynamik, die Trailer und die Reifen. Mittel- und langfristig verfolgen wir sicherlich auch Wege weg vom Diesel. Diese Technologie kommt bereits heute nahe an ihre physikalischen Grenzen, sodass sich eine kosteneffiziente Verbrauchsreduktion immer schwieriger erzielen lässt. Beim batterieelektrischen Lkw sind wir führend und schon heute in allen Segmenten mit E-Lkw im Kundeneinsatz - vom Leicht-Lkw FUSO eCanter über den mittelschweren Freightliner eM2 bis hin zum schweren Mercedes-Benz eActros - und sammeln wertvolle Erfahrungen für die Serienentwicklung. Ab 2021 geht es los mit der Serienproduktion. Wir haben mit der E-Mobility Group extra eine globale Organisation auf die Beine gestellt, um unsere eTrucks mit der bestmöglichen Technologie in allen Hauptregionen auf den Markt zu bringen. Wir gehen da konsequent voran. In dem Zusammenhang muss man einfach nach der Zukunft des Dieselmotors fragen. Wie schätzen Sie diese ein? Für viele Anwendungen gibt es nach unserem Standpunkt derzeit keine technische Alternative zu Lkw mit Dieselmotor. Sie werden daher aus derzeitiger Sicht weiterhin eine wichtige Rolle spielen, allerdings ergänzt um Elektro-Lkw, wo deren Einsatz sinnvoll ist. Daimlers Abkehr vom Platooning Platooning eine elektronische Deichsel, mit der mehrere Lkw hinter einem Führungsfahrzeug gekoppelt werden gilt als Hoffnungsträger, bei Nutzfahrzeugen signifikant Kraftstoffverbräuche zu reduzieren. In der Theorie wurden Einsparungen bis 15 Prozent diskutiert. Jetzt steigt Daimler aus dieser Technik aus und setzt stattdessen auf sogenannte hochautomatisierte Lkw. MAN und Scania wollen weiter am Platooning arbeiten gg

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