Volle Kraft voraus

Hochkonjunktur für die Dinosaurier der Meere: Laufend sind neue Rekorde zu vermelden, wenn es um das größte Containerschiff der Welt geht. Momentan beansprucht die OOCL Germany mit einer Kapazität von 21.413 TEU (20-Fuß-Container) diesen Superlativ für sich. Wobei, so ganz sicher kann man sich nicht sein, ob nicht irgendwo auf den Weltmeeren bereits ein neuer Dinosaurier herumschippert, der die OOCL Germany übertrumpft. Wetten hingegen kann man darauf abschließen, dass 2018 Schiffe auf den Markt kommen werden, die mehr Platz bieten als der bisherige Rekordhalter. Für die Seehäfen ist das keine gute Kunde: Denn sie haben Probleme mit den wachsenden Dinos. Die spucken Tausende Container mit einem Anlauf aus. Dafür müssen genug Krane und vor allem Kranführer zur Verfügung stehen sowie Transportkapazitäten, die die Boxen möglichst schnell ins Hinterland verfrachten. Große Probleme im Hinterland Doch das gelingt momentan mehr schlecht als recht. "Die Situation im Hinterlandverkehr der Seehäfen ist eine Katastrophe", sagt Gabriela Tövishati, Head of Development bei der Spedition A. Hartrodt. Lange Wartezeiten bei der Abholung der Container bereiten den Spediteuren Kopfzerbrechen. Zwei Tage bei der Bahn und fünf Tage bei der Binnenschifffahrt seien keine Seltenheit. "Hinzu kommt, dass uns in den letzten Jahren das Wetter immer häufiger einen Strich durch die Rechnung macht", sagt Tövishati. Bei der Bahn sind es zahlreiche Stürme und in der Binnenschifffahrt Klein- oder Hochwasser auf den Flüssen, die immer wieder die Planungen durchkreuzen. "Wenn es stürmt, arbeitet auch im Hafen kein Kran", zählt sie eine weitere Beeinträchtigung auf. Nicht oder nur schwer vorhersehbar für die Spediteure ist die Entwicklung der Seefrachtraten. Mitte des Jahres 2017 gab es eine Phase mit steigenden Preisen, dann ging es wieder leicht bergab. "Anfang 2018 sind die Raten wie jedes Jahr vor Chinese New Year leicht gestiegen. Doch nur wenige Tage später sind sie unerwartet schnell wieder gesunken", schildert Tövishati die aktuelle Lage. Wesentlichen Einfluss auf die Seefrachtraten und die Mengen, die in den einzelnen Seehäfen landen, hat die Neuausrichtung der Reedereien. Hier hat in den letzten Jahren ein Konzentrationsprozess eingesetzt. Es gab Fusionen wie die von Hapag-Lloyd mit UASC, Übernahmen (Maersk kauft Hamburg Süd), Insolvenzen (Hanjin) und große Allianzen wie 2 M (Maersk und MSC) oder The Alliance mit den japanischen Reedereien NYK, MOL und K-Line sowie Yang Ming (Taiwan) und Hapag-Llyod. Angesichts der niedrigen Frachtraten haben die Reedereien die einzige Chance zur Besserung ihrer wirtschaftlichen Lage in einer stärkeren Zusammenarbeit gesehen. Doch ob es ihnen gelingt, bereits 2018 das Frachtratenniveau spürbar anzuheben, da ist nicht nur Tövishati skeptisch. Denn im letzten Jahr sind die Schiffskapazitäten der Top-15-Carrier laut dem Branchendienst Alphaliner weltweit nochmals um 12,6 Prozent gestiegen. Die gesamte Kapazität im Containerschiffsmarkt wuchs allerdings 2017 nur um 3,7 Prozent, soll aber in diesem Jahr um 5,6 Prozent zulegen. Eine Kapazitätsverknappung, die womöglich zu einem Anstieg der Frachtraten führen könnte, ist also nicht in Sicht. Die Konzentration unter den Reedereien ist von großer Bedeutung für die Häfen und deren Hinterlandverkehr. Die bange Frage, die sich die Hafenchefs stellen: Welche Reederei fährt welchen Hafen mit welchen Schiffen an? Da spielt eine wichtige Rolle, dass einzelne Reedereien Terminals in den Seehäfen betreiben oder daran beteiligt sind und diese Terminals natürlich gut auslasten wollen. Maersk zum Beispiel hat über seine Tochter APM eigene Terminals in Rotterdam, ist an dem NTB Terminal in Bremerhaven zu 50 Prozent und an dem Eurogate Terminal in Wilhelmshaven zu 30 Prozent beteiligt. Auch das ist ein Grund für den Aufschwung in Rotterdam und Wilhelmshaven. Die Häfen in Hamburg und in Bremerhaven haben 2017 hingegen nicht von dem Containerboom profitiert. Der Containerumschlag-Index des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung und des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) ist 2017 um 5,4 Prozent gestiegen. In diesem Index werden die Daten von internationalen Häfen erfasst, auf die 60 Prozent des weltweiten Containerumschlags entfallen. Bremerhaven und vor allem Hamburg mit einem Aufkommensrückgang konnten diesem Tempo nicht folgen. Axel Mattern, Vorstand Hafen Hamburg Marketing, nennt als Grund für den Rückgang die nicht realisierte Fahrrinnenanpassung der Elbe. Die Reeder würden für ihre Großcontainerschiffe vor allem beladene Boxen mitnehmen, weshalb es in Hamburg einen Rückgang an Leercontainern gegeben habe, der für den Aufkommensrückgang verantwortlich sei. Das sind keine guten Nachrichten, da es noch ein paar Jahre dauern wird, bis die Vertiefung der Elbe kommt. Zudem fallen die Aussichten für den Seegüterverkehr aus deutscher Sicht laut der Mittelfristprognose nicht sehr positiv aus. 2018 und 2019 wird nur mit einem kleinen Zuwachs von jeweils gut einem halben Prozent beim Aufkommen gerechnet. Sollten die angekündigten Handelseinschränkungen zwischen USA und Europa umgesetzt werden, dürfte das das Wachstum in den Seehäfen weiter hemmen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Seefracht www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Serie Verkehrsträger im Überblick In unserer Serie analysieren wir die Situation bei den verschiedenen Verkehrsträgern: Wie ist die Nachfrage, mit welchen Problemen hat die Branche zu kämpfen und wie fallen die Erwartungen für 2018 aus.- VR 07: Straßengüterverkehr- VR 08: Binnenschifffahrt- VR 09: Schienengüterverkehr- VR 10: Seeschifffahrt

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