Berlin. Eine knappe Mehrheit der Deutschen (53 Prozent) klagt nach einer Umfrage über eine Zunahme von Aggressionen im Straßenverkehr. Dies ergab eine repräsentative Studie des Meinungsforschungsinstituts Ipsos im Auftrag des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, wie die Zeitung „Die Welt” berichtet. Ausgeprägt ist dieses Gefühl bei Frauen (56 Prozent) und den 35- bis 54-Jährigen (55 Prozent). Acht Prozent der Befragten sind demnach bereits Zeugen körperlicher Auseinandersetzungen im Straßenverkehr geworden. Für die Studie wurden 2000 Menschen ab 14 Jahren befragt.
Ein Viertel der Befragten (27 Prozent) ist hingegen der Auffassung, dass es im Straßenverkehr schon immer Aggressionen gegeben hat und sich die Situation nicht verschlimmert hat. 14 Prozent empfinden den Straßenverkehr als nicht aggressiv.
Erhebliche Unterschiede gibt es laut der Studie zwischen Ost- und Westdeutschland. Im Osten inklusive Berlin beschweren sich mehr als 60 Prozent über zunehmende Aggressionen im Straßenverkehr; im Westen sind es nur 50 Prozent.
Die Befragten, die aggressive Verhaltensweisen festgestellt haben, nennen dabei vor allem „zu schnelles Fahren”, „dichtes Auffahren und Drängeln” und „riskantes Überholen”. Jeweils ein Drittel der Befragten hat demnach bereits Beschimpfungen und Bedrohungen im Straßenverkehr erlebt.
Deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land
Besonders auffällig ist laut Studie der Unterschied zwischen Stadt und Land. Während in Kommunen bis 4999 Einwohnern fast zwei Drittel der Befragten über gestiegene Aggressionen im Straßenverkehr klagen, ist es in Orten ab 5000 Einwohnern etwas mehr als die Hälfte.
Für den Berliner Verkehrspsychologen Heiko Ackermann ist das Ergebnis der Studie keine Überraschung. „Es gab auch vor 20 Jahren schon Verkehrsteilnehmer, die mit großer Brutalität auf vermeintliche Kontrahenten eingeprügelt haben”, sagte er der „Welt”. Was ihm Sorge bereite, sei die inzwischen deutlich größere Häufigkeit solcher Vorfälle. „Die Hemmschwelle ist gesunken.”
Als Grund dafür nannte er gestiegene Anforderungen in Berufs- und Privatleben, die generell höhere Verkehrsdichte sowie die damit verbundene Neigung, Frust unmittelbar in der Öffentlichkeit auszuleben.„Natürlich sind das keine Kriminellen, sondern ganz normale Menschen, die ausrasten”, betonte Ackermann. „Das Auto verführt zum Frustabbau, weil man Aggressionen vermeintlich anonym ausleben kann. Man hat das Gefühl, dass die Blechhülle schützt.” (dpa)