Vertragsrecht: Achtung bei AGB

In Kürze Jeder Logistiker muss seine Dienstleistungen in einem rechtmäßigen Vertrag unter Einschluss der AGB mit seinem Auftraggeber vereinbaren. Ob diese wirksam sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Branchen-AGB zu verwenden, kann Vorteile bieten. Individuelle AGB oder vertragliche Ergänzungen sollte stets ein Anwalt prüfen. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind aus dem Tagesgeschäft der Logistik nicht wegzudenken. In jedem Transportauftrag verweisen Logistik- und Transportunternehmen auf AGB. Und nicht nur dort: Diese finden sich auch oft in Kontraktlogistik-Verträgen. Hinzu kommt, dass in AGB fast regelmäßig auf Gesetze weiterverwiesen wird und, und, und. Egal, ob Auftraggeber oder Auftragnehmer - wenn AGB zum Vertragsgegenstand gemacht werden, stellt sich die Frage: Sind diese auch wirksam? Oder: Welche Rechtsfolge ergibt sich, wenn das Gesetz etwas anderes regelt? Zum Beispiel ist in der "Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route", bekannt als CMR, die Haftung des Frachtführers mit 8,33 Sonderziehungsrechten (SZR) geregelt (Artikel 23 Absatz 3). Sie darf vertraglich nicht niedriger vereinbart werden. Dieses eine Beispiel zeigt die begrenzten vertraglichen Gestaltungsoptionen in AGB. Es gibt viele gesetzliche Einschränkungen, auch im Handelsgesetzbuch (HGB). Ohne juristische Fachexpertise können sich schnell Stolpersteine ergeben. Dann können die gesamten AGB des Vertrags bei Verstößen unwirksam werden. Beförderungsbedingungen unwirksam Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) verdeutlicht dies. Im konkreten Fall urteilte das Gericht umfassend, inwieweit verschiedene Klauseln eines Paketdienstleisters gegenüber Verbrauchern wirksam sind (BGH, Aktenzeichen I ZR 212/20). Vereinbart waren diverse bestimmte Beförderungsausschlüsse. Der BGH hat in seinem Urteil verschiedene Vertragsklauseln beanstandet und für unwirksam erklärt. Dabei handelt es sich um folgende Klauseln: Eine Sendung gilt als zugestellt, wenn der Empfänger eine Abstellgenehmigung erteilt und der Dienstleister diese dort abstellt. Der Paketdienstleister schließt von seiner Beförderungspflicht solche Güter aus, die zwar selbst einen geringen Wert haben, aber bei deren Verlust oder Beschädigung es zu hohen Folgeschäden kommen kann. Der Dienstleister darf regelmäßig die betreffenden Pakete öffnen und damit in das Postgeheimnis eingreifen, wenn er den Verdacht hat, dass Beförderungsausschlüsse vorliegen. Der Versender wird verpflichtet, Schäden und Kosten zu tragen, die aus einer vertragswidrigen Versendung von sogenannten Verbotsgütern (vertraglich nicht zugelassenen Transportgütern) resultieren. Die Unwirksamkeit dieser Klauseln begründet der BGH im Wesentlichen damit, dass der Dienstleister den versendenden Verbraucher einseitig und unangemessen benachteiligt. Auch wird gegen den Grundsatz des Transparenzgebots verstoßen und der Grundsatz nach Treu und Glauben nicht beachtet. Zudem liegt keine Rechtfertigung für einen Eingriff in das Postgeheimnis vor. Zu beachten ist, dass dieses Urteil zu individuellen AGB eines Paketdienstleisters ergangen ist. Vergleicht man andere AGB von Wettbewerbern, so finden sich durchaus ähnliche und vergleichbare Klauseln. Dass der BGH diese nur für die Verwendung gegenüber Verbrauchern bewertet hat, bedeutet nicht, dass Auftraggeber als Kaufleute schutzlos sind. Es kommt auf den Einzelfall und die konkrete Klausel an, ob diese auch bei Verträgen zwischen Unternehmen unwirksam sind. Bedeutung für die Praxis Was lässt sich aus diesem Urteil für die Praxis mitnehmen? Die meisten gesetzlichen Grundsätze für AGB gelten sowohl für Kaufleute als auch für Verbraucher. Obwohl die Anforderungen bei Kaufleuten geringer sind, ist der Verwender von AGB immer auf der sicheren Seite, wenn er sich bei der rechtlichen Gestaltung an der Rechtsprechung für Verbraucher orientiert. In der Praxis gestaltet es sich für Logistiker sehr kompliziert, zwischen Kaufleuten und Verbrauchern bei der Vertragsgestaltung zu unterscheiden. Daher erhalten auch Verbraucher weitestgehend die AGB, die juristisch nur für Kaufleute vereinbart sind. Insofern empfiehlt es sich durchaus, die Vertragsgestaltung grundsätzlich auf Verbraucher abzustellen. Dabei sollte man verschiedene Aspekte beachten. Wirksamkeit sicherstellen Damit AGB wirksam vereinbart sind, müssen B2B-Vertragspartner tatsächlich Kenntnis von den AGB erlangen können. Auf Nummer sicher geht der Logistiker immer, wenn er die AGB mit aushändigt. Dies gilt zwingend bei Verbrauchern. Anders bei Kaufleuten: Hier wird vonseiten des Gerichts entscheidend darauf abgestellt, dass ein Zugang zu den AGB ermöglicht sein muss. Textbausteine als Bezug zu AGB Logistiker verweisen in der Praxis bei Auftragsformularen zudem in Textbausteinen auf ihre AGB. Dies geschieht darüber hinaus auch bei Auftragsbestätigungen, bei Empfangsbestätigungen, Übergabeprotokollen und Rechnungen. Grundsätzlich sind alle diese Hinweise zu begrüßen, weil sie einen direkten Bezug zu den geltenden AGB herstellen. In der Praxis erweist es sich allerdings als schwierig, im E-Mail-Verkehr sicherzustellen, dass stets aktuelle Textbausteine mit entsprechenden AGB-Hinweisen verwendet werden. Es ist daher ratsam, regelmäßig die Textbausteine bei Auftragsbestätigungen, Empfangsbestätigungen, Übergabeprotokollen und Rechnungen dahingehend zu überprüfen, ob diese tatsächlich auf die aktuellen AGB hinweisen. In der Logistik nutzen außerdem viele Unternehmen ihren Webauftritt, um die verwendeten AGB darzustellen. Generell ist dies bei B2B-Geschäften sinnvoll. Dabei empfiehlt es sich, ein eigenes Feld mit der Bezeichnung "Unsere AGB" neben dem Feld Impressum im Menü oder in der Fußzeile zu platzieren. Auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass ein Auftraggeber tatsächlich Kenntnis von den AGB erlangen kann. Auch hier ist es ratsam, zu prüfen, ob der Hinweis auf die AGB im Webauftritt aktualisiert ist. Gesetzliche Vorgaben beachten Ein weiterer Punkt: Bei AGB mit Transportdienstleistungen ist eine Vielzahl von Gesetzen zu beachten. Das gilt ganz besonders für alle frachtrechtlichen Bestimmungen nach dem HGB und den internationalen Spezialgesetzen bei internationalen Transporten. Gerade bei abweichenden Haftungsvereinbarungen gibt beispielsweise Paragraf 449 HGB ganz enge Gestaltungsspielräume vor. Es empfiehlt sich daher, individuelle AGB regelmäßig von einem Anwalt juristisch prüfen zu lassen - auch mit Blick auf Gesetzesänderungen und Aktualisierung. Mehr Sicherheit mit Branchen-AGB Logistiker, die keine eigenen individuellen AGB verwenden, verweisen in der Regel auf Branchen-AGB. Allen voran sind hier die ADSp 2017 zu benennen. Aber unter anderem auch die Logistik-AGB 2019, die Umzug-AGB der AMÖ oder die AGB BSK Kran und Transport 2020 sind Beispiele für solche branchenspezifischen Verträge. Wenn Unternehmer diese AGB verwenden, haben sie zumindest die Sicherheit, dass Branchenkenner mit juristischer Expertise diese geprüft haben. Die absolute Sicherheit wird es allerdings nie geben, da Gerichte immer wieder neue Anforderungen zum Beispiel an den Grundsatz der interessengerechten Vertragsgestaltung stellen. Vor allem durch das EU-Vertrags- und Verbraucherrecht ergibt sich ein steter Wandel. Vorsicht vor Ergänzungen Im Ergebnis heißt dies: Wer Branchen-AGB verwendet, nutzt vom kaufmännischen Standpunkt aus den verlässlichsten Weg, um Rechtssicherheit zu erlangen. Denn sobald diese zum Einsatz kommen, erübrigt sich eine weitere juristische Überprüfung mit Blick auf deren Wirksamkeit. Manche Logistiker ergänzen Branchen-AGB allerdings durch vielerlei Einzelregelungen. So regeln sie oftmals Haftungs-beschränkungen, Leistungsstörungen, Vergütungsgrundsätze, die Fälligkeit, das Pfandrecht und sonstige Leistungspflichten abweichend. Aber Vorsicht: Durch diese individuellen Ergänzungen können sich häufig Widersprüche zu den aufgestellten Regelungen in den Branchen-AGB ergeben. Dies kann juristisch gesehen durchaus Folgen haben. So zum Beispiel, wenn bei einem grenzüberschreitenden Transport die Haftungshöhe von 8,33 SZR auf zwei Euro pro Kilogramm im Umschlag reduziert wird. Das führt zur Unwirksamkeit dieser Haftungsbegrenzung und einer unbegrenzten Haftung des Logistikers, da gesetzlich zwingendes Recht missachtet wird. Daher ist es ratsam, einen Anwalt hinzuzuziehen, der die ergänzenden Vereinbarungen zu Branchen-AGB mit juristischer Expertise überprüft. Wichtige Tipps im Zusammenhang mit AGB Dokumentieren Sie Ihre AGB und Auftragsunterlagen, um bei Streitigkeiten Nachweise über die wirksame Einbeziehung Ihrer AGB zu haben. Kontrollieren Sie regelmäßig Textbausteine bei Auftrags- und Empfangsbestätigungen, Übergabeprotokollen und Rechnungen, ob diese auf die aktuellen AGB hinweisen. Gleiches gilt für Mails und den Webauftritt. Individuelle AGB bedürfen regelmäßig einer juristischen Prüfung – auch mit Blick auf Gesetzesänderungen und Aktualisierung. Sobald Branchen-AGB verwendet werden, erübrigt sich ein weiterer juristischer Gegencheck mit Blick auf deren Wirksamkeit. Ergänzende Vereinbarungen zu Branchen-AGB sollten allerdings durch einen Anwalt geprüft werden. AGB-Checkliste Bei vielen Schadenfällen stellt sich unter anderem vor Gericht immer wieder die Frage nach Haftungsbeschränkungen – also danach, ob ein Logistiker gegebenenfalls unbegrenzt haften muss. Zu einer begrenzten Haftung gelangt er über das Vereinbaren von AGB. Ratsam ist für Spediteure und Frachtführer, ihre AGB regelmäßig zu prüfen. Auf unserer Profiplattform VerkehrsRundschau plushaben wir – gratis für Abonnenten der VerkehrsRundschau – eine Checkliste zusammengestellt. Diese unterstützt beim aktiven Riskmanagement. www.verkehrsrundschau.de/plus/checkliste-AGB Buchtipp Wer mehr zum Thema erfahren möchte, findet im Praktiker-Kommentar „Logistik-AGB 2019“ unter anderem Hinweise, welche Art von Leistung sich damit regeln lässt. Hier geht's zum Buch.

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