Verschwiegenheitspflichten

VerschwiegenheitspflichtenSchweigen ist GoldJeder Arbeitgeber ist brennend daran interessiert zu verhindern, dass Betriebsgeheimnisse an die Öffentlichkeit gelangen. Doch was ist erlaubt, was lässt das Gesetz zu? Welche Verschwiegenheitspflichten Arbeitnehmer haben.Alles in trockenen Tüchern, so dachte Spediteur A. Denn um zu vermeiden, dass über das Lohngefüge in seiner Spedition munter geplaudert würde, hatte er vorgesorgt: In allen Arbeitsverträgen fand sich eine Klausel, die im Interesse des Betriebsfriedens sämtlichen Mitarbeitern aufgab, die Höhe ihrer Bezüge vertraulich zu behandeln – und zwar auch gegenüber Kollegen. Als A. einige Zeit später zu Ohren kam, dass Mitarbeiter B. mit Mitarbeiter C. tabulos die Lohn- und Gehaltsentwicklung der letzten Jahre einschließlich der aktuellen Höhe untereinander ausgetauscht hatten, mahnte er beide ab. Zu Recht?Interesse an Geheimhaltung Ein Arbeitnehmer unterliegt schon per Gesetz ausdrücklich gewissen Verschwiegenheitspflichten. So ist etwa das Herausposaunen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen strafbar, wenn der Arbeitnehmer dies aus Eigennutz tut oder in der Absicht, dem Chef Schaden zuzufügen. Eine solche allgemeine Verschwiegenheitspflicht existiert immer, also auch, wenn sie nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Was sind nun diese sogenannten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die der Mitarbeiter für sich behalten muss? Die Gerichte sprechen hier von „Tatsachen, die im Zusammenhang mit dem jeweiligen Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt und nicht offenkundig sind“ (Bundesarbeitsgericht, 16.3.1982, Aktenzeichen: 3 AZR 83/79). Zuvorderst zählen hierzu Warenbezugsquellen, Absatzgebiete, Kunden- und Preislisten, interne Bilanzen; überdies finanzielle Informationen, Inventurlisten, Kalkulationen und Gehaltstabellen (Bundesarbeitsgericht, 26.2.1987, Aktenzeichen: 6 AZR 46/84). Generell gilt: Der Arbeitgeber muss stets ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung entsprechender Daten haben. Neben dieser allgemeinen gesetzlichen Geheimhaltungspflicht wird in der Praxis häufig durch ausdrückliche vertragliche Regelungen versucht, das Mitteilungsbedürfnis des Mitarbeiters zu zügeln. Doch Vorsicht: Nur was durch berechtigte betriebliche Interessen gedeckt ist, kann gerichtsfeste Grundlage einer solchen Vereinbarung sein. Das bedeutet, dass die sogenannten „All-Klauseln“, die vorsehen, dass samt und sonders alle Geschäftsvorfälle einer generellen Geheimhaltung unterliegen, unzulässig sind (Landesarbeitsgericht Hamm, 5.10.1988, Aktenzeichen: 15 Sa 1403/88). Und genau hier hatte auch im Eingangsfall Spediteur A. überzogen und die Grenze des Regelbaren überschritten: Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern war die Vorgabe an die Mitarbeiter, nicht nur außerhalb des Betriebs, sondern auch gegenüber Arbeitskollegen nicht über die Gehaltshöhe zu sprechen, zu weitgehend und damit unwirksam (Urteil vom 21.10.2009, Aktenzeichen: 2 Sa 237/09). Selbstverständlich darf der Mitarbeiter dann im Privatbereich seine Gehaltsdaten offenlegen, wenn er sie für Leistungen Dritter benötigt, etwa bei Beantragung staatlicher Leistungen, bei Bankkontoeröffnung. Die Verpflichtung des Arbeitnehmers, über Interna zu schweigen, beginnt im Allgemeinen mit Abschluss des Arbeitsvertrags. Aber auch dann, wenn es mit einem Stellenbewerber letztlich nicht zur Einstellung kommt und beim Bewerbungsgespräch sensible Daten genannt wurden, hat der abgelehnte Kandidat hierüber Stillschweigen zu bewahren. Ein Arbeitnehmer ist aber nicht nur hinsichtlich betriebsbezogener Fakten und Daten schweigepflichtig, vielmehr muss er auch besondere persönliche Umstände oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers für sich behalten, sofern deren Preisgabe seinen Chef schädigen oder in der öffentlichen Meinung herabwürdigen würden. So haben Arbeitsgerichte den Arbeitnehmer verdonnert, nichts über strafbare Handlungen und Ordnungswidrigkeiten des Arbeitgebers auszuplaudern – zumindest dann, wenn sich diese Handlungen nicht gegen den betroffenen Arbeitnehmer selbst richten (Bundesarbeitsgericht, 3.7.2003, Aktenzeichen: 2 AZR 235/02). Reaktionen aufs AusplaudernGestritten wird unter den Juristen, ob die Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers bereits erlischt, wenn das Arbeitsverhältnis endet oder darüber hinaus andauert. Die Richter des Bundesarbeitsgerichts vertreten hierzu die Ansicht, der Arbeitnehmer sei selbst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinem früheren Schweigegelübde bezüglich der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse unterworfen (Bundesarbeitsgericht, 15.6.1993, Aktenzeichen: 9 AZR 558/91). So muss etwa ein Berufskraftfahrer auch nach Vertragsende den Inhalt detaillierter Kundenlisten für sich behalten. Er ist jedoch nicht daran gehindert – gegebenenfalls nach Gründung eines eigenen Unternehmens –, diese Kunden des Exarbeitgebers zu umwerben. Will der Transportunternehmer eine solche Abwerbung verhindern, so muss er mit seinen Fahrern im Arbeitsvertrag ein ausdrückliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren, allerdings mit der Folge, gegebenenfalls eine entsprechende wettbewerbsrechtliche Abfindung berappen zu müssen.Was aber können Sie tun, wenn ein Arbeitnehmer nachweislich, etwa an einen Konkurrenten, Kundenlisten offengelegt hat? Zum einen ist denkbar, ihn strafrechtlich durch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zur Rechenschaft zu ziehen. Auch eine verhaltensbedingte, in schwerwiegenden Fällen sogar eine fristlose Kündigung des Arbeitnehmers ist gerechtfertigt (Landesarbeitsgericht Köln, 29.9.1982, Aktenzeichen: 5 Sa 514/82). Darüber hi-naus kommen Schadenersatzansprüche des Chefs gegen den Mitarbeiter in Betracht.Hinweis: Es kann durchaus ratsam sein, bereits beim Abschluss des Arbeitsvertrags eine Vertragsstrafenregelung vorzusehen; das ist nach überwiegender Ansicht der Arbeitsgerichte möglich (Bundesarbeitsgericht, 16.3.1982, Aktenzeichen: 3 AZR 83/79). Diese könnte in etwa lauten: „Verstößt der Arbeitnehmer gegen seine Verpflichtung zur Verschwiegenheit, so hat er für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragstrafe von … Euro an den Arbeitgeber zu bezahlen. Dem Arbeitgeber verbleibt das Recht, einen darüber hinaus entstandenen Schaden gesondert geltend zu machen.“Man sieht: Das durchaus berechtigte Interesse des Arbeitgebers, dass betriebliche Interna nicht nach außen getragen werden, kann rechtlich durchaus in der Praxis umgesetzt werden. Wichtig ist, diesen Umstand den Arbeitnehmern durch geeignete Maßnahmen, namentlich als Anlage zum Arbeitsvertrag oder in diesem selbst, vor Augen zu führen. Hierdurch wird klargestellt, dass es sich bei einem Verstoß gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung nicht um ein bloßes Kavaliersdelikt handelt. ❙❚■ Klaus Krohn, freier Journalist Vorsicht beim Tratschen! Arbeitnehmer haben gewisse VerschwiegenheitspflichtenTippSo könnte eine Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag lauten:„Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und auch nach dessen Beendigung über betriebliche Vorgänge Stillschweigen zu bewahren. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind Kenntnisse, durch deren Weitergabe dem Betrieb augenscheinlich keine Nachteile entstehen. Gegebenenfalls ist der Arbeitnehmer verpflichtet, vor Weitergabe von bestimmten Tatsachen auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Auskunft des Unternehmens einzuholen.“ kkVerschwiegenheitspflichten„Eine vertragliche Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Verschwiegenheit über betriebliche Tatsachen ist nur wirksam, wenn und soweit dies durch die Belange des Betriebs gerechtfertigt ist. Fehlt es hieran, ist die Vereinbarung wegen übermäßigen Vertragsbindung des Arbeitnehmers unwirksam.“Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 5.10.1988, Aktenzeichen: 15 Sa 1403/88. „Eine Klausel im Arbeitsvertrag, die es dem Arbeitnehmer untersagt, über die Höhe seiner Arbeitsvergütung nicht nur außerhalb des Betriebs mit Fremden, sondern auch innerhalb mit Arbeitskollegen zu sprechen, ist unwirksam.“ Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.10.2009, Aktenzeichen: 2 Sa 237/09. kk

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