Celle/Essen. Das Oberlandesgericht Celle (OLG) entschied am Mittwoch, dass die Offerte der Bietergemeinschaft um Hochtief auszuschließen sei. Das Angebot des klagenden Konkurrenzunternehmens Bunte und Partner (Papenburg) müsste dagegen erneut bewertet werden. Die JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft hatte Ende April Hochtief bereits die Zusage für den Bauauftrag gegeben. Bunte hatte dagegen geklagt und erwartet nun in Kürze den Auftrag. In der Auseinandersetzung geht es um den Zuschlag für den 480-Millionen- Euro-Auftrag zum Bau des Hafens, den schon 2010 die größten Containerschiffe der Welt anlaufen sollen. Nach Auffassung des Vergabesenats im OLG enthielt das Hochtief-Konzept „zumindest zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung“ nicht die erforderlichen Dämme zur Abtrennung vom Meer. Eine Fülle von Indizien in den eingereichten Unterlagen belegten, dass Hochtief Sondermaßnahmen für hohe Wasserstände bei Flut nicht für notwendig gehalten habe. Das ausgewählte Angebot sei deshalb „zwingend von der Wertung auszuschließen“. Der jetzige Beschluss ist nach Behördenangaben rechtskräftig (Aktenzeichen: 13Verg 9/07). Durch den Gerichtsbeschluss könnte der Zeitplan für das Prestigeobjekt der niedersächsischen Landesregierung noch enger werden. Baubeginn sollte noch in diesem Herbst sein. Intern wird nun von Frühjahr 2008 gesprochen. Eine weitere Verzögerung des Baubeginns würde auch einen Imageverlust für die Landesregierung bedeuten – im Januar 2008 ist Landtagswahl. Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) und Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatten sich vehement hinter die Entscheidung für Hochtief gestellt. Nach dem OLG-Beschluss sagte Wulff am Mittwoch: „Ich gehe davon aus, dass wir nach Auswertung der Urteilsgründe den Tiefwasserhafen wahrscheinlich jetzt mit der Firma Bunte realisieren.“ Auch Hirche spricht sich für Bunte aus: „Jetzt wird das alles zügig in die Wege geleitet.“ Bunte hatte gegen die Bevorzugung des Hochtief-Angebotes zunächst in Lüneburg bei der Vergabekammer und anschließend in Celle Klage eingereicht. Nach dem jetzigen Erfolg beim OLG erwartet die Bietergemeinschaft nun kurzfristig den Auftrag. „Nur so können die enormen Zeitverluste, die das fehlerhafte Vergabeverfahren verursacht hat, noch kompensiert werden“, sagte ein Bunte-Sprecher. Dagegen will HOCHTIEF jetzt seinerseits rechtliche Schritte gegen das Urteil prüfen. „Wir sind sehr überrascht und können die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehen“, sagte Hochtief-Sprecher Bernd Pütter. Für die Region mit hoher Arbeitslosigkeit ist das Projekt eine wirtschaftliche Chance. Rund 1000 neue Arbeitsplätze sollen mit dem Hafen entstehen, zusammen mit am Hafengeschäft beteiligten Firmen könnten es 2000 werden. Insgesamt werden die Kosten des Projekts auf mehr als eine Milliarde Euro geschätzt. Chronologie: Der Streit um den Bauauftrag für den JadeWeserPort Der Streit um den Bauauftrag für den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven sorgte monatelang für Wirbel. Mit der Entscheidung des Vergabesenats im Oberlandesgericht Celle am Mittwoch ist der Streit zwar beendet, dennoch droht dem Prestige- Projekt der niedersächsischen Landesregierung weiterer Zeitverzug. Eine Chronologie der Ereignisse: 20. März 2007: Der Planfeststellungsbeschluss für den Bau des Tiefwasserhafens wird vorgelegt. Der Baubeginn wird für den Sommer angekündigt. Anfang April: Medien berichten über die fristlose Entlassung des technischen Leiters der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft. Er soll zu enge Kontakte zu einem der Bewerber für den Bauauftrag gehabt haben. 16. April: Die Opposition im Niedersächsischen Landtag kritisiert Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP). Sie sei nicht über Planungsfehler und Missmanagement informiert worden. Die Realisierungsgesellschaft kündigt an, das Vergabeverfahren bis Ende April abzuschließen. 24. April: Die oppositionellen Grünen fordern eine Neuausschreibung für den Bau. Beide Bieter hätten gute Klagegründe, wenn sie bei der Vergabe nicht zum Zuge kämen. 27. April: Die JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft vergibt den Auftrag im Wert von rund 480 Millionen Euro an ein Konsortium um den Essener Baukonzern Hochtief. Die unterlegene Bietergemeinschaft mit dem Papenburger Bauunternehmen Bunte kündigt rechtliche Schritte gegen die Entscheidung an. 9. Mai: Bunte und Partner beantragten bei der Vergabekammer in Lüneburg ein Nachprüfungsverfahren. 14. Juni: Die Vergabekammer gibt dem Kläger in Teilen Recht und verlangt eine erneute Prüfung des Bunte-Angebots. Außerdem soll die Realisierungsgesellschaft prüfen, ob im Hochtief-Angebot alle Kosten enthalten sind. 27. Juni: Die Opposition im Niedersächsischen Landtag befürchtet, dass durch den Vergabestreit der Baubeginn verzögert wird und ein EU- Zuschuss von 50 Millionen Euro dadurch verfallen könnte. 29. Juni: Die Realisierungsgesellschaft teilt mit, dass nach erneuter Prüfung das Konsortium um Hochtief den Auftrag erhalten soll. Noch am selben Tag legt Bunte beim Oberlandesgericht Celle Klage ein, um eine endgültige Entscheidung im Streit zu erhalten. Im Wirtschaftsministerium wird von einem Baubeginn im Oktober gesprochen. 17. August: Anhörung aller Verfahrensbeteiligten vor dem Vergabesenat des OLG Celle. Das Gericht schlägt einen Vergleich vor, beide Anbieter sollen den Hafen gemeinsam bauen. Hochtief lehnt ab. 21. August: Niedersachsens Ministerpräsident kündigt in Wilhelmshaven an, er rechne mit einem Baubeginn im November. 5. September: Das OLG Celle verkündet, dass das Hochtief-Angebot nicht dem geforderten klaren Konzept genüge und bei der Vergabe nicht berücksichtigt werden dürfe. Das Urteil ist rechtkräftig. Daten und Fakten: Der Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven Der Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven ist ein Gemeinschaftsprojekt der Länder Niedersachsen und Bremen. Geschätzte Kosten mehr als eine Milliarde Euro. Davon entfallen auf die Infrastruktur rund 600 Millionen Euro. Baubeginn soll noch in diesem Herbst sein. Inzwischen wird aber intern von Frühjahr 2008 gesprochen. Größe: knapp 300 Hektar. 1,7 Kilometer Pier müssen gerammt werden. Die ersten vier Liegeplätze sollen nach den Planungen 2010 in Betrieb gehen, rund 1000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Betreiber des künftigen Terminals ist die Eurogate-Gruppe (Bremen/Hamburg). Investitionsplanung: 350 Millionen Euro.
Tiefwasserhafen Wilhelmshaven: Aus für Hochtief – Bunte soll es machen – Chronologie des Streits – Daten zum Hafen
Im monatelangen Streit um das Milliardenprojekt eines Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven haben der Baukonzern Hochtief und die niedersächsische Landesregierung eine schwere Niederlage erlitten.