Steuerrecht

SteuerrechtEnde der ZettelwirtschaftDer Bundesrat hat dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 zugestimmt. Elektronische Rechnungen werden nun auch ohne digitale Signatur anerkannt. Was sich für Unterneh-men im Steuerrecht sonst noch ändert.Die seit Langem angekündigte Vereinfachung des Steuerrechts ist nun beschlossen: Der Bundesrat hat am 23. September 2011 dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 zugestimmt. Zuvor hatte sich der Vermittlungsausschuss auf einen Kompromiss verständigt. Auf die ursprünglich vorgesehene Möglichkeit, die Steuererklärung nur alle zwei Jahre abzugeben, wurde dabei verzichtet. Auch wenn von einer spürbaren Vereinfachung für die Unternehmen nicht die Rede sein kann, enthält das Steuervereinfachungsgesetz einige wichtige Maßnahmen im Unternehmensbereich, mit denen der Bürokratieaufwand reduziert werden soll. Gleichzeitig hatte der Gesetzgeber bereits im Frühjahr dieses Jahres durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz die Daumenschrauben für Steuersünder angezogen und die Möglichkeit einer sogenannten strafbefreienden Selbstanzeige erschwert, durch die Steuerhinterzieher unter Umständen Straffreiheit erlangen können.Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 wird – und das ist der Kernpunkt der Neuregelungen im Unternehmensbereich – rückwirkend für alle Umsätze nach dem 30. Juni 2011 die elektronische Rechnungstellung vereinfacht (§ 14 Umsatzsteuergesetz). Firmen können nun ihre Rechnungen per E-Mail oder als angehängtes PDF-Dokument elektronisch versenden, ohne dass sie dafür wie bisher eine sogenannte elektronische Signatur benötigen. Damit wird der Vorsteuerabzug aus elektronisch versendeten oder empfangenen Rechnung anerkannt. Für Unternehmen, die sich Zeit und Geld sparen wollen, ist dies eine echte Erleichterung. Es soll nun genügen, wenn das Unternehmen ein innerbetriebliches Kontrollverfahren vorweisen kann, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft und die Echtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung garantiert. Unternehmer trägt das RisikoDafür ist es ausreichend, dass der Unternehmer selbst überprüft, ob die Rechnung rechnerisch und formal korrekt ist. Voraussetzung ist lediglich, dass diese selbst gewählte technische Lösung die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit sicherstellt. Möglich ist das beispielsweise bei Kleinbetrieben durch eine Kontrolle von Hand, bei der die Rechnungen manuell mit der Bestellung abgeglichen werden. Die Vereinfachung betrifft jedoch nur die elektronische Übermittlung der Rechnung per E-Mail, als PDF- oder Textdatei, per Computer-Telefax oder Fax-Server – nicht jedoch per Standard-Fax. Und es liegt im Risikobereich des Unternehmers, ob sein Verfahren die rechtlichen Anforderungen auch tatsächlich erfüllt. Daher sollte eine Umstellung auf die elektronische Rechnung wohlüberlegt sein. Eine gute Vorbereitung ist unbedingt notwendig. Auch eine fachliche Beratung oder eine Absprache mit dem Finanzamt ist ratsam. Weitere Details der elektronischen Rechnung wird die Finanzverwaltung in Kürze in einem BMF-Schreiben bekannt geben.Erleichterungen gibt es auch für die in der Praxis weitverbreitete Möglichkeit, beim Fiskus eine verbindliche Auskunft über eine steuerliche Frage einzuholen (§ 89 Abgabenordnung). Schon lange wurde kritisiert, dass die Anträge – abhängig vom Gegenstandswert – gebührenpflichtig sind. Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 wird nun ab dem 1. Januar 2012 eine Bagatellgrenze eingeführt. Damit fallen künftig keine Gebühren an, wenn der Gegenstandswert weniger als 10.000 Euro beträgt. Kann dieser nicht bestimmt werden, richtet sich die Gebühr nach der Bearbeitungszeit. Sie beträgt 50 Euro je angefangener halben Stunde. Bei einer Bearbeitungszeit von weniger als zwei Stunden wird keine Gebühr fällig.Das Steuervereinfachungsgesetz 2011 sorgt außerdem dafür, dass die formalen Vorgaben für Betriebe, die auch außerhalb von Deutschland Betriebsstätten besitzen oder gründen wollen, ab dem 1. Januar 2012 vereinfacht werden. Wer eine Firma oder Betriebsstätte im Ausland gründet oder erwirbt, hat künftig für die Meldung länger Zeit. Bislang galt hier eine Frist von einem Monat. Nun wird es ausreichen, das Finanzamt innerhalb von fünf Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu informieren, in dem der Erwerb oder die Gründung erfolgte (§ 138 Abs. 2 Abgabenordnung).Betriebsaufgabe nachträglich möglichNeue Fristen gelten auch bei Betriebsunterbrechungen sowie der Verpachtung des Betriebs im Ganzen. Bisher hatte der Steuerpflichtige in diesen Fällen ein Wahlrecht, ob er die Betriebsaufgabe erklären oder mit den Pachteinnahmen weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen wollte. Künftig soll in den Fällen einer schleichenden Betriebsaufgabe das Unternehmen bis zu einer ausdrücklichen Aufgabeerklärung als fortgeführt gelten (Betriebsfortführungsfiktion, § 16 Abs. 3b Einkommensteuergesetz). Auch das gilt ab dem 1. Januar 2012. Außerdem kann die Betriebsaufgabe bis zu drei Monate rückwirkend erklärt werden. Bis zur ausdrücklichen Aufgabe handelt es sich bei den Verpachtungseinkünften um Einkünfte aus Gewerbebetrieb.Neu ist auch, dass rückwirkend für 2011 der Arbeitnehmerpauschbetrag, innerhalb dessen Werbungskosten pauschal ohne Einzelnachweis anerkannt werden, von jährlich 920 Euro auf 1000 Euro angehoben wird (§ 9a Einkommensteuergesetz). Eine rückwirkende Korrektur der bisherigen Lohnsteuerabrechnungen für das Jahr 2011 durch den Arbeitgeber ist aber nicht erforderlich. Denn das Plus von 80 Euro wird nicht zeitanteilig, sondern in voller Höhe erstmals im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung für Dezember 2011 berücksichtigt.Neben diesen Erleichterungen durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 hatte die Bundesregierung im Mai dieses Jahres allerdings im Bereich der Steuerhinterziehung die Zügel für Unternehmer angezogen und die Bedingungen für die sogenannte strafbefreiende Selbstanzeige verschärft (§ 371 Abgabenordnung). Grundlage dafür ist das bereits am 3. Mai 2011 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung“, kurz Schwarzgeldbekämpfungsgesetz.Straffrei geht bei einer Selbstanzeige danach nur derjenige aus, der alle Steuerstraftaten einer Steuerart vollständig und zutreffend angibt. Bisher waren auch sogenannte Teilselbstanzeigen möglich. Außerdem wurde der Zeitpunkt vorverlegt, bis zu dem eine strafbefreiende Selbstanzeige noch möglich ist. Während es bisher reichte, dass sich der Steuerpflichtige bis zum Beginn einer Betriebsprüfung beim Finanzamt anzeigte, muss die Selbstanzeige nun vor der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung erfolgen. Darüber hinaus wurde ab einer Hinterziehungssumme von 50.000 Euro ein Strafzuschlag eingeführt. Er beträgt fünf Prozent der hinterzogenen Steuern. Straffreiheit tritt in diesen Fällen damit nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige neben den hinterzogenen Steuern sowie den Hinterziehungszinsen auch diesen Zuschlag zahlt.Berichtigungsmöglichkeit bleibtEntscheidend für die Unternehmen ist, dass in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer nachträglichen Berichtigung der Steuerklärungen erhalten geblieben ist. Entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf werden die Regeln zur Selbstanzeige bei leichtfertiger Steuerverkürzung nicht verschärft und damit die Möglichkeiten, Steuererklärungen risikofrei zu korrigieren, nicht aufgehoben. Besonders bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung kommen immer wieder Fehler vor, die eine nachträgliche Berichtigung notwendig machen. ❙❚■ Rechtsanwältin Dr. Monika Wünnemann ist Referentin für Steuern und Finanzpolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.Mit Papierrechnungen könnte bald Schluss sein, die elektronische Rechnung zieht gleichauf TippRechnungen zehn Jahre aufbewahren – auch digitalAuch wenn mit dem Steuervereinfachungsgesetz die elektronische Rechnungstellung vereinfacht wird, müssen Unternehmen weiterhin die zehnjährige Aufbewahrungspflicht für Rechnungen beachten – und zwar in der Form, in der sie ausgestellt oder empfangen wurden. Das bedeutet, dass jeder, der seine Rechnungen auf das elektronische Verfahren umstellt, dafür sorgen muss, dass die Belege zehn Jahre lang zu jeder Zeit digital verfügbar sind und gelesen werden können. Der Ausdruck in Papierform ist nicht ausreichend. mwSteuerrechtAnzeigeDas ändert sich für UnternehmenDie Übermittlung von elektronischen Rechnungen wird vereinfachtDie Auskunft beim Finanzamt ist bis zu einem Gegenstandswert von 10.000 Euro künftig gebührenfreiAuslandssachverhalte, also der Erwerb oder die Gründung einer Betriebsstätte im Ausland, müssen nur noch einmal jährlich gemeldet werdenDie Betriebsaufgabe kann künftig auch nachträglich erklärt werdenMit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat der Gesetzgeber weitere flankierende Maßnahmen angekündigt: So sollen künftig Betriebsprüfungen zeitnah erfolgen, umsatzsteuerliche Nachweispflichten reduziert, das Reisekostenrecht vereinfacht und im Unternehmenssteuerrecht Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung neu geregelt werden. mw

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