Digitalisierung Stahllogistik: Eigene Standards setzen

In Kürze Oft in der Logistik geht die Initiative zur Digitalisierung der Lieferkette vom Kunden aus - nicht so im Stahlhandel. Die Stahlspedition Hergarten arbeitet unermüdlich daran, trotz aller Widrigkeiten einen Standard zur digitalen Vernetzung zwischen Auftraggeber, Spediteur und Subunternehmern zu etablieren. Marcel Hergarten hat eine Mission: in einem Markt, in dem auf digitale Transport-Prozesse bisher vergleichsweise wenig Wert gelegt wurde, Vernetzungs-Standards zu schaffen. Nicht ganz einfach: In seiner Zielbranche Stahlhandel werde noch häufig zum Telefon gegriffen, am System vorbei operiert und mit sehr viel Papier in der Transportplanung, Abfertigung und Zustellung operiert, berichtet der Geschäftsführer der Hergarten Stahlspedition. Die Kölner Unternehmensgruppe Hergarten ist im Segment Stahllogistik einer der Marktführer und folgt schon viele Jahre einer Digitalisierungs-Roadmap. 2010 führte man das TMS Winsped von LIS ein, seit 2015 ist die Lkw-Flotte mit Telematik von Spedion unterwegs. 2019 wurde das Unternehmen Genosse von Logenios. Sämtliche IT-Anwendungen werden in der Cloud betrieben. Hergarten hat in Sachen Digitalisierung also schon viele Meilensteine erreicht, wobei Logenios eine wichtige Rolle spielt. Die Plattform verbindet unterschiedliche Systeme von Unternehmen per Schnittstelle und dient somit als "Gateway" für den Datenaustausch. Bei der Hergarten-Gruppe laufen die Transportaufträge der Auftraggeber denn auch in der Regel via Logenios automatisiert ins TMS ein, etwa über SAP-Schnittstellen. "Wir erhalten aber leider auch immer noch Transportaufträge als PDF, da vereinzelte Auftraggeber keine direkte Datenübertragung im klassischen Sinne anbieten können", berichtet Marcel Hergarten. Abhilfe bietet hier der Logenios File Converter, mit dem Dokumente per OCR ausgelesen und ins TMS eingespeist werden. Ein weiteres Projekt betraf die Abrechnungsprozesse mit Subunternehmern. Neben den 200 eigenen Lkw setzt Hergarten täglich rund 200 Fahrzeuge von Subunternehmern ein, jeweils zur Hälfte feste Transportpartner sowie Subunternehmer über den Spotmarkt. "Der Workflow war aufwendig und zog den Abrechnungsprozess in die Länge, etwa wenn die Ablieferungsquittung erst Tage später per Post bei uns eintraf", erinnert sich der Geschäftsführer. Das sollte sich ändern, aber ohne jemanden dabei zu überfordern. Schnellere Gutschrift, weniger Aufwand Die Lösung: Nachdem die Tour im TMS angelegt ist, erhält der Transportunternehmer jetzt über Logenios direkt aus dem System heraus den Transportauftrag per E-Mail. Nach erfolgter Ablieferung werden die Dokumente, die der Fahrer des Subunternehmers durch das Backoffice des Partners mitbringt, eingescannt und in Hergartens Portal für Ablieferungsbelege sendungsbezogen hochgeladen. "So bekommen die Transportpartner schnell ihre Gutschrift und wir ersparen uns einen Administrationsaufwand von rund zwei Mann-Stunden täglich", freut sich Hergarten. Dieses Verfahren wird übrigens nicht nur bei Spot-Unternehmern, sondern auch bei den festen Partnern angewendet. Diese werden bei Bedarf zudem bei ihren Telematik-Projekten mit einem eigenen Projektbüro "Digitalisierung" unterstützt. Die gesamte Lieferkette profitiert Mehr Geduld ist aber offenbar bei vielen Kunden vonnöten: "Die Erkenntnis, dass Digitalisierung Mehrwerte und Prozessverbesserungen bringt, wächst auch im Stahlhandel - aber sie wächst sehr langsam", stellt Hergarten fest. Zudem sei man noch oft mit Inhouse-Themen beschäftigt und vergesse dabei, dass digitale Prozesse, die den Speditionspartner betreffen, nicht einfach ausgehend vom eigenen Anspruch gestaltet werden können. Hergarten versteht seine Rolle als "eine Art Bandscheibe" zwischen Auftraggebern und den Subunternehmern, um an den Prozessen zu schrauben, die sich durch Digitalisierung vermeiden oder zumindest optimieren lassen. "Während viele produzierende Unternehmen ihre Digitalisierungs-Strategie nur bis zur eigenen Unternehmenspforte planen, hat der Spediteur ein Interesse daran, den Datenfluss unternehmensübergreifend zu vernetzen", weiß auch Frank Michalk, zuständig für Business Development bei Logenios. "Wir unterstützen ihn dabei technisch und planerisch. Das hilft besonders dem Spediteur - wie das Beispiel Hergarten zeigt - aber die gesamte Lieferkette profitiert davon." Im ersten Quartal 2023 hat Hergarten damit begonnen, bei den in Eigenregie durchgeführten Transporten die Ablieferungsquittierung nur noch digital entgegenzunehmen. Der Empfänger erhält dabei zwar noch den Lieferschein auf Papier, die Signatur erfolgt aber auf Tablets. "Schon das war ein ganzes Stück Überzeugungsarbeit", erinnert sich Marcel Hergarten und betont, dass man eigentlich bereits 2015 in der Lage dazu gewesen sei. Ausgebremst wurde die Umsetzung damals von häufig nicht vollständigen Transportaufträgen. Er wird aber nicht müde, den Kunden seine Standards nahezubringen: "Wir haben sämtliche in unserem Wirkungskreis möglichen Prozessverbesserungen mit viel Akribie und Mühe umgesetzt und gestalten unsere Kundenkontrakte ausnahmslos dergestalt, dass wir unseren bevorzugten Standard nutzen können", sagt Hergarten. In Einzelfällen gestalte man auch in Abstimmung mit Kunden, die im Branchenvergleich schon weiter sind, bilaterale Vereinbarungen. Aber auch auf der eigenen Digitalisierungs-Roadmap hat die Stahlspedition noch einiges vor. 2024 steht ein Refresh von Winsped an, wobei die automatisierte Disposition fokussiert wird. "Ich bin davon überzeugt, dass wir mittels KI noch viel optimieren können", so Hergarten. Ihm sei aber bewusst, dass dazu entsprechend vollständige Auftragsdaten der Kunden benötigt werden - etwa genaue Maße des Ladeguts oder Öffnungszeiten der Ladestellen. "Hierzu sind wir im Dialog mit den Kunden, denn auch hier ist noch Luft nach oben. Das wird also vermutlich ein mittel- bis langfristiges Projekt - bis unsere Kunden so weit sind, werden wir aber unsere Hausaufgaben gemacht haben", betont Hergarten. Er ist froh, verlässliche Partner an der Seite haben, die eine stetige Weiterentwicklung ermöglichten. "Das, was wir zuletzt umgesetzt haben, insbesondere mit Logenios, macht jedenfalls Lust auf mehr", resümiert der Stahlspediteur.

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