Stärken und Defizite der Transporteure

Transportunternehmen eilte in betriebswirtschaftlichen Fragen in der Vergangenheit nicht der beste Ruf voraus. Sie seien zu sehr mit dem Tagesgeschäft befasst und verlören dabei den Blick für wichtige Themen wie Kosten- und Preiskalkulation, Controlling und strategische Fragestellungen, lautete ein Vorurteil. Mit den in den letzten Jahren gestiegenen Ansprüchen in der Transportlogistik haben die Unternehmen jedoch aufgeholt. Doch wie gut, wie professionell sind sie heute wirklich aufgestellt? Eine detaillierte Selbstanalyse liefert die Ergebnisse einer Befragung, die die Unternehmensberatung HWH durchgeführt hat. Professor Paul Wittenbrink von HWH hat mit Unterstützung der Exxon-Mobil ein Online-Diagnosetool für kleine und mittlere Speditionen entwickelt. Fachlich begleitet wurde er dabei vom Verband für Verkehrswirtschaft und Logistik NRW (VVWL). Insgesamt haben 196 Unternehmen bei der Befragung mitgemacht. Kern der Studie sind Aussagen der Teilnehmer zu wichtigen Unternehmensbereichen: zu den Kunden, den eigenen Leistungen, zu Preisen, Vertrieb, Kostenrechnung und Controlling, Strategie, Finanzierung/Liquidität und zum Personal (siehe Kästen). Besorgniserregende Ergebnisse Insgesamt wertet Wittenbrink die Ergebnisse als "besorgniserregend" für die Branche. "Sicher hat es in den letzten Jahren eine Verbesserung gegeben. Aber wenn bei vielen Fragen ein Drittel oder mehr keine oder keine ausreichenden Antworten haben auf die gestellten Anforderungen, dann kann das schon als kritisch bezeichnet werden", sagt der Transportexperte. Ein Beispiel sei die Antwort auf die Frage, ob die Unternehmen die nachweisbaren Kostensteigerungen in den letzten Jahren nahezu vollständig im Preis umsetzen konnten. Darauf hätten nur 29,7 Prozent der Befragten mit "Ja" geantwortet. "Das spiegelt sich sicher auch die Marktmacht wider", sagt Wittenbrink. Dennoch müssten sich die Unternehmen fragen lassen und vor allem auch selbst fragen, wie es ihnen besser gelingen kann, objektiv gestiegene Kosten an den Kunden weiterzuleiten. Dazu gehöre es auch, nicht ausreichend kostendeckende Aufträge abzulehnen. Ein weiterer Rückschluss, den Wittenbrink aus der Analyse zieht: Nach wie vor gehen die Unternehmen das Geschäft zu wenig strukturiert an und haben ihren Blick zu oft nur auf das Tagesgeschäft und zu wenig auf ihre Strategie und eine systematische Preisbildung ausgerichtet. "Das wird zum Beispiel daran deutlich, dass mehr als 70 Prozent der Teilnehmer über keine Angebotsdatenbank verfügen und sogar über 80 Prozent keinen klaren Akquisitionsplan in Bezug auf ihre aktuelle und potenzielle Kundschaft haben", sagt Wittenbrink. Um die Ergebnisse richtig einordnen zu können, hier ein paar Zahlen zu den Teilnehmern: 40 Prozent von ihnen haben weniger als 10 Lkw. 46 Prozent verfügen über einen Fuhrpark zwischen 11 und 50 Einheiten, 14 Prozent haben mehr als 51 Lastwagen. 65 Prozent der Betriebe machen weniger als fünf Millionen (Mio.) Euro Jahresumsatz. 31 Prozent erwirtschaften zwischen 5 und 50 Mio. Euro, während vier Prozent der Betriebe über 50 Mio. Euro im Jahr einnehmen. Am häufigsten wurde von den Unternehmen als Tätigkeitsschwerpunkt "Ladungsverkehr" angegeben (46,2 Prozent). Geografisch sind die meisten Betriebe maßgeblich im nationalen Verkehr unterwegs (70,5 Prozent). 78,3 Prozent sind optimistisch Immerhin, 71,42 Prozent der Unternehmen schätzen die aktuelle Geschäftslage als gut ein. Gut ein Viertel ist nicht zufrieden. Für die nächsten zwölf Monate zeigen sich die Teilnehmer optimistischer: 78,3 Prozent erwarten eine gute Entwicklung, 21,7 Prozent sind skeptisch und rechnen mit einer Verschlechterung. Themenbereich Preise Dieselfloater zu selten 69,1 Prozent der Unternehmen behaupten von sich, dass ihre Preise auf einer leistungs- und kostenorientierten Kalkulation beruhen. "Dass so viele eine entsprechende Kalkulation als Grundlage hernehmen, war nicht unbedingt zu erwarten", sagt Wittenbrink. Positiv überrascht zeigt er sich auch darüber, dass bei 78,3 Prozent vereinbarte Zusatzleistungen beim Kunden auch tatsächlich abgerechnet werden:"Aus dem Markt ist zu hören, dass dies viele doch nicht tun."Hingegen ist es nur 29,7 Prozent der Unternehmen gelungen, nachweisbare Kostensteigerungen in den letzten Jahren nahezu vollständig im Preis umzusetzen. Auch wenn aktuell die niedrigen Dieselpreise für eine Entlastung sorgen und daher Kostensteigerungen leichter zu verkraften sind, bringt ein solches Verhalten Betriebe auf Dauer in Bedrängnis "Auch dass nur 60,1 Prozent der Unternehmen mit ihren Kunden Dieselpreisgleitklauseln vereinbart haben, ist bedenklich", sagt Wittenbrink. Bei den kleinen Unternehmen mit bis zu fünf Millionen Euro Umsatz sind es sogar nur 47,4 Prozent, die einen Dieselfloater vereinbart haben, während bei Firmen mit mehr als fünf Millionen Euro Umsatz immerhin 91,5 Prozent mit diesem laut Wittenbrink notwendigen Instrument arbeiten. cd Themenbereich Kunden Gute Kundenkenntnis 86,2 Prozent der Umfrageteilnehmer geben an, dass sie ein klares Bild darüber haben, wie wichtig die einzelnen Hauptkunden für sie sind. Und 79,6 Prozent aller Unternehmer sagen, dass sie die Zufriedenheit ihrer Kunden mit den von ihnen angebotenen Leistungen sehr genau kennen."Das ist eine positive Nachricht. Eine deutliche Mehrheit der Unternehmen hat ein klares Bild von dem, was ihre Kunden wollen", sieht Paul Wittenbrink in den Zahlen eine positive Nachricht.Allerdings kommt es laut Wittenbrink auch darauf an, wie die Unternehmer zu diesem Urteil kommen:"Machen die Unternehmen Kundenzufriedenheitsanalysen oder regelmäßige Kundenworkshops? Oder stufen sie Kunden schon als zufrieden ein, wenn diese sich nicht beschweren?"Ein Unternehmen sollte zudem darauf achten, nicht zu abhängig zu sein von einem einzelnen Kunden. Hier schneidet mit 52 Prozent gut die Hälfte der Teilnehmer gut ab, da bei ihnen der größte Kunde nicht mehr als 30 Prozent des Umsatzes ausmacht. cd

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