Spesenzettel ade

ALLEINE DAS WORT KLINGT SCHON KOMPLIZIERT: Verpflegungsmehraufwendungen. Im Volksmund Spesen genannt, bedeuten sie für die Fahrer zwar Geld on top - sie müssen aber auch etwas dafür tun. Das Ausfüllen von Spesenzetteln ist das eine. Richtig viel Arbeit mit der Verarbeitung analoger Spesenabrechnungen dürften aber Fuhrparkleitung und Personalabteilung haben. "Wer heute noch manuell mit Spesenzetteln und Excel-Tabellen arbeitet, läuft schnell Gefahr, im Chaos zu landen", mahnt denn auch Daniel M. Giel, Geschäftsführer der Beratung Die Speditionsexperten (siehe Interview). Daher lohne es sich für Unternehmen jeder Größe, in Telematik und automatisierte Spesenabrechnung zu investieren. Reichhaltigen Datenpool nutzen Ein Spesen- und Lohnabrechnungsmodul bringen heutzutage die meisten Telematiksysteme mit. Sie ziehen sich die Angaben, wann und wo ein Fahrer unterwegs ist, aus den vom Tachografen und Bordcomputer übertragenen Daten. Fortgeschrittene Lösungen berücksichtigen auch die Fahrerstatusangaben der Auftragsabwicklung. Mit einer derartigen Software hat Hövelmann Logistik mit Hauptsitz in Rees am Niederrhein die Prozesse im Bereich Lohnabrechnung deutlich gestrafft. Das Lohnmodell des Mittelständlers setzt sich nach dem Baukastenprinzip zusammen, der Fahrer erhält zusätzlich zum Grundgehalt weitere Lohnbausteine. "Diese reichen von einer Anwesenheitsprämie und Eco-Prämie für wirtschaftliches Fahren über Aufschläge für Einsätze wie Fernverkehr oder das Fahren von Spezialfahrzeugen bis hin zu den gesetzlich festgelegten Spesen", erklärt Robin Malik, Fuhrparkleitung und Fahrermanagement Hövelmann. Alles, was über den Grundlohn und die Anwesenheitsprämie hinausgehe, werde zu 90 Prozent vom Lohn- und Spesenprogramm berechnet. Das war nicht immer so. Seit Anfang 2017 wird die Lohn- und Spesenabrechnung für die gut 300 angestellten Hövelmann-Fahrer mithilfe der Software von LogicWay, einer Trimble-Tochter, abgewickelt. Die Telematiklösung Carcube von Trimble war zuvor schon in allen Fahrzeugen des 230 ziehende Einheiten umfassenden Eigenfuhrparks verbaut. Damals wurden die Angaben der Fahrer auf dem Spesenzettel mit den Daten aus der Telematik abgeglichen und dann manuell ins Abrechnungssystem übertragen - ein enormer Aufwand, wie sich Malik erinnert. Ein weiteres Problem bei der manuellen Verarbeitung war zudem, dass Fahrer im Fernverkehr ihre Spesenzettel nur unregelmäßig abgeben können, weil sie auch einmal länger als eine Woche nicht in der Zentrale auftauchen. "Dies kann standardisierte Abrechnungszeiträume ganz schön durcheinanderbringen", so Malik. Nun zeichne die Telematik minutiös auf, wo und wie lange ein Fahrer unterwegs war und welche Tätigkeiten er dabei verrichtet hat. In der Software habe das Unternehmen rund 30 Regeln hinterlegt, sei es Wochenend- oder Feiertagszuschläge oder Prämien, die zu verschiedensten Lohnprofilen kombiniert werden können. "Sollten sich gesetzliche Änderungen ergeben wie jetzt zu Jahresbeginn die Erhöhung der Tagespauschalen, wird dies seitens des Anbieters sofort eingespielt", freut sich Malik. Tagesgenaue Verarbeitung Als größten Vorteil macht er aber aus, dass die Datenbereitstellung von der Telematik ins Spesentool in Echtzeit erfolgt. "Wir können die Abrechnung also tagesgenau machen", sagt der Fuhrparkleiter. Die Lohnabrechnung für das gesamte Fahrpersonal bekomme Hövelmann nun innerhalb von fünf bis sechs Werktagen hin - inklusive Prüfung, gegebenenfalls Korrektur und Bereitstellung der Daten in Datev. Die Automatisierung der Spesenabrechnung spare dem Unternehmen nicht nur viel Zeit, sondern auch Geld. "So mancher Fahrer neigte beim Ausfüllen des Spesenzettels zum Aufrunden der Arbeitszeiten. Nicht aus bösem Willen - da geht es vielleicht um fünf Minuten, die aber am Ende darüber entscheiden, ob man als Unternehmer zwölf oder 24 Euro an Spesen auszahlt", betont Malik. Um die Abrechnung in dieser Tiefe realisieren zu können, ist das Unternehmen darauf angewiesen, dass die Fahrer die Telematik auch richtig bedienen - wie haben diese eigentlich auf die Abschaffung der Spesenzettel reagiert? "Unseren Fahrern ist klar, dass wir ihnen die Spesen nur auszahlen können, wenn sie lückenlos ihren Status mitteilen - von der Auftragsbestätigung über Start und Ende der Beladung bis hin zur Ankunft und Entladung", betont Malik. Dies sei auch ein Anreiz für bislang Telematik-skeptische Fahrer, die Bordelektronik auch zu benutzen. Seiner Ansicht nach schlage man durch die telematikunterstützte Spesenabrechnung sogar zwei Fliegen mit einer Klappe: "Wir nutzen die automatische Spesenabrechnung als Schulungshebel für die digitalisierte Auftragsabwicklung. Die Fahrer möchten ihre Spesen möglichst schnell ausgezahlt bekommen. Dass die Fahrer die Telematik korrekt bedienen, freut wiederum die Kollegen in der Disposition, deren Transport-Management-System seine Stärken erst mit Echtzeit-Telematikdaten ausspielen kann." "Finanzamt schaut genau hin" Daniel M. Giel ist Gründer und Geschäftsführer der Kölner Beratung Die Speditionsexperten. Der Diplom-Kaufmann und Diplom-Volkswirt beschäftigt sich seit 2005 mit der Beratung von Transportunternehmen.ZAHLEN DIE MEISTEN SPEDITIONEN INZWISCHEN DEN FAHRERN IHRE SPESEN AUS?Ich kenne kaum jemanden, der das nicht tut. Wie bei anderen Lohnbausteinen auch - wie etwa der Übernahme von Handygebühren oder dem Zuschuss zur Kinderbetreuung - ist die Auszahlung der Spesenpauschalen für den Unternehmer in doppelter Hinsicht vorteilhaft: Er spart Sozialversicherungsbeiträge und senkt damit die Lohnnebenkosten, gleichzeitig tut er seinen Fahrern etwas Gutes.IST DIE SPESENABRECHNUNG IN DER TRANSPORTBRANCHE ZULETZT EINFACHER ODER KOMPLIZIERTER GEWORDEN?Der Aufwand, von der Erfassung und Berechnung insbesondere bei internationalen Transporten bis hin zu den gesetzlichen Aufbewahrungspflichten, ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Wer heute noch manuell mit Spesenzetteln und Excel-Tabellen arbeitet, läuft schnell Gefahr, im Chaos zu landen.WO LAUERN BESONDERE FALLSTRICKE?Das Finanzamt schaut bei der Betriebsprüfung genau hin. Wenn dann vom Fahrer großzügig aufgerundete Arbeitszeiten auf dem Spesenzettel nachträglich mit den Daten aus dem Tachografen abgeglichen werden, wird der Unternehmer ganz schnell ein Problem bekommen. Da geht es dann nicht mehr nur um Rückzahlungen, sondern um drohende Verfahren.AB WELCHER FUHRPARKGRÖSSE SOLLTE MAN SICH GEDANKEN UM EINE TELEMATIK-UNTERSTÜTZTE SPESENABRECHNUNG MACHEN?Ab dem ersten Fahrzeug. Schon der selbstfahrende Unternehmer, der seine Spesen steuerlich als Verpflegungsmehraufwand angibt, ist nur auf der sicheren Seite, wenn er die Arbeitszeitangaben für seine Touren exakt ermitteln und abbilden kann. Entweder man macht das Ganze hundertprozentig oder man lässt es bleiben. Daher lohnt es sich schon für Kleinstfuhrparks, einen geringen zweistelligen Betrag monatlich in Telematik und damit die automatisierte Spesenabrechnung zu investieren. Zumal Telematiksysteme über das De-Minimis-Programm gefördert werden.

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