Sichere Zustände?

Sichere Zustände?Immer wieder kommt es zu Unfällen als Folge mangelhafter Ladungssicherung. Unklar ist oft, wer überhaupt für die korrekte Beladung verantwortlich ist und wer die Konsequenzen trägt, wenn es zu Schäden kommt.Der 2. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle hat in einem Beschluss vom 28. Februar 2007 entschieden, dass der Geschäftsführer eines Stahlwerkes für die mangelnde Ladungssicherung eines bei einer Spedition in Auftrag gegebenen Transports von Stahlteilen verantwortlich sei. Bei einer Polizeikontrolle war festgestellt worden, dass die Sicherung der 24 Tonnen schweren Stahlteile ungenügend war. Der Geschäftsführer des Stahlwerks erhielt daraufhin einen Bußgeldbescheid, gegen den er Einspruch einlegte. Das Amtsgericht verurteilte ihn zunächst zu einer Geldbuße von 75 Euro wegen fahrlässigen Zulassens der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs trotz wesentlich beeinträchtigter Verkehrssicherheit. Gegen diese Verurteilung legte der Geschäftsführer Rechtsbeschwerde vor dem OLG Celle ein. Er war der Auffassung, dass er als Versender und als Geschäftsführer für die Ladung des LKW nicht verantwortlich sei, sondern nur der Fahrer und der Halter des LKW. Das OLG Celle hielt die Rechtsbeschwerde des Geschäftsführers jedoch für unbegründet und stellte fest, dass neben dem Fahrer und dem Halter auch jede andere für die Ladung eines Fahrzeugs verantwortliche Person zur Sicherung der Ladung nach Paragraf 22 Straßenverkehrsordnung (StVO) verpflichtet sei. Hierzu gehöre somit neben dem Fahrer und Halter des LKW auch das Stahlwerk als Versender des Ladegutes. Die Geldbuße wurde jedoch nicht dem Stahlwerk auferlegt, sondern dem Geschäftsführer. Dies ist nach Paragraf 130 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) möglich. Auch wenn der Geschäftsführer nicht für die Verladung selbst zuständig gewesen sei, treffe ihn jedoch die Verantwortung für die betriebliche Organisation des Stahlwerks im Zusammenhang mit der Verladetätigkeit. In dieser Funktion habe er es versäumt, die erforderlichen Aufsichtsnahmen für die Kontrolle der Verladung zu ergreifen. Das OLG Celle verurteilte den Geschäftsführer deshalb wegen einer Aufsichtspflichtverletzung zu einer Geldbuße von 50 Euro. Klare Zuständigkeitsregelungen treffenDrastischer sind die Konsequenzen, wenn infolge unzulänglicher Ladungssicherung ein Mensch zu Tode kommt oder bedeutende Sachschäden entstehen. Das OLG Celle bestätigte mit seinem Beschluss eine ältere Entscheidung des OLG Stuttgart, dass nicht nur der Führer und Halter eines LKW, sondern jede andere Person, die mit der Ladungssicherung gesetzlich oder vertraglich betraut ist, nach Paragraf 22 Straßenverkehrsordnung (StVO) haftet und mit Geldbußen sowie Punkten in das Verkehrszentralregister in Flensburg rechnen muss. Hieraus ergibt sich für alle Transportbeteiligten die Notwendigkeit, klar und im Vorhinein festzustellen und gegebenenfalls auch vertraglich festzulegen, wer mit der Ladungssicherung betraut ist. Darüber hinaus müssen die Verantwortlichen, die nicht selbst mit der Verladung betraut sind, die erforderlichen Maßnahmen zur sorgsamen Auswahl und Aufsicht der beladenen Firmen beziehungsweise Personen ergreifen. Adressaten der LadungssicherungspflichtMögliche Adressaten der Ladungssicherungspflicht sind sowohl Versender, Frachtführer, Spediteure, Subunternehmer, Fahrzeugführer, Halter und Geschäftsführer. Bei der Feststellung der Verantwortlichkeit für die Ladungssicherung ist zum einen innerhalb des einzelnen Unternehmens zu untersuchen, wer nach der Geschäfts- oder Betriebsordnung eines Unternehmens für die Ladungssicherung zuständig ist. Werden Transporte in Auftrag gegeben, ist zudem anhand der Regelungen des Handels- und Zivilrechts zu prüfen, wem die Aufgabe der Ladungssicherung obliegt. Anknüpfungspunkte hierfür sind die Paragrafen 412 und 451 a Handelsgesetzbuch (HGB), welche die grundsätzliche Pflichtenverteilung zwischen Versender und Frachtführer hinsichtlich der Ladungssicherung regeln. Sonderregeln bestehen für das Seefrachtrecht (Paragrafen 512, 561 HGB) und für Gefahrguttransporte (Paragrafen 9, 10 Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn (GGVSE)).Pflichten nach HandelsgesetzbuchNach Paragraf 412 Abs. 1 S. 1 HGB hat der Versender das Gut „beförderungssicher“ zu laden, zu stauen und zu befestigen (verladen) sowie zu entladen. Dabei umfasst das Verladen nicht nur das Verbringen des Gutes auf das Transportfahrzeug, sondern auch dessen Befestigung und Sicherung auf dem Fahrzeug (BGH, Urteil vom 25.1.2007, Aktenzeichen: I ZR 43/04).Der Frachtführer ist hingegen nach Paragraf 412 Abs. 1 S. 2 HGB für die „betriebssichere“ Ladung zuständig. Dies gilt entsprechend im Verhältnis zum Spediteur, da das Speditionsrecht keine besonderen Regeln hierzu bereithält. Wählt der Spediteur den Selbsteintritt (Paragraf 458 HGB) oder liegt ein Fall der Fixkostenspedition (Paragraf 459 HGB) oder die Befugnis zur Sammelladung (Paragraf 460 HGB) vor, wird ohnehin das Frachtrecht entsprechend angewandt. Eine anderweitige Regelung gilt für Umzugstransporte. Nach Paragraf 451 a HGB trägt der Frachtführer die alleinige Verantwortung für die beförderungs- und betriebssichere Ladung von Umzugsgut.Beförderungs- und BetriebssicherheitDie Grenzen zwischen beförderungssicherer und betriebssicherer Ladung verschwimmen. Beförderungssichere Verladung bedeutet das Laden und Stauen, also das Verbringen des Gutes zum Fahrzeug, und die daran anschließende Bewegung des Gutes auf dem Fahrzeugboden sowie die Befestigung des Gutes durch Verzurren, Verkeilen, Verspannen oder sonstige Sicherung. Beförderungssicher ist die Verladung, wenn das Gut so verladen wurde, dass es durch normale beförderungsbedingte Einflüsse keinen Schaden nimmt und gegen Erschütterung, Schwankung, Umfallen oder Herabfallen gesichert ist. Dies beinhaltet auch die ausreichende Sicherung gegen Notbremsungen, plötzliche Ausweichmanöver, schlechte Straßenverhältnisse, Fliehkraft in Kurven und übliche Rangierverstöße. Auch wenn der Absender zur beförderungssicheren Verladung verpflichtet ist, hat der Frachtführer den Versender auf etwaige Mängel der beförderungssicheren Verladung hinzuweisen, wenn ihm diese anlässlich der Kontrolle der Betriebssicherheit der Ladung auffallen. Ist für den Frachtführer ein Ladungsmangel seitens des Versenders erkennbar, darf er zudem den Transport verweigern, sofern ein ernsthafter Schaden infolge der Ladungssicherung droht. Werden unterwegs Ladungsmängel erkennbar, muss er den Versender über den Lademangel informieren und gegebenenfalls Weisungen einholen. Der Absender schuldet wiederum dem Frachtführer diejenigen Informationen, die für die betriebssichere Ladung erforderlich sind, wie etwa das Gewicht und die Maße der Ladung.Betriebssichere Beladung hingegen betrifft die Verkehrssicherheit des Transportmittels. Der Frachtführer hat nach der Verladung dafür Sorge zu tragen, dass das Beförderungsmittel während des Transports jeder Verkehrslage gewachsen ist (BGH , Urteil vom 20.3.1970, Aktenzeichen: I ZR 28/69). Abweichende Vereinbarungen möglichDie Pflicht des Versenders zur beförderungssicheren Verladung ist jedoch nur eine gesetzliche Grundregel. Aufgrund vertraglicher Vereinbarung (Individualvereinbarung oder Allgemeine Geschäftsbedingungen) oder aufgrund von Handelsbrauch oder sonstiger Umstände kann der Frachtführer beziehungsweise Spediteur sowohl zur beförderungssicheren als auch zur betriebssicheren Verladung verpflichtet sein. Ob eine Verkehrssitte oder ein Handelsbrauch bestehen, ist bei den Industrie- und Handelskammern zu ermitteln. Die Beweislast hierfür trägt der Versender. ❙❚■Mansur Pour Rafsendjani, ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz und seit mehr als 10 Jahren im Vertriebsrecht tätig. Seit Kurzem leitet er das Büro der Kanzlei in Kiew Leckere Ladung auf der Straße: Wer hier für die Ladungssicherung zuständig war, muss nun wohl in den sauren Apfel beißenLadungssicherungLadungssicherung

Ifo-Institut: Stimmung in der Autoindustrie erreicht neues Tief

Seifert Logistics Group: Solide Entwicklung im Geschäftsjahr 2024

EU: Schifffahrt hat bei Klimazielen noch Nachholbedarf

Verkehrseinschränkungen auf der A4

Deutsche Post: Verdi erhöht mit Warnstreiks den Druck

Alle Schlagzeilen

Sichere Zustände?

MEISTGELESEN

CargoBeamer nimmt neue Schienenverbindung für Sattelauflieger auf

20 Jahre Lkw-Maut: Finanzierung und Steuerung des Güterverkehrs

Cannabis, Tempolimit und Co: Der 63. Verkehrsgerichtstag in Goslar

WEITERLESEN

NEWSLETTER