Scheuers Pläne für den EU-Ratsvorsitz

Zum 1. Juli 2020 übernimmt Deutschland für sechs Monate die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union (EU). Die Bundesregierung hat dafür vergangene Woche ihre Schwerpunkte und Ziele skizziert. Die EU stehe aktuell der größten Herausforderung ihrer Geschichte gegenüber, erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag mit Blick auf die Corona-Krise und nationalistische Tendenzen vieler Mitgliedstaaten. Deutschland will im nächsten Halbjahr vor allem den Klimaschutz und die Digitalisierung der Wirtschaft in Europa voranbringen. Dies bestätigte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bei der Präsentation des Programms für seinen Verantwortungsbereich. Nicht Verbote, Einschränkungen und Verschärfungen, sondern Innovationen seien bei dieser Herausforderung Treiber für die nächste Dekade des Wohlstands in Europa, sagte der CSU-Politiker. Dabei gehe es etwa um eine Vernetzung von Verkehrsmitteln und -infrastruktur sowie alternative Antriebe und Kraftstoffe. "Wir müssen Klimafreundlichkeit als den Ausgangspunkt unserer Bestrebungen und als Ansporn für Innovationen in Europa nehmen", sagte er. Lkw-Maut nach CO2-Ausstoß ausrichten Scheuer kündigte auch an, die lange geplante Reform der EU-Richtlinie vorantreiben zu wollen, die den Rahmen für Lkw-Maut-Gebühren regelt. Ziel sei ein CO2-orientiertes Preissystem für die Straßennutzung in Europa, das Anreize zum Umstieg auf klimafreundlichere Fahrzeuge biete. Bezüglich des 2017 von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlags für eine Novelle der Eurovignetten- oder Wegekosten-Richtlinie, wonach die Umweltfaktoren stärker gewichtet werden sollten, konnten sich die Verkehrsminister im EU-Rat bisher nicht einigen. Deswegen möchte er "ein ehrliches Angebot" machen für eine Weiterentwicklung der Eurovignetten-Richtlinie, sagte Scheuer. Er betonte, die Nutzerfinanzierung sei moderner denn je. Die Bundesregierung hat bereits im Klimaschutzprogramm 2030 geplant, ab 2030 die Lkw-Maut maßgeblich am CO2-Ausstoß auszurichten. Die derzeit gültige Eurovignetten-Richtlinie der EU erlaubt es allerdings nicht, auch den CO2-Ausstoß bei der Gebührenerhebung zu berücksichtigen. Bisher fließen nur das maximal zulässige Fahrzeuggewicht und der Luftschadstoff-Ausstoß - insbesondere Ruß und Stickoxide - in die Berechnung der Mautsätze ein. Scheuer zeigte sich auch offen für Diskussionen über eine einheitliche Pkw-Maut auf EU-Ebene. Eine Pkw-Maut in Deutschland war vor einem Jahr vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gescheitert. Der deutsche Bundesverkehrsminister will während der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft auch Konsequenzen aus der Corona-Pandemie ziehen. Er will eine bessere europäische Abstimmung sowie einheitliche Standards und Verfahren, damit Logistikketten solche schwierigen Situationen besser aushalten können und Transporte nicht ausgebremst werden. "Wir müssen aus der Krise lernen und gemeinsam gestärkt herausgehen. Dazu wollen wir einen europäischen Notfall-Pandemieplan für den Güterverkehr erarbeiten", sagte er. Bei der Luftfahrt dürfe es überdies im weltweiten Wettbewerb zu keinem Ausverkauf kommen. Er hoffe, dass deren Strukturen in ganz Europa erhalten blieben. Als weitere Punkte auf seiner Arbeitsagenda nannte er die Stärkung des Schienenverkehrs, die Verbesserung der Tank- und Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe in Europa und den Ausbau des flächendeckenden 5G-Netzes. Opposition: Nur Verwalten reicht nicht Die Opposition im Bundestag forderte, dass Deutschland den EU-Ratsvorsitz nutzt, um Europa nach der Krise besser zu machen. Dafür müsse Scheuer den European Green Deal vorantreiben und eine europäische Verkehrswende einläuten, so die Grünen. Neben Investitionen in das grenzüberschreitende Schienennetz brauche es einen klaren Pfad für abgasfreie Antriebstechnologien und mehr Schwung bei der Enwicklung des automatisierten Fahrens und digitaler Mobilitätsplattformen. Die FDP-Fraktion verlangte von der Bundesregierung, den europäischen Emissionshandel auf den Verkehrssektor auszuweiten und Mobilitätsinnovationen technologieoffen zu ermöglichen. Sie sprach sich zudem für ein fünftes EU-Eisenbahnpaket aus, das eine echte Trennung von Netz und Betrieb beinhalte, um Qualität und Wettbewerb in dem Sektor zu erhöhen. Mehr zum Thema finden Sie unter #Verkehrspolitik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Von Juli bis Dezember 2020 übernimmt Deutschland den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Er dient dazu, Rechtsvorschriften zwischen den Ministern der EU-Länder zu diskutieren und zu verabschieden. Der verkehrspolitische Fokus liegt auf klimafreundlicher, innovativer Mobilität und einem Notfallplan für den Güterverkehr.

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