Hamburg. Die staatliche russische Eisenbahn hat Pläne, ihre Breitspurtrasse über die Slowakei bis nach Wien zu verlängern. Dies würde dem Containerverkehr auf der Landbrücke zwischen Ostasien und Europa einen erheblichen Auftrieb geben, heißt es in einer Mitteilung der Gesellschaft. Wien mit seinen diversen Eisenbahnanschlüssen, dem ausgebauten überregionalen Straßennetz und der Donau mit ihren Kanälen wäre ein strategisch bestens geeigneter Konsolidierungsknoten und Umschlagplatz für den Weitertransport der Einfuhrgüter zu den Endzielen in Süd- und Zentraleuropa. Gleiches gelte für Exporte via Wien mit west-östlicher Laufrichtung.
Durch das Projekt könnte ein Teil der heute noch per Schiff zwischen den Märkten in Fernost und Europa beförderten Waren auf die Schiene umgelenkt werden. Derzeit liegt der maritime Transportanteil bei über 95 Prozent. Die Laufzeit der per See beförderten Güter dauert im Vergleich zu den Bahnfahrzeiten aber mindestens doppelt so lange, etwa 40 Tage zwischen Shanghai und Hamburg oder Rotterdam.
Für klassische Luftfrachtsendungen stellen die interkontinentalen Güterzüge nach Aussage von Gerhard Blumensaat, dem für Zentralchina zuständigen Cargochef von DB Schenker, keine Konkurrenz dar.
Durch die jetzt von russischer Seite ins Spiel gebrachte Verlängerung der Breitspur bis Wien würden sich die Bahnlaufzeiten im Vergleich zu heutigen Verkehren deutlich verkürzen. Der Hauptgrund: Es entfiele eine zeitaufwendige Umspurstelle, weil die Züge nicht mehr von der europäischen Standardspur (1485 mm) auf die in Russland und den meisten GUS-Ländern übliche Breitspur (1520 mm) gesetzt werden müssten. Lediglich an der russisch-chinesischen oder – je nach Trassennutzung – kasachisch-chinesischen Grenze wäre dieser Vorgang weiterhin nötig, da die Eisenbahnspurweite in China auch der europäischen Standardnorm entspricht.
Über die Kosten des Wien-Anschlusses liegen bislang keine genauen Zahlen vor. Sie dürften aber eine Milliarde Euro deutlich übersteigen. Für Projektierung, politische Zustimmung und Einholung der erforderlichen Genehmigungsverfahren sowie den sich daran anschließende Bauprozess rechnet die russische Staatsbahn mit einem Zeitrahmen von rund einer Dekade.
Eine Stellungnahme österreichischer Stellen zu den Plänen liegt bislang nicht vor.
Derzeit laufen bereits regelmäßige Güterzüge auf der transkontinentalen Landmagistrale. Es handelt sich um Verkehre von Leipzig nach Shenyang in Nordchina, die vorwiegend Container mit PKW-Komponenten für das dortige Montagewerk von BMW befördern. Zudem gibt es seit April eine Linienverbindung zwischen Chongqing in Zentralchina und Duisburg, um dort produzierte Drucker und andere elektronische Güter nach Westeuropa zu bringen. Die Fahrzeit dieser Züge schwankt zwischen 18 und 19 Tagen, je nachdem, ob sie über die sibirische Nordtrasse geleitet werden oder via Kasachstan im Süden. Die genannten interkontinentalen Zugverbindungen laufen alle unter der Regie von DB Schenker mit Unterstützung der jeweiligen nationalen Eisenbahngesellschaften. (hs)